Warum werden es immer weniger Refa

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paralegal6
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#81

20.08.2017, 09:07

Ich habe aber auch das Gegenteil gesehen, Azubis die glückseelig den ganzen Tag Diktate schreiben und einen riesen Bogen um bspw. Mahnbescheide und ZV machen weils kompliziert ist, gibt es auch so rum (was jetzt natürlich nicht heissen soll dass es ok ist wenn Betriebe nicht / grottenschlecht ausbilden!) Ändern werden wir beide Seiten nicht, leider. Wobei ich mir immer gar nicht vorstellen kann, dass wenn man etwas lernen will und fragt keine Erklärung bekommt, aber vielleicht bin ich da etwas blauäugig
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Lämmchen
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#82

21.08.2017, 08:19

paralegal6 hat geschrieben:Ich habe aber auch das Gegenteil gesehen, Azubis die glückseelig den ganzen Tag Diktate schreiben und einen riesen Bogen um bspw. Mahnbescheide und ZV machen weils kompliziert ist, gibt es auch so rum (was jetzt natürlich nicht heissen soll dass es ok ist wenn Betriebe nicht / grottenschlecht ausbilden!) Ändern werden wir beide Seiten nicht, leider. Wobei ich mir immer gar nicht vorstellen kann, dass wenn man etwas lernen will und fragt keine Erklärung bekommt, aber vielleicht bin ich da etwas blauäugig
Mir geht es genauso. Wenn eine halbe Berufsschulklasse aufgibt, weil der Ausbildungsbetrieb nicht gut ist, kommen bei mir arge Zweifel hervor. Dass es schwarze Schafe gibt - und manchmal eine ganze Menge - sehe ich ein. Ich glaube aber eher, dass viele den Wunsch haben, für wenig Arbeit ganz schnell viel Geld verdienen zu wollen. Das geht weder in unserem Beruf noch in vielen anderen. Aber verhätschelte junge Leute gibt es leider mehr als genug und wenn sich dann eine halbe Klasse hochschaukelt, kommt eben sowas bei raus. Wenn dann noch dazu der Kommentar kommt: Kaffee kaufen steht nicht im Ausbildungsvertrag - ich muss das nicht tun, dann ist derjenige für mich schlichtweg kaum lebensfähig. Das gilt natürlich immer nur, wenn es sich in Maßen hält und der Azubi nicht ausschließlich einkauft.
Liebe Grüße

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BlackWoman

#83

21.08.2017, 10:18

Naja aber ich finde auch, dass die Azubis eine völlig falsche Vorstellung vom Arbeitsalltag haben. Die meinen doch, dass es beim Anwalt nur interessante Fälle zu bearbeiten gibt usw. Aber dass auch solche Aufgaben, wie Ablage, Aktensuche usw. dabei sind, daran denken die nicht. Und dann sind die völlig enttäuscht, wenn es doch nicht so spannend zugeht, wie erwartet. Ich meine, wenn ich mal an meine Ausbildung denke - da waren auch Sachen dabei, die eigentlich nichts mit dem Beruf zu tun hatten, aber man hat es trotzdem gemacht. Und es heißt ja auch so schön: "Lehrjahre sind keine Herrenjahre." Aber das scheint heutzutage wohl nicht mehr so zu sein.
mrsgoalkeeper
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#84

21.08.2017, 10:36

Naja, bloß weil es nicht im Ausbildungsrahmenplan steht heißt es ja nicht, dass es nichts mit der Arbeit an sich zu tun hat. Selbstverständlich muss ich auch als Angestellte - gerade wenn ich in einem kleinen Büro arbeite - spülen, Geschirr wegräumen, einkaufen. Das gehört halt dazu.


