Entscheidungen WEG (GB)

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Jupp03/11

#1

23.10.2011, 10:50

Es sollten hier keine Stellungnahmen abgegeben werden, da hier nur Entscheidungen bekannt gegeben werden. Falls jemand also dazu was sagen möchte, sollte er ein neues allgemeines Thema im Notariat erstellen. Dieses gilt dann auch selbstverständlich für alle weiteren Entscheidungen, die hier eingestellt werden.

Gericht: OLG Frankfurt 20. Zivilsenat
Entscheidungsdatum: 11.04.2011
Aktenzeichen: 20 W 69/11
Dokumenttyp: Beschluss
Quelle:
Normen: § 18 GBO, § 19 GBO, § 876 BGB, § 877 BGB, § 8 WoEigG ... mehr



Erforderlichkeit der Zustimmung der Gläubiger bei Aufteilung nach § 8 WEG

Leitsatz
Bereits zur Aufteilung gemäß § 8 WEG ist die Zustimmung der Gläubiger der auf dem Grundstück lastenden Grundpfandrechte erforderlich.


Fundstellen ...
Verfahrensgang ...
Diese Entscheidung wird zitiert ...
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Gerichtskosten Beschwerdeverfahrens.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Beschwerdewert wird auf 1.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1
Der Antragsteller ist seit 1996 als Eigentümer des betroffenen Grundbesitzes eingetragen. In Abt. III sind als lfde. Nr. 9-12 Briefgrundschulden für die A-Versicherung aG, als lfde. Nr. 13 eine Buchgrundschuld für die B-Bank sowie als lfde. Nr. 14 eine Sicherungshypothek für die C-GmbH & Co. KG eingetragen. In Abt. II wurde am 03.03.2011 ein Zwangsversteigerungsvermerk (43 K … – Amtsgericht Bensheim) eingetragen.


2
Durch zu UR-Nr. .../2010 des Verfahrensbevollmächtigten vom 24.11.2010 beglaubigte Erklärung hat der Antragsteller das betroffene Grundstück gemäß § 8 Abs. 1 WEG geteilt und die Eintragung der Aufteilung sowie der Gemeinschaftsordnung als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch bewilligt und beantragt.

3
Unter dem 03.11.2010 hat der Verfahrensbevollmächtigte die Teilungserklärung vom 24.11.2010, verbunden mit dem Aufteilungsplan und einer Abgeschlossenheitserklärung, dem Grundbuchamt zum Vollzug eingereicht.

4
Die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt hat durch Zwischenverfügung vom 06.12.2010 neben einer inzwischen durch eine Nachtragsurkunde erledigten Beanstandung die Zustimmung der nach Abt. III Nr. 9-14 dinglich Berechtigten in der Form des § 29 GBO verlangt, da diese gemäß §§ 876, 877 BGB durch die Möglichkeit eines Rangverlustes infolge der nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG privilegierten Hausgeldansprüche in einem möglichen Zwangsversteigerungsverfahren rechtlich betroffen und ihre Zustimmung daher erforderlich sei. Diese Auffassung hat die Rechtspflegerin in einer weiteren Zwischenverfügung vom 27.12.2010 auch nach Vorlage eines Beschlusses des KG vom 30.11.2010 -1 W 455/10-, worin keine Zustimmungsbedürftigkeit angenommen wurde, aufrechterhalten mit Ausnahme der zwischenzeitlich vorgelegten Zustimmung der B-Bank.

5
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, mit der vorgetragen wird, es bestünde keine Zustimmungsbedürftigkeit. Ein rechtlicher Nachteil im Sinn des §§ 876, 877 BGB durch den Rangverlust nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG sei nicht bereits in der Aufteilung, sondern erst in der späteren Erstveräußerung eines Wohnungseigentumsrechts zu erblicken, da erst dadurch eine Wohnungseigentümergemeinschaft entstehe. Bei der Veräußerung sei aber schon wegen der Lastenfreistellung oder Schuldübernahme eine Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger erforderlich.

6
Mit Beschluss vom 27.01.2011 hat die Grundbuchrechtspflegerin der Beschwerde nicht abgeholfen aus den Gründen der angefochtenen Zwischenverfügung und sich der Rechtsansicht des KG nicht angeschlossen.

7
Die Beschwerde, über die nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG i. V. m. § 72 GBO gemäß § 75 GBO das Oberlandesgericht zu entscheiden hat, ist zulässig.

8
Sie ist aber nicht begründet. Zu Recht hat die Grundbuchrechtspflegerin die Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger zu der Vollziehung der Teilungserklärung verlangt.

