ab wann Verzug eingetreten?

Hier kannst du alle Fragen zu Inkassoangelegenheiten und gerichtlichen Mahnverfahren stellen.
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BlackWoman

#1

29.12.2016, 12:13

Hallo,
ich habe hier eine Rechnung vorliegen vom 22.06.16 - es wurde kein Zahlungsziel gesetzt.
1. Mahnung datiert vom 22.07. mit Frist bis 05.08.
Dann ist der Schuldner (Verbraucher) doch ab 06.08. in Verzug oder?

:thx
GVZ-Schickerin
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#2

29.12.2016, 12:33

Ab dem Zeitpunkt, zu dem der Schuldner eine Mahnung vom Gläubiger erhält, die ihn dazu auffordert die fällige Forderung zu begleichen, befindet sich der Schuldner mit seiner Zahlung im Verzug. Der Verzug beginnt in diesem Fall also mit der Zustellung der Mahnung an den Schuldner. Ein Problem besteht für den Gläubiger teilweise darin, zu beweisen, wann dem Schuldner die Mahnung zugestellt werden konnte. Dies könntest Du Mithilfe eines Einschreiben/Rückscheins später beweisen.
Liebe Grüße

Sylvia

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pitz
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#3

29.12.2016, 12:44

GVZ-Schickerin hat geschrieben:[...]Dies könntest Du Mithilfe eines Einschreiben/Rückscheins später beweisen.
Auch wenn der Rückschein ja nur Nachweis über die Zustellung eines Schreibens, nicht aber über dessen Inhalt, leistet.
BlackWoman

#4

29.12.2016, 13:02

Aber es gibt leider kein Einschreiben/Rückschein.
pitz
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#5

29.12.2016, 13:28

§ 286 BGB hat geschrieben: (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1. für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2. der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3. der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4. aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
Du schreibst, das kein Zahlungsziel gesetzt wurde - eine Mahnung nach Abs. 1 setzt ja aber die Fälligkeit voraus. Wann tritt denn die Fälligkeit in diesem Falle dann ein? :kopfkratz

Vielleicht ist ja aber auch Abs. 3 in deinem Falle einschlägig (aus Sachverhalt nicht ersichtlich)?
BlackWoman

#6

29.12.2016, 13:42

Der Schuldner (Verbraucher) wurde in der Rechnung nicht auf die Folgen des Verzuges (nach 30 Tagen) hingewiesen.
GVZ-Schickerin
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#7

29.12.2016, 14:25

pitz hat geschrieben:
GVZ-Schickerin hat geschrieben:[...]Dies könntest Du Mithilfe eines Einschreiben/Rückscheins später beweisen.
Auch wenn der Rückschein ja nur Nachweis über die Zustellung eines Schreibens, nicht aber über dessen Inhalt, leistet.

Es geht ja darum, wann die Mahnung zugestellt wurde und dies ist doch entscheidend für den Beginn des Verzuges, da hier kein Zahlungsziel in der Rechnung seinerzeit genannt wurde. Es geht ja auch gar nicht um den Inhalt. Der Schuldner könnte ja behaupten, dass ihm die Mahnung erst viel später zuging. Wie soll der Gläubiger ihm dann das Gegenteil beweisen, dafür ist der Rückschein gut geeignet, da dieser den Zustellungszeitpunkt ausweist.
Liebe Grüße

Sylvia

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#8

29.12.2016, 14:43

GVZ-Schickerin hat geschrieben:
pitz hat geschrieben:
GVZ-Schickerin hat geschrieben:[...]Dies könntest Du Mithilfe eines Einschreiben/Rückscheins später beweisen.
Auch wenn der Rückschein ja nur Nachweis über die Zustellung eines Schreibens, nicht aber über dessen Inhalt, leistet.

Es geht ja darum, wann die Mahnung zugestellt wurde und dies ist doch entscheidend für den Beginn des Verzuges, da hier kein Zahlungsziel in der Rechnung seinerzeit genannt wurde. Es geht ja auch gar nicht um den Inhalt. Der Schuldner könnte ja behaupten, dass ihm die Mahnung erst viel später zuging. Wie soll der Gläubiger ihm dann das Gegenteil beweisen, dafür ist der Rückschein gut geeignet, da dieser den Zustellungszeitpunkt ausweist.
Ja, aber genauso könnte der Schuldner ja behaupten, in dem Schreiben sei keine Mahnung enthalten gewesen. War insoweit eine Überlegung von mir, unbeachtlich der Tatsache, dass ich deinen Ausführungen oben durchaus zustimme.

