Gegenseite zahlt unmittelbar nach Aufforderungsschreiben

...für das vom 01.07.2004 bis 31.07.2013 geltende Gebührenrecht
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unkunkel
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#1

07.06.2012, 15:09

Habe hier folgendes Problem:

Mandant XY hat selbst einen Mahnbescheid gemacht, gegen den Gegner AB Widerspruch einlegt. Mit dem Auftrag, im streitigen Verfahren tätig zu werden, kommt der Mandant am 08.03. zu uns.
Mein Chef fertigt einen Entwurf eines Schriftsatzes, in dem er sich als Prozessbevollmächtigter anzeigt und den Anspruch begründet. Am 14.03. schreibt der Mandant, dass der Gegner gezahlt hätte.
Am 22.03. schickt er ein Schreiben an den Gegner, mit der Aufforderung, unsere Kosten zu zahlen, da er sich in Verzug befand und durch Einlegung des Widerspruchs unsere Mandatierung veranlasst hat.

Der Gegner schreibt zurück, dass wir ja erst am 08.03. mandatiert wurden (woher der das weiß? ôo), der Betrag aber bereits am 05.03. angewiesen und beim Mandanten am 06.03.2012 eingegangen ist. Das bestätigt unser Mandant. Er hat es vor seinem Termin hier in der Kanzlei nicht gesehen gehabt.

Frage: Kann gegenüber der Gegenseite nun irgendetwas abgerechnet werden? Grundsätzlich wäre es ja durch den Zahlungseingang noch vor Mandatierung nicht mehr nötig gewesen, überhaupt ein Aufforderungsschreiben zu machen. Gibt's hier vielleicht irgendeinen Trick 15?
Oder kann man gegenüber dem Mandanten wirklich nur die 2300 abrechnen?
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Adora Belle
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#2

07.06.2012, 15:20

Was heißt "nur"? Der Mandant hat Klageauftrag erteilt. Entstanden ist damit die 0,8 VG 3101, weniger als die übliche Geschäftsgebühr. Die Gegenseite muß das m.E. nicht zahlen, weil die Beauftragung erst nach Tilgung erfolgte.
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#3

07.06.2012, 15:33

Ich sehe hier auch keinen Verzugsschaden gegeben. Der rechtliche Grund für die entstandene Verbindlichkeit des XY ggü seinem Anwalt liegt zeitlich nach dem Begleichen der Forderung durch AB. Entsprechend war Verzug zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gegeben. Auch sonst sehe ich keine rechtliche Grundlage, von AB die Kosten der anwaltlichen Tätigkeit zu fordern. Es war ihm möglich und zumutbar, direkt vor Beauftragung des Anwalts nochmal auf sein Konto zu schauen.

Bezüglich der Gebühr muss ich selbst raten (bin noch nicht 100% RVG-fit).
Da das Schreiben nie raus ging, wurde keine 2300er Geschäftsgebühr fällig.

Ob eine 3101er Gebühr anfällt, bin ich eigentlich skeptisch. Wir befinden uns aktuell noch im Stadium des Aufforderungsschreibens an den Gegner. Die 3101er Gebühr scheint sich vom Wortlaut und Systematik des Gesetzes eher auf die Fälle zu beziehen, in denen man als Anwalt Klageauftrag erhalten und schön seine Klageschrift gebastelt hat und der Gegner dann vor Einreichung des Schriftsatzes dann doch zahlt. Sozusagen eine "Fast-Verfahrensgebühr".

Adora Belle, bist du dir sicher, dass man die 3101er Gebühr auch als eine "Fast-Geschäftsgebühr" nutzen kann?
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#4

07.06.2012, 15:45

Sicher fällt hier die 3101 an.

Endigt der Auftrag, bevor der Rechtsanwalt die Klage, den ein Verfahren einleitenden Antrag oder einen Schriftsatz, der Sachanträge, Sachvortrag, die Zurücknahme der Klage oder die Zurücknahme des Antrags enthält, eingereicht oder bevor er für seine Partei einen gerichtlichen Termin wahrgenommen hat,...

Der Rechtsanwalt hatte den Auftrag, den Mandanten im Klageverfahren zu vertreten.
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#5

07.06.2012, 15:47

Ihr hattet ja von Anfang an einen Klageauftrag, also kann die Geschäftsgebühr nicht entstehen! Da Ihr keine Klage eingereicht habt, ist keine 1,3 VG entstanden sondern eben nur die verminderte, da die Angelegenheit vor Einreichung der Klage endet, also die 0,8 VG.
Alle Angaben ohne Gewähr!
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#6

07.06.2012, 16:02

Dachte ich mir schon, dass man gegenüber der Gegenseite nichts abrechnen kann. Aber nachfragen schadet ja nix :D

Aber danke euch allen für den Tipp mit der 3101. Manchmal sieht man (ich) den Wald vor lauter Bäumen nicht :D :thx
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#7

07.06.2012, 16:05

Ist mit
Mein Chef fertigt einen Entwurf eines Schriftsatzes, in dem er sich als Prozessbevollmächtigter anzeigt und den Anspruch begründet
jetzt eine Klageschrift gemeint (so klingts nach der Passage) oder ein Aufforderungsschreiben (so stehts im Threadtitel)?

Wenn es um eine Klageschrift geht, weil der Mandant Klageauftrag gegeben hat, greift die 3101er Gebühr ja schon vom Wortlaut. Wenn aber erstmal nur ein anwaltliches Aufforderungsschreiben rausgehen sollte, bin ich irgendwie immernoch nicht überzeugt.
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#8

07.06.2012, 16:20

Das sollte eine Anspruchsbegründung werden, nachdem der Gegner Widerspruch gegen den MB eingelegt hatte. Die Überschrift mußt Du einfach ignorieren. :wink:

Btw: Selbst wenn nochmal ein Aufforderungsschreiben entworfen worden wäre - es bestand Klageauftrag. Wenn der RA trotzdem noch außergerichtliche Versuche unternimmt, ist das seine Privatvergnügen. Eine GG kann dadurch nicht ausgelöst werden. Es ist immer der Auftrag entscheidend.
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#9

07.06.2012, 16:25

Hoppla, da steht ja "Mahnbescheid" und nicht "Mahnung". Gut, dann ziehe ich meine Bedenken zurück. Dann isses natürlich eine 3101er Gebühr.
Danke für den Hinweis.

Für das außergerichtliche Verfahren vor GG gibts keine entsprechende Gebühr, oder? (Außer die bis dahin angefallene Gebühr für die Beratung)
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#10

07.06.2012, 16:32

Nee, gibts nicht. Beratung fällt weg, wegen - bitte nochmal #8 am Ende lesen. :wink: Allenfalls möglich ist, innerhalb des Rahmens das Ermessen auszuüben. Wenn ich halt bis jetzt noch nix geschrieben hab, oder noch nicht rausgeschickt, dann nehm ich statt 1,3 nur 0,8. Zum Beispiel.
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