Verweigerung Drittauskunft gemäß §802I Abs 1Nr. 2 ZPO

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#1

22.05.2015, 13:25

Nachdem wir eine Drittauskunft gem. § 802I Abs. 1 Nr. 2 ZPO (Ersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern) beim Gerichtsvollzieher beantragt haben, hat dieser diese verweigert, da der Schuldner bereits eine Vermögensauskunft abgegeben hat und somit eine Drittauskunft nach § 802I ZPO nicht mehr statthaft sei und dies mit der Entscheidung des LG Nürnberg - Fürth, Beschluss vom 29.08.2013, Az 19 T 6835/13) begründet.
Da unser Mandant und der Schuldner in Nürnberg sind, haben wir daraufhin eine Errinnerung an das Gericht geschickt (der Gerichtsvollzieher hat uns telefonisch mitgeteilt, er könne da leider nichts machen, aufgrund des Urteils gäbe es eine interne Anweisungen bei Vorliegen einer Vermögensauskunft automatisch die Einholung von Drittauskünften zu verweigern, wir sollen versuchen dies über eine Errinnerung bei Gericht zu errreichen).
Wir haben insoweit eine Errinnerung an das Amtsgericht in Nürnberg geschickt mit dem Inhalt, dass zum Einen die Vorschrift des § 802I ZPO nicht einschränkend auszulegen ist mit entsprechenden Nachweisen anderer Gerichte und zum Anderen haben wir ausgeführt, dass Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Vermögensauskunft bestehen, da der Schuldner im vorgeschalteten Insolvenzverfahren bei der Vermögensauskunft bereits ein Konto und eine Lebensversicherung verschwiegen hat, was herauskam und zur Restschuldbefreiungsversagung geführt hat, er wegen Betruges vorbestraft ist und unser Mandant einen Titel aufgrund eines Urteiles hat, worin in der Begründung explizit aufgeführt ist, dass die Aussagen des Schuldners unglaubwürdig sind.
Die Errinnerung hat das Gericht mit der Begründung zurückgewiesen, dass § 802I ZPO sehr wohl einschränkend auszulegen sei und auf das oben angeführte Urteil von 2013 verwiesen und weiter ausgeführt, eine allgemeine Unglaubwürdigkeit des Schuldners sei nicht ausreichend, man muss mit konkreten Anhaltspunkten nachweisen, dass die jetzigen Angaben des Schuldners falsch sind.
Hatte hier schon mal jemand so einen Fall?
Wenn die Vorschrift des § 802I ZPO so angewendet wird, ist sie in meinen Augen überflüssig, denn durch die Drittauskunkt beim Bundeszentralamt sollte ja genau überprüft werden, ob der Schuldner wieder falsche Angaben bei der Vermögensauskunft angegeben hat.
Man hat jetzt 2 Wochen Zeit Beschwerde einzulegen, hat hier jemand Tipps wie man diese begründen kann?
Gibt es schon eine Entscheidung des BGH zu dieser Problematik, gefunden habe ich diesbezüglich nichts?
silvester
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#2

22.05.2015, 14:12

Es gibt zu diesem Thema etliche Rechtsprechungen von Amtsgerichten und Landgerichten, aber noch nicht vom BGH.
Hier drei Beschlüsse, die deine Ansicht stützen könnten:
1. Die Einholung von Drittauskünften nach bereits vollständig abgegebener Vermögensauskunft kann vom Gerichtsvollzieher nicht mit dem Hinweis abgelehnt werden, es seien keine neuen Erkenntnisse durch die Drittauskünfte zu erwarten.
2. Die Möglichkeit zu Drittauskünften dient der Überprüfung der Richtigkeit der Selbstauskunft und kann deshalb nicht an Voraussetzungen geknüpft werden, die die Einholung zu einem kaum vorkommenden Ausnahmefall machen. Da der redliche Schuldner durch zutreffende Angaben im Vermögensverzeichnis alle vollstreckungsrelevanten Informationen offenbart hat, ist er im Hinblick auf sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht schutzwürdig.
AG Hamburg, Beschluss vom 12. August 2014 – 29a M 855/14 – DGVZ 2014, 267

Der Gerichtsvollzieher darf die Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO im Falle einer vom Schuldner abgegebenen Vermögensauskunft, deren Inhalt eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht erwarten lässt, nicht mit der Begründung verweigern, dass der Gläubiger keine Anhaltspunkte vorgetragen und glaubhaft gemacht hat, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Selbstauskunft des Schuldners aufkommen lassen.(Rn.7)
(LG Magdeburg, Beschluss vom 30. Juni 2014 – 3 T 360/14 – DGVZ 2014, 224-225

Die Einholung von Drittauskünften gem. § 802l ZPO nach vorangegangener Vermögensauskunft ist nur dann nicht erforderlich, wenn bereits sicher ist, dass die Drittauskünfte zu keinen neuen Informationen führen werden, nicht bereits beim Fehlen begründeter Hinweise für eine Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Vermögensauskunft (Anschluss AG Hagen (Westfalen), 18. Februar 2012, 49 M 91/14, DGVZ 2014, 103; entgegen LG Nürnberg, 29. August 2013, 19 T 6835/13, DGVZ 2013, 243 und AG Kenzingen, 12. März 2014, 3 M 36/14, DGVZ 2014, 133).(Rn.4)
AG Bremen, Beschluss vom 28. Juli 2014 – 244 M 440738/14 – Vollstreckung effektiv 2015, 20
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