Gebühr RZV nach MB

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
BlackWoman

#1

06.12.2016, 12:33

Hallo, :wink2

wir haben in einer Sache das Mahnverfahren eingeleitet. Daraufhin wurde mit dem Schuldner eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen. Ich bin mir nun hinsichtlich der Einigungsgebühr grad total unsicher. :oops:
Meine Abrechnung sieht wie folgt aus:

Mahnverfahren: 1,0 VG Nr. 3305 + AP + GK Mahnbescheid

RZV: 1,5 Einigungsgebühr Nr. 1000 + AP

Was meint ihr?
LG
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Anahid
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#2

06.12.2016, 12:43

Ich meine: Leider nicht richtig.

Die EG kann nur in Höhe einer 1,0 entstehen, da der Vergleichsgegenstand gerichtlich anhängig ist. Weiter ist zu beachten, dass hierbei als Streitwert nur 20 % der Gesamtforderung anzusetzen sind, da die Einigung eine reine Ratenzahlungsvereinbarung ist.
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
Jeffersonfm
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#3

07.12.2016, 23:04

Hallo!

Also für reine Ratenzahlungsvereinbarungen, ohne dass irgend etwas anderes geregelt wird, entsteht eine Einigungsgebühr nur dann, wenn noch kein gerichtliches Verfahren eingeleitet war und vom Gläubiger auf dieses für den Fall der Ratenzahlungen verzichtet, oder wenn bereits ein Vollstreckungstitel vorliegt und zumindest vorläufig auf die Zwangsvollstreckung verzichtet wird Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 und 2 VV RVG). Demnach würde für reine Zahlungsvereinbarungen ohne irgendwelches weiteres Entgegenkommen des Gläubigers im laufenden Gerichtsverfahren keine Gebühr entstehen. Meistens vereinbart man ja aber doch noch etwas anderes mit, z. B. dass der Schuldner den VB gegen sich ergehen lässt etc. Dann wiederum fällt eine 1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG an und der Gegenstandswert ist dann nicht gem. § 31 b RVG zu reduzieren! ;)

Ansonsten muss natürlich aber auch vereinbart sein, dass der Schuldner die Gebühr übernimmt. Entstehung und Erstattungsfähigkeit sind ja bekanntlich zwei verschiedene paar Schuhe. 8)
BlackWoman

#4

08.12.2016, 16:36

Aber dann könnte ich ja gar keine Einigungsgebühr abrechnen? Weil über etwas anderes haben wir uns ja nicht geeinigt. Verstehe ich das richtig? Nicht mal die 1,0 EG?
Ich war mir eben nicht sicher, weil die RZV ja außergerichtlich mit dem Schuldner getroffen wurde, obwohl das Mahnverfahren schon eingeleitet wurde, drum meinte ich anfangs eine 1,5 EG.
Ich bin grade etwas verwirrt. :oops:
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Adora Belle
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#5

08.12.2016, 18:28

Wie ist denn das Mahnverfahren weitergegangen, hängt das jetzt in der Luft? Hat der Schuldner die Forderung anerkannt? Ich kann mir nicht vorstellen, wie eine RZV aussehen soll, in der sich nicht auch über das "Stillhalten" des Gläubigers irgendwie geeinigt wird. M.E. ist hier eine 1,0 EG entstanden. Aus 100% wenn die Forderung z.B. anerkannt wurde, aus 20% wenn ausschließlich die Zahlungsmodalität Ratenzahlung vereinbart wurde.
Jeffersonfm
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#6

