Offene Stellen aber keine Bewerber?

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Kanzleihund
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#141

21.01.2017, 11:23

Phuul hat geschrieben:Ich selbst empfände für unsere Verantwortung und die Leistung, die wir erbringen müssen, z. B. ein Gehalt von ca. 3.000 € (sehr teure Regionen wie beispielsweise München entsprechend etwas mehr) angemessen.
Jetzt lasst mal den Teppich auf dem Boden. Nach einer Statistik des Soldan-Institut beträgt das durchschnittliche Gehalt eines angestellten Anwalts! in meinem Kammerbezirk EUR 2.400,00 brutto. Traurig und eben auch nur ein Durchschnittswert. Aber klar - man hat vor ein paar Wochen auch festgestellt, dass in meinem Bundesland die Regionen mit den geringsten Durchschnittseinkommen in ganz Deutschland liegen. Dafür muss man auch sehen, dass es zwar keine halb so teuren Autos gibt, die Lebenshaltungskosten sind aber im Allgemeinen nicht sehr hoch. Zum Beispiel zahle ich für meine Traumwohnung EUR 370,00 warm (55 qm + die Schrägen, die mietrechtlich nicht gerechnet werden).

Und dann gibt es durchaus Kanzleien, bei denen ist die Weltreise auch noch für den angestellten Anwalt und das von Dir genannte Gehalt für alle Teilzeit-Refas drin. Was ich sagen will: Die Relationen müssen stimmen.

Und jetzt lasse ich mal meinen Frust ab. Bei unseren "Mädels" herrscht trotz überdurchschnittlichen Einkommens mal wieder schlechte Stimmung. Wir Anwälte fühlen uns langsam gemobbt. Da darf man sich dann von Teilzeitkräften anhören, dass wir Anwälte trotz Wochenarbeitszeiten von 50 h + x doch alle nur faul sind. Insbesondere meine Person :vogel . Anwalts-Bashing ist unter Rechtsanwaltsfachangestellten wohl weit verbreitet. Die Grundeinstellung ist wohl, dass alle Anwälte doof, faul, geizig, völlig lebensuntüchtig und ohne ihre Refas komplett aufgeschmissen sind. Nur die Refa ist die gottgleiche Kraft, die die alleinige Verantwortung trägt. Hackt's? Sorry, aber das musste jetzt mal raus.

Im Übrigen dürften die Probleme erstens daran liegen, dass Anwaltskanzleien meist keinen Betriebsrat und keine Tarifbindung haben. Zweitens wurden in den letzten Jahren zu wenig Azubis (kosten doch Zeit und Geld) ausgebildet. Jetzt fehlen genau diese Mitarbeiter und Azubis. Letztere sind in allen Branchen mittlerweile rarer als Goldstaub.
"Mein Leipzig lob ich mir, es ist ein klein Paris und bildet seine Leute" ("Faust, der Tragödie erster Teil")
Fräulein Fit

#142

21.01.2017, 17:30

Da muss ich Kanzleihund zustimmen. Man muss echt mal die Relation sehen.

Ich kenne jetzt beide Seiten, mein Mann ist Bauingenieur und auch in einer Führungsposition. Was der mir da von den 'Tanten' da erzählt, und wenn man bedenkt was die bekommen, ist das echt unnormal dreist.

Und ganz ehrlich, manche studierte Bauingenieure, die zB ein Gebäude bauen und dafür sorgen müssen, dass das Dach hält und nicht tausende Menschen begräbt, verdienen sogar manchmal nur 2.500 Euro. Das ist mal ein ne ganz andere Stufe von Verantwortungsbereich. Natürlich kann man sagen, muss man sich halt ne andere Stelle suchen, aber manchmal hat man keine Wahl und muss irgendwie anfangen.
Ich habe nach der Ausbildung 1.100 Euro brutto bekommen!!!! Es wollte niemand anders und arbeitslos wollte ich auch nicht sein. Manchmal muss man durch harte Zeiten um zu lernen (fürs Leben) und zu verstehen was man eigentlich wirklich wert ist.
Ich finde mit 2.500 Euro ist man sehr gut dabei in unserem Job.
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paralegal6
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#143

21.01.2017, 22:03

Wir sind professionelle Fachangestellte, die viel auf dem Kasten haben müssen und extreme Verantwortung haben. Dafür halte ich 1.500 € nun wirklich das Allerletzte. Was kriegt man damit raus? 1.090 €? :motz
MPF also nicht alle sind gut wie ich leider sagen muss, das liegt meist nicht an denen sondern an lausiger Ausbildung. In München kenne ich mich nicht aus aber von 3000€ habe ich noch nie was gehört bei uns in der Gegend.
@kanzleihund, kann ich so auch nicht unterschreiben, mein Chef ist super, der kann Fristen u. Mahnbescheid auch ohne mich und macht ziemlich geniale Schriftsätze :huepf
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Laska
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#144

22.01.2017, 10:07

@Kanzleihund,
Anwalts-Bashing ist unter Rechtsanwaltsfachangestellten wohl weit verbreitet. Die Grundeinstellung ist wohl, dass alle Anwälte doof, faul, geizig, völlig lebensuntüchtig und ohne ihre Refas komplett aufgeschmissen sind. Nur die Refa ist die gottgleiche Kraft, die die alleinige Verantwortung trägt.
Dem muss ich widersprechen...