Richtig ist, dass viele Bewerber ein verklärtes Berufsbild haben. Da liegt es aber an uns, das gleich aufzuklären. Wir sagen den Azubis bereits im Vorstellungsgespräch klar, was sie erwartet. Daher ist von "meinen" Azubis auch keiner völlig überrascht davon, dass er viele Akten bewegen muss. Die Azubis wissen, dass das dazugehört, damit alle arbeiten können. Die Entscheidung, ob man die Arbeit zügig erledigt und dann Zeit für andere Sachen (Bänder schreiben, Verfügungen erledigen) hat oder ob man sich den ganzen Tag an Arbeit von max. 3-4 Stunden hochzieht, überlasse ich dann den jungen Erwachsenen.
Für die einen ist es die US-Wahl, für den Rest der Welt ist es 9/11
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Andy66
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#85

21.08.2017, 10:46

Diese Vorstellung ist mir früher auch schon bei Azubis begegnet (vor mehr als 20 Jahren), jedoch glaube ich, es wird mehr. Alles muss immer Spaß machen (Erlebnis-dies und Erlebnis-das), leider werden unangenehme Arbeiten dann von den Eltern abgenommen (Waschen, Putzen, Brotzeit vorbereiten - manch 20jährigen wird sowohl das Zimmer geputzt als auch das Lunchpaket vorbereitet). Frustrationstoleranz nimmt auch ab, Langeweile wird nicht mehr ausgehalten. Ausdrücklich meine ich damit natürlich nicht alle, aber es nimmt nach meiner Beobachtung zu.

Allerdings muss man sich im Studium auch mit langweiligen Inhalten befassen und über längere Zeit an Sachen arbeiten, die einen momentan nicht wirklich interessieren.
Erfahrung ist das, was man bekommt, wenn man das was man will nicht kriegt
BlackWoman

#86

21.08.2017, 10:52

Naja bei unserer Azubine, die am 01.08. angefangen hat, hat man schon irgendwie den Eindruck, dass sie sich das alles ganz anders vorgestellt hat. Und meine Aufgabe ist es jetzt, ihre falschen Vorstellungen des Berufsbildes wieder "gerade zu rücken". Das ist manchmal gar nicht so einfach...
Pitt
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#87

21.08.2017, 13:31

@BlackWoman: Das erinnert mich gerade an meinen ersten Azubi, der mich am ersten Tag fragte, wie oft man denn an einer Gerichtsverhandlung teilnimmt. :shock:
Da musste ich der Armen schonend beibringen, dass es nicht zum Job gehört, dem Anwalt im Termin in die Robe zu helfen und mit dem Köfferchen auf dem Schoß das Ende der Verhandlung abzuwarten.
BlackWoman

#88

21.08.2017, 13:55

Da es ja mein erster Azubi ist, bin ich manchmal unsicher, was ich ihr alles geben kann oder was besser noch nicht. Ich habe das Gefühl, dass sie bei so einfachen Aufgaben, wie Aktenablage einfach total gelangweilt ist. Und auch wenn sie bei mir sitzt, um mir über die Schulter zu sehen, fragt sie dann gleich, ob sie denn nichts alleine machen dürfe. Aber was soll man ihr denn sonst im 1. Lehrjahr geben? Und dass ich hier auch noch alleine für sie zuständig bin, macht die Sache natürlich auch nicht einfacher... Momentan komme ich überhaupt nicht zu meiner eigenen Arbeit, weil ich ständig kontrolliere, erkläre usw. Natürlich ist das selbstverständlich, denn woher soll sie es denn auch wissen, aber es ist furchtbar zeitraubend... Ich verfalle dann regelrecht in die totale Hektik, wenn ich sehe, was alles noch nicht gemacht wurde. Und das Problem ist, dass hier die meisten Sachen eben ZV usw sind, die sie doch jetzt noch gar nicht versteht. Da macht es dann doch auch keinen Sinn, wenn sie nur zusieht.
AliceAzubiReFa
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#89

22.08.2017, 10:14

Chayenné hat geschrieben:Also wenn ich mal meinen Senf, sprich Erfahrung, als Azubi zur ReFa dazu geben darf würde ich sagen, dass es viele Gründe gibt, wieso es immer weniger Menschen in diese Ausbildung treibt und spontan kommt mir da als Überbegriff "Menschen!" in den Kopf. Es liegt an den Menschen. Und an unzureichender Aufklärung über den Beruf.