08.12.2016, 23:10

Also man muss tatsächlich genau gucken, wie die Angelegenheit gelaufen ist und was der Gesetzgeber mit der Einigungsgebühr bezwecken wollte. Ursprünglich hieß sie ja "Vergleichsgebühr". Das heißt, es musste ein gegenseitiges Nacheben stattgefunden haben. Nun ist "nur noch" erforderlich, dass die Unsicherheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG. Das heißt: Diese Gebühr kann tatbestandlich nur entstehen, wenn die Forderung auch irgendwie unsicher oder streitig war. Das besondere im Mahnverfahren ist jedoch, dass man dort eigentlich nur unstreitige Forderungen geltend macht, da man ansonsten das Klageverfahren wählt.
Im Jahr 2013 hat der Gesetzgeber Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG hinzugefügt, da er wollte, dass der Rechtsanwalt dafür belohnt wird, wenn durch eine schlichte Ratenzahlung, ohne dass Nr. 1 erfüllt ist, die Gerichte entlastet werden. Denn bei einer normalen Ratenzahlung ist Nr. 1 nicht erfüllt. Deshalb ist in Nr. 2 Alt. 1 die Voraussetzung, dass die Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen wird, BEVOR ein Gerichtsverfahren eingeleitet wird und der Gläubiger auf dieses verzichtet. Bei Nr. 2 Alt. 2 muss ein Titel bereits vorliegen und der Gläubiger muss für den Fall der Ratenzahlung auf die Zwangsvollstreckung verzichten.
Auch hier sieht man wieder: im Mahnverfahren ist man bereits vor Gericht, da fällt für eine reine Ratenzahlungsvereinbarung schon mal keine Gebühr nach Nr. 2 an. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
An Nr. 1 fehlt es, wenn tatsächlich nur eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen wurde. Das Mahnverfahren ist anders gestaltet als ein Klageverfahren. In einem Klageverfahren ist der Anspruch meist streitig. Dies zeigt sich auch, wenn der Beklagte die Verteidigung anzeigt. Sollte danach allerdings eine Einigung dahingehend getroffen werden, dass der Beklagte ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen lässt gegen Ratenzahlung, liegt ein Vergleich nach Nr. 1 vor, und zwar über den vollen Wert, da ja die Unsicherheit über den gesamten Anspruch geklärt wurde. So etwas ist im Mahnverfahren nur dann vorstellbar, wenn der Schuldner Widerspruch gegen den Mahnbescheid einlegt, man sich dann aber einigt.

Wie ist denn das Mahnverfahren gelaufen? Hat der Schuldner nach Erhalt des MB um Ratenzahlung gebeten und ihr habt trotzdem den VB beantragt? So ist es ja meistens. Rein theoretisch muss der Schuldner den Gläubiger ja nicht fragen, ob er Raten zahlen kann. Er muss es einfach nur tun. Das mag vielleicht aus der Position des Rechtsanwalts bitter sein, hat aber seinen Sinn. Dem Schuldner, der den Gläubiger nicht fragt und im laufenden Verfahren schlicht anfängt, Raten zu zahlen, kann keine Einigungsgebühr "aufgedrückt" werden. In einigen Großkanzleien, deren Namen nicht genannt werden darf :mrgreen:, wird so reagiert, dass nach Eingang einer Rate der Schuldner angeschrieben und ihm mitgeteilt wird, dass er weiter Raten zahlen darf, der VB aber trotzdem beantragt wird und hierfür eine Einigungsgebühr entsteht, die er zahlen muss, sofern er weitere Raten zahlt. :motz
Was soll der Schuldner denn anderes tun, wenn er die Einigungsgebühr (die ja nicht mal entstanden ist) nicht zahlen will? Die Ratenzahlung einstellen und die Schulden anwachsen lassen? Es wäre doch nicht in Ordnung, wenn der Rechtsanwalt in jeder Situation, in der der Schuldner mit der Ratenzahlung beginnt, eine Einigungebühr bekommt. Deshalb gibt es eine Einigungsgebühr für den Sonderfall "Ratenzahlungsvereinbarung" nur unter bestimmten Voraussetzungen. Was soll der Rechtsanwalt auch anderes sagen, wenn der Schuldner nach Raten im Mahnverfahren fragt? Ablehnen? Kann er zwar machen, aber es ändert NICHTS an der Situation, außer dass der Gläubiger kein Geld erhält.

Guck dir noch mal an, was da bei euch passiert ist, wie das Mahnverfahren gelaufen ist. Aber man muss wissen, dass nicht bei jeder Ratenzahlung eines Schuldners eine Gebühr verdient wird.

