Pfändung und Gemeinschaftskonto

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
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CeNedra
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#1

24.05.2017, 16:40

Hallo :)

Ausnahmsweise stehe ich mit einem Mandanten mal auf der Schuldnerseite, weil ehemaliger Mandant und so...

Pfändung/vorläufiges Zahlungsverbot ist eingegangen. Dummerweise ist das Konto ein Gemeinschaftskonto, also ein P-Konto nicht möglich. Die Besonderheit hier: Die Pfändung läuft gegen beide Kontoinhaber.

Jetzt kommt der Mandant natürlich kurz vor Feiertag, Inkasso lässt sich Zeit, O-Ton "Kann sein, dass das heute noch unterschrieben wird, aber dann muss es noch in den Postausgang und dann ist ja jetzt auch erst mal Feiertag und Brückentag".

D.h. Aufhebung Pfändung durch Gläubiger nicht möglich, weil die keine Forderungsaufstellung/Zahlungsangebot schicken. P-Konto nicht möglich (und sämtliche Sachbearbeiter der Bank, bei der das Konto besteht, sind im Urlaub).

Hab MDT jetzt geraten, entweder das Gemeinschaftskonto in Einzelkonto umwandeln und dann P-Konto, neues P-Konto für Ehefrau und der Rentenversicherung sagen, dass auf neues Konto gezahlt wird. Wenn die Bank das nicht macht, zwei P-Konten, Rentenversicherung und Versorgungskammer anweisen.

Jetzt muss die Bank ja innerhalb von 4 Werktagen (also spätestens zum 31.05.) das P-Konto einrichten. Dann kriegen es DRV & Versorgungskammer nicht mehr hin, die Rente noch umzuüberweisen.

D.h. MDT hat zwei Monate lang keinerlei Geldeingänge, aber horrende Miete (ca. 1.200€ p.M.) und ehemaliger Beamter, der keine Krankenversicherung hat und nur 70% der Arzt- und Medikamentenkosten ersetzt bekommt.

Da muss man doch noch irgendwas dagegen tun können? Das einzige, was mir einfällt ist 765a ZPO, aber ist das überhaupt ein Härtefall, wenn nicht mal die drohende Obdachlosigkeit ein Härtefall ist?
Der MDT ist ja nur nicht geschützt, weil er dummerweise mal ein Gemeinschaftkonto eingerichtet hat.

Ich weiß, dass es in der Ausbildung immer hieß "seien Sie nie zu nett zu Schuldnern" und die MDTen haben da sicher auch einigen Mist gebaut, aber deswegen sich die Medikamente nicht mehr kaufen können ist doch dämlich.
Danke für eure Antworten.
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Anahid
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#2

24.05.2017, 17:46

Nur weil es jetzt Deinen Mandanten betrifft, finde ich das ehrlich gesagt immer noch nicht dämlich. Das P-Konto gibt es nicht erst seit gestern. Als das eingeführt wurde, wurden die Leute über ihre Banken informiert. Klar haben geschätzte 80 % nicht gelesen, was die Bank da schreibt. Aber Dein Mandant weiß auch nicht erst seit der Schließung des Kontos, dass es eine Forderung gegen ihn gibt, die gerichtlich geltend gemacht wird/wurde. Dass er mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu rechnen hat, war ihm also auch bekannt. Entsprechend hätte er sich bereits früher darum kümmern müssen, was passiert, wenn eine Pfändung seines Kontos erfolgt. Warum sich das Inkasso da jetzt stressen soll, wüsste ich auch nicht. Schließlich ist die Forderung ja wohl nicht bezahlt. Ansonsten müssten die, ob Feiertag oder nicht, sofort die Pfändung aufheben.

Übrigens: die nachträglich Umwandlung des gepfändeten Kontos in zwei Einzelkonten dürfte m.E. ebenfalls nicht möglich sein.

Alles in allem verstehe ich natürlich, dass die Situation für Deinen Mandanten mehr als schlecht ist, aber ich seh hier keine Möglichkeiten, eben weil genau deswegen, damit diese Vollstreckungsschutzanträge aufhören, damals das P-Konto eingerichtet wurde. Und mein Mitleid mit Schuldnern hält sich leider mehr als in Grenzen. Meiner Meinung nach haben die eh schon viel zu viele Rechte.
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#3

24.05.2017, 17:56

Danke für die Antwort,
sehe das grundsätzlich genauso, auch wenn ich das dem Mandanten natürlich etwas anders formuliert habe ;) Er sieht das ja grundsätzlich glaub ich auch ein, nur braucht er halt seine (Herz-) Medikamente und muss des vorschießen.

Wollte nur sicher gehen, dass ich da nichts übersehe. § 765a hat wahrscheinlich auch keine Chance, oder?
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Anahid
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#4

24.05.2017, 18:46

Ich hatte hier mal einen ähnlichen Fall. Und da hat mir das hiesige Gericht mitgeteilt, dass der Antrag eben wegen der Möglichkeit eines P-Kontos nicht durchgeht. Aber wie Dir bekannt ist.....2 Gerichte = 3 Meinungen. Frag im Zweifel mal einen Rechtspfleger bei dem zuständigen Gericht. Aber ich seh da echt schwarz.
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#5

24.05.2017, 22:22

Wenn der Schuldner auf Herzmedikamente angewiesen ist, könnte man einen 765a-Antrag versuchen, da nun mal eine akute Gefährdung der Gesundheit vorliegt, wenn er aufgrund der Pfändung die Medikamente nicht mehr bezahlen kann. Vielleicht vorab mit dem zuständigen Rechtspfleger besprechen oder den Antrag schnell stellen.
...das haben wir schon immer so gemacht. 8)

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