Unsere Chefs sind das Gegenteil davon, was du da oben geschrieben hast. Sie unterstützen uns da wo sie können... sie machen ihre MB´s teils selbst, Schreiben ihre Schriftsätze und machen viele andere Dinge, die zu unseren Aufgaben gehören.

Es ist klar, dass man mit wenig Gehalt unzufrieden ist, insbesondere wenn man alleine lebt und alle monatlichen Ausgaben selbst tragen muss. Oft bleibt danach nicht mehr so viel übrig vom Geld. Man will schließlich nicht nur arbeiten, sondern auch leben... vielleicht möchte man im Sommer einen schönen Urlaub machen, vielleicht muss man die Wohnung neu einrichten, vielleicht ist das Auto kaputt gegangen und eine Reparatur ist sehr teuer... usw. usf. Soll man einen Kredit aufnehmen trotz Vollzeitstelle oder eine Nebenbeschäftigung suchen?

Es gab schon Zeiten, in denen ich jeden Cent 2x umdrehen musste, bevor ich ihn ausgegeben habe. ;)
Liebe Grüße

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Fräulein Fit

#145

22.01.2017, 17:39

Ich denke es ist auch alles Ansichtssache, unsere Anwälte sind auch sehr selbstständig. Allerdings gibt es immer Spezialisten die sagen 'Boah, der kommt erst so spät und ist nur am Kaffee trinken, und labern etc pp'. Aber das die da bis 20/21 uhr sitzen, sehen die nicht, da sie ja um 16 Uhr gehen. Man muss einfach 1. Nicht jedem glauben was gesagt wird und 2. Einen sch**ß drauf geben.

Solange man seine Arbeit macht ist doch alles super
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Lämmchen
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#146

23.01.2017, 08:20

Kanzleihund hat geschrieben: Und jetzt lasse ich mal meinen Frust ab. Bei unseren "Mädels" herrscht trotz überdurchschnittlichen Einkommens mal wieder schlechte Stimmung. Wir Anwälte fühlen uns langsam gemobbt. Da darf man sich dann von Teilzeitkräften anhören, dass wir Anwälte trotz Wochenarbeitszeiten von 50 h + x doch alle nur faul sind. Insbesondere meine Person :vogel . Anwalts-Bashing ist unter Rechtsanwaltsfachangestellten wohl weit verbreitet. Die Grundeinstellung ist wohl, dass alle Anwälte doof, faul, geizig, völlig lebensuntüchtig und ohne ihre Refas komplett aufgeschmissen sind. Nur die Refa ist die gottgleiche Kraft, die die alleinige Verantwortung trägt. Hackt's? Sorry, aber das musste jetzt mal raus.
Hier stimme ich Dir absolut zu. Teilweise wird tatsächlich vieles nicht gesehen, was Anwälte leisten, machen und tun. Auf der anderen Seite hält sich mein Verständnis immer ein klein wenig in Grenzen. Solche Mitarbeiter braucht eigentlich kein Anwalt und der Anwalt ist immer noch der Chef. Es sollte letztlich ein Geben und Nehmen sein.

Das gleiche Phänomen gibt es übrigens auch bei ReFas, die Teilzeit arbeiten: Die haben ja immer pünktlich Feierabend und gehen immer früher. Dass sie dafür aber auch im Verhältnis weniger Geld bekommen, wird gerne mal übersehen. ;)
Liebe Grüße

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Tigerle
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#147

23.01.2017, 08:59

Ich bin zwar keine Rechtsanwätlin, trotzdem kenne ich als Rechtsanwaltsfachangestellte beide Seiten, also die Seite der Angestellten und die des selbständigen.

Keiner sollte unter Wert bezahlt werden, das ist klar. Aber in meinen Augen meinen wirklich zu viele ReFa`s jeder der Rechtsanwalt ist, verdient sich eine goldene Nase. Das ist schlichtweg nicht so. Man sollte einfach auch bedenken - wie Kanzleihund ja auch ausgeführt hat - wieviel Stunden die Anwälte tatsächlich arbeiten. Dass viele auch kein Wochenende habe. Auch kann man davon ausgehen, dass Einzelanwälte/kleine Kanzleien nicht so einen riesen Umsatz haben wie Großkanzleien. Kleine Kanzleien haben auch seltenter große Firmen als Mandanten, was zur Folge hat, dass es eher viele kleine Fälle sind, die vom Aufwand groß, aber vom Einkommen gering sind. Zudem sollte sich auch jeder einmal nicht nur anschaun, was netto unten rauskommt, sondern auch sehen, was der Anwalt alles zusätzlich zahlen muss, dass am Ende tatsächlich das Netto-Gehalt rauskommt. Hinzu kommen die ganzen Fixkosten wie Miete, Software, Papier, Porto etc. auch die wollen bezahlt werden.

