Mandant zahlt nicht. Mandat niederlegen

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JungerAnwalt
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#1

06.03.2013, 11:00

Hallo,

ein Mandant hat Probleme mit Sky. Gegenstandswert ca. 800 Euro.
Nachdem ich tätig wurde, ist die Forderung auf 172 Euro zusammengeschmolzen.

Schon nach dem ersten Schreiben habe ich dem Mandanten die komplette Rechnung gestellt. Zwar ist er RSchutz versichert, aber mit einer Selbstbeteiligung i.H.v. 150 Euro. Meine Rechnung beträgt ja nur 120,66 Euro. Die Versicherung bezahlt ja nicht und holt es sich vom MAndanten wieder, oder?
Nach zigmaliger Vertröstung hatte er 60 Euro gezahlt, der Rest sollte bis gestern kommen. Ich möchte nun das Mandat niederlegen. Wie ich durch Zufall erfahren habe, zahlt der Mandant auch seit zwei Jahren nur sehr sporadisch seine Miete. (Ich musste das sich anbahnende Mandat der Fristlosen Kündigung ablehnen- Stichwort: Parteiverrats)

Hab ich dann noch Anspruch auf den Rest? Ist die Mandatsaufgabe so ohne weiteres möglich? Der Mandant maulte zu recht, dass ich Geld wolle, obwohl das Verfahren nicht abgeschlossen ist. Darauf hin erwiderte ich, dass er ja einverstanden war und um Stundung bat.

Danke!!!
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Kanzleihund
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#2

06.03.2013, 11:12

Die Vergütungsansprüche sind entstanden, auf den Abschluss des Mandats kommt es nicht an. Du kannst das Mandat kündigen und die restlichen Ansprüche weiter verfolgen. Die Frage ist nur, ob sich der Aufwand und der Ärger lohnt.

Sofern Du das Mandat nicht zur Unzeit niederlegst, sollte es keine Probleme geben.
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#3

06.03.2013, 11:26

JungerAnwalt hat geschrieben:Hab ich dann noch Anspruch auf den Rest?
Ja, denn der Gegenstandswert bleibt ja bei ca. 800,00 € und wird nicht weniger. Wenn du nach Streitwert abrechnest, hast du auch Anspruch auf die Geschäftsgebühr nach diesem Wert.

Du hast ja für das Geld auch gearbeitet und auch schon einiges erreicht. Deshalb wäre hier auch eine geringere Geschäftsgebühr meiner Meinung nach nicht angebracht. Wenn der Fall so wäre, dass du noch nicht viel gemacht hättest, dann könnte man sagen, dass die Gebühr etwas geringer angesetzt werden müsste. Denn du hast ja insgesamt die Bandbreite von 0,5 bis 2,5. Du hast hier nur eine 1,3 abgerechnet. Nach deinem Sachverhalt git es aber überhaupt gar keinen Grund, unter die 1,3 zu gehen!
JungerAnwalt hat geschrieben:Der Mandant maulte zu recht, dass ich Geld wolle, obwohl das Verfahren nicht abgeschlossen ist.
Das ein Mandant mault, haben wir auch manchmal. Aber das ist nicht zu recht, auch nicht, wenn die Sache noch nicht abgeschlossen sein sollte. Du hast Anspruch auf einen Vorschuss, der sich auf die voraussichtlichen Gebühren erstreckt (§ 9 RVG).

Wenn du jetzt das Mandat kündigst, ist die Sache für dich sowieso abgeschlossen und damit sind die Gebühren auf jeden Fall fällig.
Pitt
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#4

06.03.2013, 11:33

Ich versuche mich mal an einer Antwort:
Die Höhe des Vorschusses richtet sich nach den voraussichtlich entstehenden Gebühren, der RA darf also nach § 9 RVG sämtliche voraussichtlich entstehenden Gebühren anfordern und ist nicht gehalten, seinen Vorschuss zu Beginn des Mandates z. B. auf 50% der voraussichtlich entstehenden Gebühren zu begrenzen. Im vorliegenden Fall wird die RS-Versicherung wg. der bestehenden Selbstbeteiligung keine Kostenerstattung vornehmen, sondern auf den Mandanten verweisen. Der Hinweis des Mandanten, dass das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, spielt keine Rolle. Mit dem Zustandekommen des Anwaltsvertrages besteht für den Mandanten auch die Pflicht zur Zahlung eines angeforderten - angemessenen - Vorschusses.
Wenn das Mandat niedergelegt wird, müsste eine Schlussrechnung erteilt werden über die bis zur Mandatsniederlegung entstandenen Gebühren abzgl. des geleisteten Vorschusses.
Ob eine Mandatsniederlegung zur Unzeit erfolgt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Wenn sich die Sache bislang nur außergerichtlich abgespielt hat, wovon ich aufgrund der Vorschusshöhe mal ausgehe, sehe ich eigentlich kein Problem, das Mandat mit sofortiger Wirkung niederzulegen.
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#5

06.03.2013, 12:10

Eigentlich kann man dir nur raten, das Mandat schnellstmöglich zu beenden und deine Restforderung einzutreiben. Ein Mandant der mault, weil er einen Vorschuss zahlen soll, mault auch, wenn das Mandat beendet ist. Bei manchen Mandanten sollte man als Anwalt keine Zeile schreiben, bevor das Geld eingegangen ist.
JungerAnwalt
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#6

06.03.2013, 12:34

Bis hierein erst einmal Danke!!!

§ 8 Satz 1 RVG: Die Vergütung wird fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist.

Wenn § 9 RVG die Möglichkeit einräumt alles zu verlangen, wozu dann "wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist."

Gibt es eigentlich eine Art "Werkvertragspfandrecht" an den Original-Unterlagen des Mandanten?
Pitt
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#7

06.03.2013, 13:20

Ein kurzer Erklärungsversuch:
Man muss den Anspruch auf Vorschuss und den Anspruch auf Vergütung getrennt betrachten. Habe ich einen Anspruch auf Vorschuss gem. § 9 RVG , dann habe ich nicht zeitgleich einen Anspruch auf Vergütung gem. § 8 RVG, deren Berechnung in § 10 weiter ausgeführt wird. Wenn ich aber einen Anspruch auf Vergütung nach § 8 RVG habe, dann ist zu diesem Zeitpunkt kein Anspruch auf Vorschuss nach § 9 mehr möglich, da die Sache abgeschlossen ist.
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#8

06.03.2013, 13:33

Tschuldigung, wenn ich das so provokativ frag - was hast Du denn die letzten 4 Jahre gemacht? :shock: Zu den Unterlagen, siehe §50 Abs.3 und 4 BRAO und mehrere Threads hier, die sich mit der Pflicht zur Herausgabe und dem Zurückbehaltungsrecht beschäftigen.
advocat0812
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#9

06.03.2013, 13:39

Nur mal am Rande, der Anwaltsvertrag ist kein Werkvertrag.
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