Nach Rechtsfachwirt Studium - wer hat Erfahrungen?

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seven07
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#1

18.04.2017, 22:46

Guten Abend zusammen,

da es gerade beruflich nicht so läuft bei mir (Mobbing, cholerischer Chef usw.) habe ich jetzt die Schnaue voll und habe beschlossen, etwas an der unglücklichen Situation zu ändern. Ich würde sehr gerne studieren, ärgere mich sehr, damals nicht das Abitur gemacht zu haben. Jura würde mich sehr interessieren.

Mich würde interessieren, ob hier eine Refa auch nachträglich noch studiert hat (Jura)? Ist es empfehlenswerter nur das Abi nachzumachen oder erst den Rechtsfachwirt zu machen und dann zu studieren? Vielleicht hat jemand Tipps für mich? Bitte ehrliche antworten, auch wenn ihr davon abratet :-)
Inkasso-Tante
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#2

19.04.2017, 09:35

Ich habe vor der Ausbildung Jura studiert (und dann nach 11 Semestern abgebrochen). Genauer will ich darauf hier und jetzt gar nicht eingehen, aber der Unterschied zwischen der Ausbildung bzw. Arbeit als Rechtsanwaltsfachangestellte und dem Jura-Studium ist schon beträchtlich.

Klar ist es schön, dass man ein gewisses Grundwissen und -Verständnis mitbringt, aber das war es eigentlich auch schon. Das RVG beispielsweise, das in Ausbildung und Beruf der Rechtsanwaltsfachangestellten einen recht hohen Stellenwert einnimmt, kommt im Jura-Studium überhaupt nicht vor (jedenfalls damals nicht).

Wir hatten im Studium auch eine Rechtsanwaltsfachangestellte, die dann mit Unterstützung ihres Chefs das Studium durchziehen wollte, aber nach wenigen Wochen war sie plötzlich nicht mehr da.

Klar kann man das nicht pauschal beantworten, weil jeder Mensch anders ist. Vielleicht liegt dir das Jura-Studium total, aber die Arbeit mit den Gesetzen im Studium ist echt etwas ganz, ganz anderes, vor allem alles sehr theoretisch, wohingegen die Ausbildung immer auf die Praxis bezogen ist.

Im Studium kommt jedenfalls neben dem Zivilrecht mit den ganzen Teilbereichen und dem Strafrecht auch noch das Öffentliche Recht mit all seinen Facetten auf dich zu. Damit hatte ich persönlich immer am meisten Probleme.

Einen Vergleich mit dem Rechtsfachwirt kann ich leider nicht ziehen, weil ich den noch nicht gemacht habe.

Ob es sinnvoll ist, erst den Rechtsfachwirt zu machen und dann anschließend auch noch Jura zu studieren, kann ich daher auch nicht wirklich beantworten. Finanziell würde ich jedenfalls eher davon abraten. Immerhin kostet alleine der Rechtsfachwirt gute 3.500 Euro und das Studium schlägt -je nachdem wo du studierst- auch noch jedes Semester mit Gebühren, Literatur und so weiter zu Buche. Für das Studium selbst darfst du dann bis zum ersten Staatsexamen (wenn du es flott durchziehst) mit vier Jahren rechnen, dann folgen zwei Jahre Referendariat und dann anschließend noch das zweite Staatsexamen. Das ist alles kein Zuckerschlecken. Bei einem ernsthaften Präsenzstudiengang bleibt außerdem auch nicht mehr wirklich viel Zeit für einen Nebenjob, um damit deinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Wenn das Finanzielle abgesichert ist, kannst du es natürlich immer versuchen.

An deiner Stelle würde ich mich vorab sowohl eingehend über den Rechtsfachwirt als auch über das Jura-Studium informieren und dann schauen, was dir persönlich mehr "bringt". Das meine ich jetzt nicht unbedingt finanziell. Schau dir mal an, wie die Rechtsanwälte arbeiten und überlege dir, ob das auch etwas für dich wäre oder ob du dich im Büro vielleicht doch besser aufgehoben fühlst.