Alleine in meiner Berufsschulklasse, die letztes Jahr gestartet hat, also 1. Lehrjahr, haben schon circa 10 Menschen "hingeschmissen". Gründe waren u.A. unfreundliche Kollegen und/oder Vorgesetzte (die sich auch nicht genug scheren), zu geringes Gehalt und zu weite Anreise zur Arbeitsstelle.

Ich bin relativ schockiert über die Erzählungen meiner Mitschüler/innen darüber, wie schlecht an der Ausbildungsstätte mit ihnen umgegangen wird. Gilt - klar, wie immer - natürlich nicht für alle, aber wenn ich mir vorstelle dass bei 3 ReFa Klassen zu Beginn der Ausbildung jeweils 10 Schüler sich vor Beginn des 2. Lehrjahres schon wieder verabschieden, dann empfinde ich das als genauso schockierend. Wie das bei anderen Berufen ist kann ich natürlich nicht sagen.

Aber überrascht über den Grund "Mensch vs Mensch" bin ich keinesfalls, muss dazu zugeben, dass ich noch nie so der super Menschenfreund war (und daher auch gerne im Büro bin ;)), aber ich zitiere da gerne die Band Slipknot und sage "people=shit". Mein zweiter Gedanke dazu ist aber auch, dass die jungen Erwachsenen & Jugendlichen immer mehr verweichlichen im Sinne von "Mimimimi". Da müsste also auf beiden Seiten mal gearbeitet werden.
Da stimme ich dir voll und ganz zu! :dafuer

In meiner Klasse gab es auch schon die ersten Abbrecher, sodass wir zu Beginn des 2. Lehrjahres nur noch 10 sind.

Die Geschichten meiner Klassenkameradinnen sind teilweise echt schaurig und es scheint wohl doch sehr viele Anwälte zu geben, die mit Akten um sich schmeißen, nur rumbrüllen und teilweise 10 oder mehr statt 8 Stunden täglich (nicht nur ein paar Tage, sondern das gesamte 1. LJ über) arbeiten lassen, ohne dass die Überstunden in irgendeiner Form gewertet werden.

Das kann schon abschreckend sein und ist der Grund warum viele die Kanzlei wechseln wollen oder gar ganz aufhören.
Vielen Lieben Dank im vorraus :thx <3
BlackWoman

#90

22.08.2017, 11:41

BlackWoman hat geschrieben:Da es ja mein erster Azubi ist, bin ich manchmal unsicher, was ich ihr alles geben kann oder was besser noch nicht. Ich habe das Gefühl, dass sie bei so einfachen Aufgaben, wie Aktenablage einfach total gelangweilt ist. Und auch wenn sie bei mir sitzt, um mir über die Schulter zu sehen, fragt sie dann gleich, ob sie denn nichts alleine machen dürfe. Aber was soll man ihr denn sonst im 1. Lehrjahr geben? Und dass ich hier auch noch alleine für sie zuständig bin, macht die Sache natürlich auch nicht einfacher... Momentan komme ich überhaupt nicht zu meiner eigenen Arbeit, weil ich ständig kontrolliere, erkläre usw. Natürlich ist das selbstverständlich, denn woher soll sie es denn auch wissen, aber es ist furchtbar zeitraubend... Ich verfalle dann regelrecht in die totale Hektik, wenn ich sehe, was alles noch nicht gemacht wurde. Und das Problem ist, dass hier die meisten Sachen eben ZV usw sind, die sie doch jetzt noch gar nicht versteht. Da macht es dann doch auch keinen Sinn, wenn sie nur zusieht.
Tut mir leid, wenn ich das jetzt nochmal aufgreife, aber was würdet ihr in dieser Situation machen? :kopfkratz
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