VU Räumung abändern, da so nicht vollstreckbar

In dieses Forum gehören alle Themen, die keinem anderem Forum zugeordnet werden können.
Antworten
sternchen160983
Forenfachkraft
Beiträge: 202
Registriert: 17.08.2011, 11:41
Beruf: Rechtsfachwirtin/SB Vollstreckung in der Verwaltung
Software: Andere
Wohnort: Sohland

#1

16.01.2017, 10:03

Hallo liebe Kolleginnen,

ich hab gerade ein sehr kniffliges und sehr sehr ärgerliches Problem:

Mandantin vermietet privat Geschäftsräume. Der Mieter kam in Rückstand, es sollte geräumt werden.

Auf meine Nachfrage teilte sie mir mit, die Räume befänden sich im Erdgeschoss und bestünden aus einem Verkaufsraum und einem Lager. Ebenso habe ich den Antrag gestellt.

Es erging VU. Nach Rechtskraft wurde der GV mit der Räumung beauftragt und besichtigte Örtlichkeit, um die Ausmaße für den zu fordernden Vorschuss einschätzen zu können. Bei dieser Besichtigung stellte er nun fest, dass er so, wie der Titel ist, nicht räumen kann:

Es befindet sich nicht nur ein Haus auf dem Grundstück, sondern es handelt sich um einen Gebäudekomplex. Die Mandantin hat auch vergessen mir zu sagen, dass sich innerhalb der vermieteten Räume auch noch zwei Abstellkammern befinden, sind ja auch Räume, hätten also im Antrag mit benannt werden müssen... Schuld bin natürlich ich, ist ja klar... :motz

Ich recherchiere jetzt hin und her, wie ich den Tenor klargestellt kriege.

Mit der zuständigen Richterin haben wir auch schon gesprochen. Sie machte zunächst den Vorschlag die Klage zurück zu nehmen und neu zu klagen (das wollte sie aber nochmal prüfen). M. E. geht das doch aber nicht. Das VU ist ja rechtskräftig und vollstreckbar.


Ich habe also einen vollstreckbaren Titel, den ich nicht vollstrecken kann. Ich krieg den Mieter nicht raus, die Schulden werden mehr. Neue Mieter stünden bei der Mandantschaft wohl tatsächlich auch schon vor der Tür, so dass hier ein nicht unerheblicher Schaden entsteht....

Hat irgendjemand einen Tip für mich, wie ich das wieder gerade biegen kann?
Benutzeravatar
Anahid
Hexe vom Dienst
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 17555
Registriert: 22.02.2011, 10:41
Beruf: Rechtsfachwirtin
Software: RA-Micro

#2

16.01.2017, 10:09

Ohne ein weiteres Verfahren dürfte das wohl nicht gehen. Ich würde mal prüfen, ob hier nicht eine Abänderungsklage erhoben werden kann. Klar, wird sowas normalerweise nur in Unterhaltssachen gemacht. Aber wo steht denn, dass das nicht auch für andere Titel zulässig ist?
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
sternchen160983
Forenfachkraft
Beiträge: 202
Registriert: 17.08.2011, 11:41
Beruf: Rechtsfachwirtin/SB Vollstreckung in der Verwaltung
Software: Andere
Wohnort: Sohland

#3

16.01.2017, 10:17

Genau das hab ich mir auch überlegt, finde aber die Abänderungsklage eben immer nur im Zusammenhang mit der Unterhaltsabänderung... davon abgesehen gilt diese ja für wiederkehrende Leistungen, verurteilt wurde aber die Räumung.
Auch der Zöller führt da eben nicht weiter aus :kopfkratz (ich fürchte so geht's nicht)
sternchen160983
Forenfachkraft
Beiträge: 202
Registriert: 17.08.2011, 11:41
Beruf: Rechtsfachwirtin/SB Vollstreckung in der Verwaltung
Software: Andere
Wohnort: Sohland

#4

16.01.2017, 10:59

Ich überlege mal weiter...
Käme ich mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurück ins Verfahren? Ich hatte bereits einen Antrag auf Tatsachenberichtigung gestellt, die Frist dafür war aber natürlich schon abgelaufen, so dass die Richterin schon am Telefon gesagt hat, dass sie uns den Antrag abweisen muss.

Die Frage, die sich hier stellt. Ist es überhaupt ein Fall für eine Tatsachenberichtigung, wenn ich die Anträge ja an und für sich schon falsch gestellt habe und das Gericht diese so übernommen hat?

Der Tenor ist falsch aber wie kriege ich den berichtigt?

Sorry, dass ich hier so Laut vor mich hin überlege aber ich weiß nicht weiter...
Benutzeravatar
Adora Belle
Golembefreierin mit Herz
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 14391
Registriert: 14.03.2008, 14:17
Beruf: RAin

#5

16.01.2017, 11:24

Ohne neue Klage kommst Du hier nicht weiter, der Titel ist für die Tonne.

