Anrechnung Geschäftsgebühr

...für das vom 01.07.2004 bis 31.07.2013 geltende Gebührenrecht
Bianca
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#1

08.10.2007, 10:31

Hallo mal wieder!

Wir waren in einer Verkehrsunfallsache außergerichtlich tätig und mussten dann einen Teilbetrag sowie unser Honorar einklagen. Haben vollständig gewonnen. Für die Kostenfestsetzung habe ich die Verfahrensgebühr in voller Höhe geltend gemacht und nix angerechnet, wurde auch so festgesetzt. Die Gegenseite hat Beschwerde dagegen eingelegt (ist ja auch richtig), wir sollen jetzt dazu Stellung nehmen.

Meine Frage:
Lege ich dem Gericht meine korrigierte Rechnung vor oder warte ich, was das Gericht draus macht? Was ist taktisch sinnvoller?

Liebe Grüße
Bianca
Gast

#2

08.10.2007, 10:38

Na, dann werdet Ihr jetzt noch die Kosten für das Beschwerdeverfahren aufgebrummt bekommen.

Ich würde korrigieren. Vielleicht sieht das Gericht im Beschwerdeverfahren von der Auferlegung der Kosten auf Euch ab.
StineP

#3

08.10.2007, 11:00

Taktisch sinnvoll ist es immer, gleich zu korrigieren.
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butterflybabe
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#4

08.10.2007, 11:00

Verfahrensgebühr in voller Höhe geltend gemacht und nix angerechnet,
hast du denn die Geschäftsgebühr zur Hälfte eingeklagt oder ganz?
Bianca
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#5

08.10.2007, 13:13

Wir haben die Geschäftsgebühr nur zur Hälfte eingeklagt.
StineP

#6

08.10.2007, 13:17

Moooooooooooooment....... Dann ist die Beschwerde nicht gerechtfertigt. Das KG Berlin hat dazu kürzlich entschieden. Wenn du nur ne halbe GG einklagst, darf die VG gar nicht gemindert werden...... HAHA:.. Sorry, das ist mir zu spät durch den kopf geschossen. Ich such dir sofort die Entscheidung. Moment!!

(Ihr seid im Recht!)
StineP

#7

08.10.2007, 13:19

Tadaaaaaaa:

KG Berlin, Beschl. v. 17.07.2007 – 1 W 256/07

Aus den Gründen:

Demgegenüber hat der Senat mit Beschluss vom 20.07.2005 (KGR Berlin 2005, 934) der Sache nach entschieden, dass die obsiegende Partei nicht allein deshalb, weil auf ihrer Seite bereits eine Geschäftsgebühr angefallen ist, daran gehindert ist, gegen den unterlegenen Prozessgegner die Verfahrensgebühr in voller Höhe im KFV geltend zu machen. Daran hält der Senat nach nochmaliger Prüfung im Grundsatz fest.

Sinn und Zweck der Anrechnungsregel in Vorbem. 3 IV VV RVG ist es, den Mandanten vor zu hohem RA-Honorar und insbesondere auch davor zu schützen, dass der RA allein im Hinblick auf seinen Vergütungsanspruch ein gerichtliches Verfahren einleitet (VGH München, NJW 2007, 170; OCG NRW, NJW 2006, 1991; VGH Kassel, NJW 2006, 1992).
Wie das gesamte RVG, so betrifft auch die Regelung in Anl. 1 Teil 3 Vorbem. 3 IV ihrem Sinn und Zweck nach nur das Innenverhältnis zwischen RA und Mandanten (ebenso Schons, NJW 2005, 3089 [3091]; Schneider, NJW 2007, 2001 [2006]; wohl auch Hansens, RVGreport 2006, 311; derselbe, RVGreport 2005, 392 [393]; RVGreport 2007, 121 [122]). Normzweck des RVG ist es demgegenüber nicht, die Erstattungsforderung der obsiegenden Partei zu begrenzen. Diese richtet sich hier nach den Grundsätzen des § 91 ZPO. Danach sind der Partei die „Kosten des Rechtsstreits“ zu erstatten, soweit sie notwendig sind. Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des RA sind nach § 91 II ZPO stets zu erstatten. Zu diesen gehört die Verfahrensgebühr – soweit sie erwachsen ist – in der sich aus VV 3100, 3101 ergebenden Höhe auch dann, wenn sie sich im Verhältnis zum Mandanten durch Anrechnung einer zuvor entstandenen außergerichtlichen Geschäftsgebühr (VV 2400, jetzt: VV 2300) nach Vorbem. 3 IV VV vermindert. Materiell-rechtliche Einwendungen – zu denen die Anrechnung der außergerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr auf die zu erstattende Verfahrensgebühr gehört – sind im KFV nur dann beachtlich, wenn sie unstreitig oder evident sind, was etwa dann anzunehmen ist, wenn die Geschäftsgebühr als materiell-rechtlicher Schadenersatzanspruch in voller Höhe tituliert oder unstreitig außergerichtlich ausgeglichen worden ist.