Ich hoffe, ich habe dich jetzt nicht schwindelig gequatscht. Für Fragen kannst du mich gerne anschreiben. Ich will allerdings nochmals erwähnen, dass meine Antwort sehr subjektiv geprägt ist und nicht unbedingt auf deine Situation passen muss. Ich will dich jedenfalls auf keinem Fall davon abhalten, dich weiterzubilden, da das immer eine gute Idee ist.

Wenn es allerdings "nur" an deinem Chef und dem Arbeitsumfeld liegt, könnte vielleicht auch schon ein Wechsel zu einer anderen Kanzlei etwas bringen.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass auch jede Kanzlei etwas anders arbeitet. In der einen bist du als Rechtsanwaltsfachangestellte nur die "Tippse", die vielleicht auch noch Kaffee kochen darf und in einer anderen darfst du selbständig Schriftsätze entwerfen und bekommst viel Vertrauen und auch Verantwortung von deinem Chef übertragen.
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Anahid
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#3

19.04.2017, 10:13

Auch wenn ich nicht vor habe, nachträglich zu studieren, bin ich der Auffassung, dass Dir das Abi am wenigsten bringt. Wenn Du die Qualifikation fürs Studium benötigst, dann wäre der Rechtsfachwirt m.E. der richtigere Weg, da Du da zum einen bereits jurabezogen was lernst und zum anderen schon vieles, was Du auch während eines Jurastudium lernst, wie z.B. das Erstellen von Rechtsgutachten, etc. Da Du bereits im Jurabereich tätig bist und somit der Rechtsfachwirt für Dich möglich ist, macht das Abi m.E. keinen Sinn.
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
Fräulein Fit

#4

19.04.2017, 10:25

Ich habe damals angefangen mein Abi nachzumachen. Es hat Spaß gemacht aber auch sehr viel Zeit gekostet neben dem Beruf. Abi würde in meinen Augen nur Sinn machen, wenn du dir auch andere Bereiche offen lassen willst, die du vllt mal studieren möchtest.
Ohne Abi und Rechtsfachwirt hast du aber noch die Möglichkeit mit genug Berufserfahrung den Bachelor of Law zu machen, falls es eine Option sein sollte.
Pitt
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#5

19.04.2017, 10:44

Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch in Bayern für ein Studium nicht zwingend das Abitur erforderlich.
http://www.fh-rosenheim.de/home/infos-f ... ne-abitur/
Man sollte zunächst die unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen, Ausbildungskosten, den Zeitaufwand und mögliche staatliche Beihilfen vergleichen und am Allerbesten mit einem Jurastudenten über seine Erfahrungen sprechen.
Wenn man bereits jetzt über die Zugangsvoraussetzungen für ein Studium ohne Abi verfügt, würde ich nicht den Umweg über den Rechtsfachwirt gehen, es sei denn, ich möchte mir zunächst noch etwas Zeit mit der Entscheidung lassen, ob ich meinen jetzigen Beruf weiterführe oder tatsächlich voll auf das Jurastudium setze. Die Frage ist, ob Du 100% zum Jurastudium stehst oder das allein aufgrund der abgeschlossenen Ausbildung das naheliegendste Studienfach für Dich ist. Was ich sagen will: Das Jurastudium ist sehr speziell (das fängt schon damit an, dass man sich an den Gutachtenstil gewöhnen muss) und um bis zum Zweiten Staatsexamen durchzuhalten, muss man viele Kröten schlucken. Als Berufsanfänger ist es oft ziemlich hart, weil der Konkurrenzkampf dank jährlich steigender Zulassungszahlungen größer wird. Man sollte daher nicht mit Restzweifeln, ob Jura das Richtige für mich ist, ins Studium starten.
Zuletzt geändert von Pitt am 19.04.2017, 11:16, insgesamt 1-mal geändert.
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Andy66
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#6

19.04.2017, 10:59

Meines Wissens braucht man für das Jurastudium die allgemeine Hochschulreife, also das "Voll-Abi" - zumindest hier in Bayern mit zweiter Fremdsprache und hier auch mit Zugangsbeschränkungen, je nach Uni. Nach Deiner Postleitzahl gehe ich davon aus, dass Du in Bayern wohnst.