Überall wird immer alles angepasst, Mieten, der Lohn, die Pfändungsfreigrenzen der Hartz IV-Satz etc. Der Anwalt bekommt keine Gehaltserhöhung.

Ich weiß von Kunden, die können sich schlichtweg oft gar keine Angestellte leisten.

Ich finde es erschreckend, wie viel über die Rechtsanwälte geschimpft wird. Ja auch ich hatte schon einmal Pech, und war bei einem Anwalt, der ein Katastrophe war, aber dort war ich zwei Monate. Wenn die Arbeitsstelle so schlecht ist, dann muss man Konsequenzen ziehen und gehen. Ich jedenfalls kann mich nicht beschweren. Die Kanzlei in der ich neben meiner Selbständigkeit noch arbeite ist ein Traum. Und auch meine ganzen Kunden, die zu 99,9% Anwälte sind, kann ich mich über keinen Beschweren.

Manchmal muss man sich vielleicht auch an der eigenen Nase packen, wie man in den Wald schreit kommts zurück.

Mein Motto lautet, geht es meinem Chef/meinem Kunden gut, dann geht es auch mir gut.

Und wie auch Lämmchen sagte, es sollte ein Geben und ein Nehmen sein. Ohne die Anwälte hätten wir keine Jobs.

Also ich liebe meinen Beruf und bin mit meinem Gehalt etc. zufrieden.
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Dany1981
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#148

23.01.2017, 09:08

Tigerle, das hast du schön geschrieben und da stimme ich dir voll und ganz zu.
"Das Leben ist zerbrechlich. Binnen eines Lidschlags kann einem alles genommen werden. Es ist leicht, sich ein Gefühl falscher Sicherheit zuzulegen. Ich lasse mich lieber auf die Zerbrechlichkeit des Lebens ein und genieße es hier und jetzt in seiner ganzen majestätischen Schönheit."

Ich finde, Francis Ackerman jr. hat dies sehr schön zum Ausdruck gebracht. :mrgreen:
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#149

23.01.2017, 09:12

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade diejenigen, die eigentlich den wenigsten Anlass hätten, den Mund weit aufzumachen, sich am meisten beschweren. Mitarbeiter/innen mit geringer Qualifikation und wenig Einsatzfreude beschweren sich oft und halten sich für die Stütze des Unternehmens. Wenn dann die vertraglich vereinbarte Leistung abgerufen wird (und ich rede hier nicht von Überstunden und Selbstaufopferung), werden gleich die Stacheln aufgestellt. Da ist dann gleich alles zuviel und eine Zumutung. Sowas kann ich nicht haben.

In unserer Kanzlei macht jeder alles, incl. Blumen gießen und Küche aufräumen - auch der Chef. Wenn ich da jemanden hätte, der sich dafür zu gut ist, wäre das ein kurzes Vergnügen. "Wer zu groß für kleine Aufgaben ist, ist zu klein für große Aufgaben" - das hat wohl mal irgendein alter Chinese gesagt und da ist viel Wahres dran. Natürlich hat jeder seine Aufgaben und bei Vollbesetzung kümmert sich um den Kleinkram unsere Hilfskraft. Aber bei Unterbesetzung packt jeder mit an (und wenn man in der Küche steht und das Essen in der Mikrowelle wartet, räumt man die Spülmaschine aus - egal wer).

Ich weiß aber von Kolleginnen, dass das in deren Kanzleien ganz anders ist. Da würde der Chef eher neues Geschirr kaufen, als mal die Tasse selber in die Maschine zu stellen. Sowas kann schon mal den Eindruck erwecken, der Chef wäre lebensuntüchtig :roll: Eventuell ist den Mitarbeiterinnen auch nicht klar, dass sie dafür angestellt sind, dem Anwalt zuzuarbeiten. Manche haben da eine unklare Vorstellung von Befehlsketten und Hierarchien. Evtl. könnte da mal ein Organigramm helfen?
Erfahrung ist das, was man bekommt, wenn man das was man will nicht kriegt
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Riverside
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#150

23.01.2017, 09:47

Tatjana H. hat geschrieben:
mrsgoalkeeper hat geschrieben:Das Problem an der Stelle sind aber nicht nur die Anwälte, die meinen so wenig zahlen zu müssen sondern genauso die Leute, die für solche Gehälter eine Stelle antreten. 8)
Diesen Satz finde ich sehr grenzwertig.... Es gibt Leute die haben nicht die besten Noten und würden eigentlich arbeitslos rum sitzen aber wollen trotzdem arbeiten gehen und sind dann ja froh, wenn sie wenigstens ne Stelle bekommen wo sie NUR 1400,00 € brutto bekommen.....
Und einfach auf einen Job angewiesen sind so schnell wie möglich, da bleibt dann leider keine Zeit zum Feilschen ..
Dracarys!

Nenn mir eine Farbe zwischen 1 und 10. Aber nicht Februar! Das ist kein Land!
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