Zum Beitrag vorher: Die Einigungsgebühr entsteht nicht bei einem reinen Anerkenntnis. Das steht sogar in den Gesetzesmotiven. Und dass üblicherweise das Stillhalten des Gläubigers belohnt wird: das stimmt! Dann müsste der Gläubiger aber auch auf die Beantragung des Vollstreckungsbescheides verzichtet haben. Meistens wird das nicht gemacht, weil der Mahnbescheid 6 Monate nach Zustellung seine Wirkung verliert. Insofern sollte hier geprüft werden, ob der Gläubiger dem Schuldner tatsächlich in irgend einer Art und Weise entgegen gekommen ist.

Lliebe Grüße :wink2
BlackWoman

#7

09.12.2016, 09:45

Danke Jeffersonfm für deinen Beitrag. :)
Also bei uns war es so, dass am 20.10. der MB beantragt wurde. MB wurde zugestellt. Am 28.10. rief der Schuldner bei uns an und sagte, er wolle Raten zahlen. VB wurde noch nicht beantragt.
Daraufhin habe ich ihm eine RZV mit Zahlungsplan geschickt. Somit wäre dies ja die Einigung oder? Und damit eine 1,0 EG?
Jeffersonfm
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#8

09.12.2016, 20:27

Hallo BlackWoman,
ich habe noch mal genau nachgelesen. Laut Gesetzgeber ist es so, dass eine Einigungsgebühr für eine REINE Ratenzahlungsvereinbarung (Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG), ohne dass Sonstiges geregelt wird, nur ANSTELLE eines Gerichtsverfahrens oder einer Vollstreckung entsteht. Damit wäre für eine reine Ratenzahlungsvereinbarung im Mahnverfahren kein Raum. So sieht das auch Hansens, RVGreport 1/2014 (Seite habe ich vergessen).
Es bleibt also nur die Möglichkeit, dass eine 1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG entstanden ist. HIerfür ist aber zwingende Voraussetzung, dass ihr euch um mehr als eine Ratenzahlung geeinigt habt. Habt ihr denn mitgeteilt, dass ihr auf die Beantragung des VB im Gegenzug verzichtet? Wenn ihr dem Schuldner nicht entgegen kommt, also auch den VB beantragt (dies wäre z. B. erforderlich, um die Wirkung des Mahnbescheids 6 Monate nach Zustellung nicht entfallen zu lassen), dann liegt auch keine Einigung vor. Das schlichte Entgegennehmen von Raten ist nämlich tatsächlich nur Tilgung und keine Einigung, denn selbst wenn der Schuldner sich nicht daran hält, entstehen keine Konsequenzen für ihn, außer dass er die Forderung nicht tilgt. Auch für reine Tilgungen entsteht keine Einigungsgebühr. Das steht auch in einer BT-Drs., die ich jetzt nicht im Kopf habe. Müsste ich noch mal nachlesen.
Es ist also ganz entscheidend, wie ihr euch jetzt verhalten habt und was ihr außer den Raten ggf. noch geregelt habt.

Ich hoffe, ich konnte etwas Licht ins Dunkel bringen.
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#9

09.12.2016, 20:31

M.E. vergallopierst Du Dich hier an ein paar Stellen.
Jeffersonfm hat geschrieben:Was soll der Schuldner denn anderes tun, wenn er die Einigungsgebühr (die ja nicht mal entstanden ist) nicht zahlen will? Die Ratenzahlung einstellen und die Schulden anwachsen lassen?
Die Entstehung und die Erstattungsfähigkeit der EG sind zwei Paar Schuhe. Nach dem Gesetz ist die EG nie geschuldet, §98 ZPO. Der Schuldner muss sie nur zahlen, wenn er sie "freiwillig" übernimmt, regelmäßig also, wenn der Gläubiger den Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung davon abhängig macht. Der Schuldner, der die Gebühr nicht zahlen will, schließt halt die Vereinbarung nicht. Er kann trotzdem Raten zahlen, muss aber damit rechnen, dass der Gläubiger mit der Titulierung und/oder Vollstreckung fortfährt.
Zum Beitrag vorher: Die Einigungsgebühr entsteht nicht bei einem reinen Anerkenntnis. Das steht sogar in den Gesetzesmotiven.