Wenn Du bereits die zweite Fremdsprache in der Tasche hast und das angerechnet wird, könnte das Abi für Dich eine Möglichkeit sein. Eine zweite Fremdsprache jedoch ganz von Anfang an bis zur Abireife quasi nebenbei zu lernen, halte ich für sehr schwierig.

Ansonsten schließe ich mich den Kolleginnen an, dass es hier eventuell nicht am Beruf sondern am Arbeitsplatz liegt. Cholerische Chefs kannst Du übrigens auch als Anwalt erleiden, die machen auch nicht vor Kollegen Halt. Und sich als frischer Anwalt gleich selbständig machen ist doch recht riskant.
Erfahrung ist das, was man bekommt, wenn man das was man will nicht kriegt
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#7

19.04.2017, 13:20

Nach dem ich meine Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellte gemacht habe, habe ich erst den Rechtsfachwirt gemacht und anschließend noch Jura an der Uni Köln studiert. Bin letzten Monat fertig geworden, also alles noch ganz frisch. Ich hatte auch kein Abi und bin dann als beruflich Qualifizierte zugelassen worden.

Es ist echt hart und wirklich viel geholfen hat der Rechtsfachwirt auch nicht. Man hat dann zwar schonmal was von Gutachtenstil gehört, aber ich persönlich finde nicht, dass das einen wirklichen Vorteil gebracht hat. Allerdings glaube ich, dass du mit dem Rechtsfachwirt eine schnellere Chance hast, einen Studienplatz zu bekommen, es sei denn du hast einen guten 1,... Durchschnitt im Abi. Die beruflich Qualifizierten werden bei der Vergabe der Studienplätze nicht mit den Abiturienten in einen Topf geworfen, sondern es wird eine kleine Prozentzahl an Studienplätzen an beruflich Qualifizierte vergeben. Aber nach meinen Erfahrungen gibt es da nicht so viele ;)

Das Studium ist schon ziemlich schwer und die Abbrecher- bzw. Durchfallquote ist sehr hoch. Du solltest gerne Lernen, denn es ist wirklich verdammt viel.

Wenn du Fragen hast, nur her damit :wink2
Viele Grüße von Cahra
seven07
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#8

19.04.2017, 19:20

Vielen lieben Dank schonmal für die Antworten :)

Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Ich möchte einfach etwas anderes machen als Refa, aber ich will schon gerne bei der Berufsrichtung bleiben. Evtl. wäre wirklich für mich eine Alternative der Rechtsfachwirt. Es reizt mich, mich weiterzubilden und etwas zu tun, was mich weiterbringt.

Dein Beitrag @cahra ist sehr interessant. Wann hast du für dich entschieden, dass es Jura wird? Kam der Gedanke erst nach dem Rechtsfachwirt?

Einen entspannten Abend euch allen :thx
katinka0508
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#9

20.04.2017, 09:35

Ich habe den Rechtsfachwirt in Bayern gemacht und wir mussten keine Rechtsgutachten erstellen.
Es war eine vertiefte Form der Fachangestelltenausbildung.

Wenn ich mich aber recht erinnere, wurde mir nach der Fachangestelltenausbildung von den Lehrern erklärt, dass ich aufgrund meines guten Schnittes Jura studieren dürfte. Aber eben nur Jura, da ich kein Abi hatte.
seven07
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#10

20.04.2017, 21:08

katinka0508 hat geschrieben:Ich habe den Rechtsfachwirt in Bayern gemacht und wir mussten keine Rechtsgutachten erstellen.
Es war eine vertiefte Form der Fachangestelltenausbildung.

Wenn ich mich aber recht erinnere, wurde mir nach der Fachangestelltenausbildung von den Lehrern erklärt, dass ich aufgrund meines guten Schnittes Jura studieren dürfte. Aber eben nur Jura, da ich kein Abi hatte.

Wieso hast du dich gegen studieren entschieden?
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