Es ist auch weder richtig noch sinnvoll, Abänderungsklage zu erheben. Warum soll der alte Titel geändert werden? An der Sachlage hat sich nichts geändert, es wurde schlicht das Falsche eingeklagt.
sternchen160983
Forenfachkraft
Beiträge: 202
Registriert: 17.08.2011, 11:41
Beruf: Rechtsfachwirtin/SB Vollstreckung in der Verwaltung
Software: Andere
Wohnort: Sohland

#6

16.01.2017, 11:29

Im wahrsten Sinne...

Ich habe das Problem, dass ich wegen genau dem gleichen Gegenstand den Schuldner nicht nochmal verklagen kann. Er wurde ja bereits verurteilt. Ich muss den alten Titel entweder loskriegen, weiß aber nicht wie oder aber ihn ändern.

Meine Chefin ist jetzt gerade auf ein BGH Urteil aus 1971 gestoßen, wonach ich mittels einer Feststellungsklage die offensichtliche Unrichtigkeit des Tenors, da so nicht vollstreckbar, evtl. korrigieren kann. Da bin ich jetzt grade dran...?
Benutzeravatar
Adora Belle
Golembefreierin mit Herz
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 14391
Registriert: 14.03.2008, 14:17
Beruf: RAin

#7

16.01.2017, 11:52

Ich halte das nicht für denselben Gegenstand. Ist das tatsächlich so? Dann muss man tatsächlich versuchen, den alten Titel abzuändern oder aus der Welt zu schaffen.
sternchen160983
Forenfachkraft
Beiträge: 202
Registriert: 17.08.2011, 11:41
Beruf: Rechtsfachwirtin/SB Vollstreckung in der Verwaltung
Software: Andere
Wohnort: Sohland

#8

16.01.2017, 12:08

Doch derselbe Gegenstand ist es schon, oder?
Ich habe ein Lager- und Geschäftshaus auf einem Gewerbegrundstück vermietet. Das fragliche Gebäude ist eines von mehreren unter dieser Anschrift.
Beantragt wurde die Räumung des sich im Erdgeschoss befindlichen Verkaufsraumes sowie des sich daran anschließenden Lagers. Entsprechend wurde der Mieter verurteilt.

- es gibt nur ein Geschoss in diesem Haus
- es fehlen die Abstellkammer (hierin befindet sich wohl ein Schreibtisch nebst Stuhl), die beim Blick durch die Fenster deutlich als gesonderter Raum erkennbar ist sowie ein Kämmerchen, in welchem sich der Stromzähler befindet.

Da aber die Räume nicht jetzt erst mehr geworden sind oder das Dachgeschoss weggekommen ist, ist der Streitgegenstand doch der Gleiche???

Meine Chefin meinte auch, nochmal den Versuch zu starten, den Gerichtsvollzieher zu überreden, die Vollstreckung trotzdem zu machen, nämlich dann, wenn die Mandantin an Eides statt versichert, dass es sich bei den Räumlichkeiten um ihr Eigentum handelt und Rechte Dritter (Abstellraum und Stromzählerkammer) nicht verletzt würden. Es ist ja offenkundig, welches Gebäude und welche Räume zu beräumen sind...
Benutzeravatar
Adora Belle
Golembefreierin mit Herz
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 14391
Registriert: 14.03.2008, 14:17
Beruf: RAin

#9

16.01.2017, 12:21

Also wenn der Gegenstand der Räumung abgrenzbar ist, dann ist der Titel doch vollstreckbar. Dann müsste die Räumung für die beiden Kammern noch zusätzlich eingeklagt werden, sofern der GV sich nicht erweichen lässt.
sternchen160983
Forenfachkraft
Beiträge: 202
Registriert: 17.08.2011, 11:41
Beruf: Rechtsfachwirtin/SB Vollstreckung in der Verwaltung
Software: Andere
Wohnort: Sohland

#10

16.01.2017, 14:29

Adora Belle, vielen Dank. Ich werde das mit der zweiten Klage jetzt versuchen.

Habe diesbezüglich auch gerade mal mit der Gerichtsvollzieherin unseres Vertrauens gesprochen. Sie hätte mir die Räumung so auch nicht gemacht. :-?

Ich nehme jetzt im neuen Antrag Bezug auf das erste Urteil und beantrage gleich mit, dass beide miteinander verbunden werden, wenn das zweite Verfahren durch ist. Bin gespannt, ob unsere Richterin das so durch winkt.

Die GVin würde es mir dann auch so vollstrecken, mals sehen, ob es auch der GV macht, der zuständig ist... :lol:
Antworten