Jedenfalls für den Bereich des Zivilprozesses ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, warum die unterlegene Partei nur deshalb niedrigere Kosten zu erstatten haben soll, weil der RA der Gegenseite bereits vorgerichtlich das Geschäft seines Mandanten betrieben hat (vgl. OVG NRW, aaO; VGH München, aaO; OLG Koblenz, Rpfleger 2007, 433; Hansens, RVGreport 2007, 241 [242]). Dies wird vom VGH Kassel (aaO) bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt. Es kommt hinzu, dass dem für das KFV zuständigen Beamten in der Regel nicht bekannt ist, in welcher Höhe eine Geschäftsgebühr für die vorangegangene Tätigkeit des RA entstanden ist (VGH München, Beschl. v. 07.12.2006, aaO). Soweit derselbe Senat des VGH München in seinem früheren Beschluss vom 06.03.2006 (NJW 2006, 1990) sowie das VG Minden (Beschl. v. 31.05.2007 – 10 K 1944/06.A m.w.N.) für den Bereich des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens einer Beschränkung der Anrechnungsregelung nach Vorbem. 3 IV VV RVG widersprechen, weil es mit dem Normziel nicht vereinbar sei, wenn der Prozessgegner im gerichtlichen Verfahren die im vorangegangenen Verwaltungsverfahren entstandene Geschäftsgebühr (jetzt: VV 2301) so zu sagen nachträglich zu übernehmen hätte, greift diese Überlegung im Zivilprozess nicht. Eine allgemeine Regelung, wonach jede Partei ihre vorgerichtlich entstandenen Kosten selbst zu tragen hätte, besteht hier nicht. Vielmehr hat der Kläger grundsätzlich die Möglichkeit, eine ihm vorprozessual entstandene Geschäftsgebühr im Prozess als Verzugsschaden geltend zu machen (BGH, Urt. v. 07.03.2007 – VIII ZR 86/06 = AGS 2007, 283; Urt. v. 14.03.2007 – VIII ZR 184/06). Geschieht dies, so hat die Anrechnung gem. Vorbem. 3 IV RVG zu erfolgen. Soweit der BGH in der zuletzt zitierten Entscheidung (unter II.2.d) ausgeführt hat, „diese Anrechnung“ sei „erst im Rahmen des KFV zu berücksichtigen“, besagt dies lediglich, dass die im dortigen Hauptverfahren titulierte Geschäftsgebühr zu berücksichtigen ist (Schneider, aaO S. 2006; Hansens, RVGreport 2007, 241). In beiden vom BGH entschiedenen Fällen hatte die klagende Partei die ihr entstandene Geschäftsgebühr jeweils in vollem Umfang als Teil der Klagforderung geltend gemacht und zugesprochen erhalten. Dann entspricht es den oben dargestellten allgemeinen Grundsätzen, dass die klagende Partei nicht neben der bereits durch Urteil zugesprochenen vollen Geschäftsgebühr im KFV die unverminderte Verfahrensgebühr beanspruchen kann (ebenso Hansens, AGS 2007, 285 [286]; Schneider, AGS 2007, 287). Da ein Ausnahmefall, in dem die volle Geschäftsgebühr durch Urteil tituliert oder – was dem gleichzusetzen ist – unstreitig bezahlt worden ist, hier nicht vorliegt, ist die Beklagte nicht daran gehindert, im KFV die volle Verfahrensgebühr geltend zu machen.
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#8

08.10.2007, 13:37

:zustimm ist ja auch logisch..
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#9

08.10.2007, 13:38

:zustimm Danke für die Entscheidung, denke, dass wird noch ein paar Probleme geben.
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#10

08.10.2007, 15:44

Ich danke Euch allen, hat mir sehr weitergeholfen! :D

Liebe Grüße

Bianca
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