Weitere Gedankenanstöße gibt möglicherweise auch http://www.rechthaber.com/einschreiben- ... h-wertlos/

[/offtopic]
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#9

29.12.2016, 15:35

pitz hat geschrieben:
GVZ-Schickerin hat geschrieben:
pitz hat geschrieben:
GVZ-Schickerin hat geschrieben:[...]Dies könntest Du Mithilfe eines Einschreiben/Rückscheins später beweisen.
Auch wenn der Rückschein ja nur Nachweis über die Zustellung eines Schreibens, nicht aber über dessen Inhalt, leistet.

Es geht ja darum, wann die Mahnung zugestellt wurde und dies ist doch entscheidend für den Beginn des Verzuges, da hier kein Zahlungsziel in der Rechnung seinerzeit genannt wurde. Es geht ja auch gar nicht um den Inhalt. Der Schuldner könnte ja behaupten, dass ihm die Mahnung erst viel später zuging. Wie soll der Gläubiger ihm dann das Gegenteil beweisen, dafür ist der Rückschein gut geeignet, da dieser den Zustellungszeitpunkt ausweist.
Ja, aber genauso könnte der Schuldner ja behaupten, in dem Schreiben sei keine Mahnung enthalten gewesen. War insoweit eine Überlegung von mir, unbeachtlich der Tatsache, dass ich deinen Ausführungen oben durchaus zustimme.

Weitere Gedankenanstöße gibt möglicherweise auch http://www.rechthaber.com/einschreiben- ... h-wertlos/

[/offtopic]
Ok. Das war mir ehrlich gesagt, bisher nicht bekannt. Allerdings ist hier immer noch der Gebrauch des Einschreiben/Rückschein, z.B. auch bei der fristlosen Kündigung, bei meinen Juristen nach wie vor gebräuchlich. Einen Boten gibt es ja nicht immer. Wir haben ein großes Modehaus, wo der Centermanager als Boten für die fristlose Kündigung fungiert, zusätzlich zum Einschreiben/Rückschein. Dies macht aber auch nur einer der Juristen. Die anderen hier machen das nicht, vielleicht weil auch kein Bote da ist. Was dann :kopfkratz. Bisher ist das aber wohl noch nicht vorgekommen, dass es jemand abgestritten hat.
Liebe Grüße

Sylvia

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Marmelawde
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#10

19.01.2017, 18:49

Eine beweissichere Zustellung ist nur über einen sorgfältigen Boten möglich, der Kenntnis vom Inhalt des Schreibens hat. Möglich ist auch, einen Gerichtsvollzieher mit der persönliches Zustellung zu beauftragen.

Die Praxis, noch immer Einschreiben/Rückschein-Sendungen zu verschicken, ist mir bekannt und rätselhaft, ist doch der Empfänger nicht verpflichtet, eine solche Sendung entgegen zu nehmen oder gar bei der Post abzuholen. Eine Zustellung erfolgt nicht bereits durch Lagerung bei der Postfiliale oder Anbieter der Sendung an der Haustür durch den Postzusteller.

Auch ein Einschreiben/Einwurf ist zweifelhafter beweisrechtlicher Art. Der Schuldner kann kühn behaupten, der Briefumschlag sei leer gewesen, oder im Prozessfall stellt sich der Postzusteller als untauglicher Zeuge der Zustellung heraus, weil er den Einwurf nicht sorgfältig genug dokumentiert hat.

Zur eigentlichen Frage des Verzugsbeginn: Der Schuldner kommt in Verzug durch die Mahnung, d.h. am Folgetag des Erhalts der Mahnung (vgl. § 187 I BGB). Die Deutsche Post gibt innerhalb Deutschlands eine Brieflaufzeit von einem Werktag bei 95 % alle Briefsendungen an. Es empfiehlt sich, auf eine richtige Adressierung der Briefe zu achten: https://www.deutschepost.de/de/b/briefzustellung.html. Bei einer Mahnung, die ich heute (Donnerstag, 19.01.2017) versende, gehe ich davon aus, dass der Brief am morgigen Freitag, den 20.01.2017 zugeht und der Verzug am 21.01.2017 eintritt. In deinem Fall trat der Verzug also am 24.07. ein, vorausgesetzt, der 23.07. war kein Sonntag an dem keine Briefe zugestellt werden.

Bei der Zustellung halte ich es für weitaus problematischer, den Zugang eines bestimmten Inhalts als das Datum des Zugangs zu beweisen. Bei ersterem steht die gesamte Forderung in Frage, bei letzterem geht es vielleicht um zwei, drei Tage an denen die 4,12 % Verzugszinsen nicht geltend gemacht werden können.
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