Das steht auch im Gesetz selbst, dafür musst Du nicht in der Gesetzesbegründung graben. Es kann sich aber nie um ein reines Anerkenntnis handeln, wenn gleichzeitig eine Ratenzahlungsvereinbarung abgeschlossen wird. Und allein darum geht es hier.
Jeffersonfm
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#10

09.12.2016, 21:47

Es kann sich aber nie um ein reines Anerkenntnis handeln, wenn gleichzeitig eine Ratenzahlungsvereinbarung abgeschlossen wird. Und allein darum geht es hier.
Das stimmt so nicht. Dass die Einigungsgebühr bei einem reinen Anerkenntnis nicht entsteht, ist in Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG zu finden, also genau dort, wo es speziell um Ratenzahlungsvereinbarungen geht. Trifft also ein reines Anerkenntnis, ohne dass die Forderung streitig war (sonst ist es Nr. 1), mit einer Ratenzahlungsvereinbarung zusammen, in der der Gläubiger nicht auf gerichtliche Geltendmachung oder Vollstreckung verzichtet, entsteht die Gebühr nicht. Das Anerkenntnis bei unstreitigen Forderungen ist ja auch rein deklaratorisch.

Ansonsten: es kommt hier einzig und allein darauf an, wie der Gläubiger sich weiter verhalten hat. Dass Entstehen und Erstattungsfähigkeit zwei verschiedene paar Schuhe sind, ist mir bewusst. Auch ist völlig klar, dass der Schuldner, wenn er Raten ohne Vereinbarung zahlt, damit rechnen muss, dass der Gläubiger mit der Titulierung/Vollstreckung fortfährt. Wenn der Rechtsanwalt dies aber trotz Ratenzahlungsvereinbarung im Mahnverfahren tut, hat der Rechtsanwalt nicht im Geringsten an einer Streitbeendigung oder -beilegung mitgewirkt. Dies ist aber zwingende Voraussetzung für die Einigungsgebühr Nr. 1.
Also: erst mal klären, was hier nach der Meldung des Schuldners passiert ist bzw. was vereinbart wurde. Die meisten Gläubiger verzichten jedoch nicht auf die Beantragung des VB. Sollte dies aber so sein, liegt eine Einigung über das gesamte Verfahren vor.

Ob nun eine evtl. entstandene Gebühr auch zu erstatten ist, kommt ja auf die Vereinbarung an.

Noch mal an der Frage vorbei: weshalb ich mich darüber ärgerte, dass Schuldnern teilweise die Einigungsgebühr "aufgedrückt" wird, liegt daran, dass einige Schuldner nach Erhalt des MB ohne Absprache mit dem Gläubiger eine Rate zahlen, sie dann durch die Gläubigerseite angeschrieben werden und ihnen mitgeteilt wird, dass davon ausgegangen wird, dass eine Ratenzahlungsvereinbarung gewünscht wird. Dann wird dem Schuldner noch mitgeteilt, dass das aber nur gegen Übernahme der entstandenen Einigungsgebühr geht und das Mahnverfahren noch bis zum Ende fortgeführt wird. Bei einer solchen Konstellation soll dem Schuldner, der sich beim Gläubiger nicht gemeldet hat, eine Einigungsgebühr übergeholfen werden, ohne dass ein Kontakt stattfand. Nicht einmal ein Nachgeben des Gläubigers ist gegeben. Dennoch heißt es dann, der Schuldner hat sich mit der Übernahme der Einigungsgebühr einverstanden erklärt, da er ja Raten zahlen wollte. Und das regt mich einfach auf. Der Schuldner weiß nicht, dass die Gebühr nicht entstanden ist. Und um sie zu vermeiden, müsste er die Ratenzahlung stoppen. Das ist absurd.
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