9
Nach heute wohl einhelliger Auffassung sind die §§ 876, 877 BGB, wonach zur Inhaltsänderung eines Grundstücksrechts die Zustimmung von Drittberechtigten erforderlich ist, auf die Begründung von Wohnungseigentum entsprechend anwendbar. Auf Grund der Veränderungen hinsichtlich Inhalt und Umfang der dinglichen Rechtsmacht des Eigentümers durch die Aufteilung, wie sie dadurch zum Ausdruck kommt, dass gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 WEG der Inhalt des Sondereigentums durch Vereinbarung gestaltet werden kann, ist in der Teilung nach § 8 WEG auch zumindest eine verfügungsähnliche Rechtshandlung zu sehen (Bärmann/Armbrüster: WEG, 11. Aufl., § 2 Rdnr. 31). Aus der materiell-rechtlichen Notwendigkeit der Zustimmung nach §§ 876, 877 BGB folgt die verfahrensrechtlich erforderliche Zustimmungsbewilligung nach § 19 GBO.

10
Allerdings entspricht es bisher ganz herrschender Meinung (Oberlandesgericht Hamm FGPrax 1998=Rpfleger 1998, 154; BayObLG Rpfleger 1986, 177; Demharter: GBO, 27. Aufl., Anhang zu § 3, Rdnr. 17 und 18; Meikel/Morvilius: Grundbuchrecht, 10. Aufl., Einl. C, Rdnr. 120; Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rdnr. 2849), dass für die Teilung nach § 8 WEG nicht die Zustimmung der Gläubiger der auf dem Grundstück lastenden Grundpfandrechte erforderlich ist, da deren Rechte nach der Teilung zu Gesamtrechten werden, bestehend an den neu gebildeten Miteigentumsanteilen (§§ 1132 Abs. 1 Satz 1, 1192 Abs. 1 BGB) mit der Folge, dass die Gläubiger sowohl alle als auch einzelne Anteile verwerten können.

11
An dieser Auffassung, die der Senat bisher ebenfalls vertreten hat, (Rpfleger 1996, 340 und Rpfleger 1997, 374), dass eine Zustimmungsbedürftigkeit hinsichtlich der Teilung deshalb nicht gegeben sei, weil sich dadurch noch nichts an dem Haftungsobjekt für die Grundpfandrechte ändere, kann jedoch nach Einführung des Rangklassenprivilegs für rückständiges Wohngeld gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG nicht festgehalten werden. Danach muss der Grundpfandrechtsgläubiger bei der Vollstreckung in ein Wohnungseigentum die Forderungen, die sich aus den zwischen den Miteigentümern bestehenden Beziehungen gemäß §§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 2 und 5 WEG ergeben, bis zu 5 % des gemäß § 74 a ZVG festgesetzten Wertes vorgehen lassen.

12
Soweit trotzdem die Kausalität der Aufteilung als solcher für die Befriedigungsverschlechterung deshalb verneint wird, weil mit der Aufteilung noch keine Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht, sondern im Fall der Vorratsteilung nach § 8 WEG erst die Eintragung eines weiteren Wohnungseigentümers im Grundbuch die Gemeinschaft entstehen lässt (KG Beschl. v. 30.11.2010 -1 W 455/10- ZWE 2011, 81; Schneider ZNotP 2010, 299, 302 und 387, 388), greift diese Begründung nach Auffassung des Senats zu kurz, da sie nicht die Haftungsverhältnisse in der werdenden Gemeinschaft berücksichtigt. Denn seit der Entscheidung des BGH vom 05.06.2008 -V ZB 85/07- (NJW 2008, 2639 = Rpfleger 2008, 564) ist anerkannt, dass bereits vor Entstehung einer Wohnungseigentümergemeinschaft die Erwerber, für die eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen und denen der Besitz an der erworbenen Wohnung übergeben worden ist, eine sogenannte werdende Gemeinschaft bilden. Bereits auf die Mitglieder dieser Gemeinschaft sind die Vorschriften des WEG entsprechend anwendbar, mit der Folge, dass diese Erwerber entsprechend § 16 Abs. 2 WEG die Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen haben, noch bevor die Erstveräußerung im Grundbuch vollzogen worden ist. Da bereits wegen dieser Ansprüche das Rangklassenprivileg des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG eingreifen kann, kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass eine rechtliche Beeinträchtigung der Grundpfandrechtsgläubiger vor der Erstveräußerung eines Wohnungseigentums ausgeschlossen und deshalb eine Zustimmung zur Teilung entbehrlich wäre (so auch Palandt/Bassenge: BGB, 70. Aufl., § 8 WEG, Rdnr. 1 und § 3 WEG Rdnr. 1; Kesseler NJW 2010, 2317 und ZNotP 2010, 335).

13
Die Kosten seiner danach erfolglosen Beschwerde hat der Antragsteller zu tragen, §§ 84 FamFG, 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO.

14
Die Erstattung außergerichtlicher Kosten war nicht anzuordnen, da solche mangels weiterer Beteiligter mit abweichendem Verfahrensziel erkennbar nicht entstanden sind.

15
Der Beschwerdewert bestimmt sich nach § 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 KostO (geschätzte Kosten zur Erfüllung der Zwischenverfügung).

16
Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen (§ 78 Abs. 2 Nr. 1 und 2 GBO n. F.). Der Fall gibt Veranlassung, die Auswirkungen der Einführung des Rangklassenprivilegs nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG für das Zustimmungserfordernis Drittberechtigter zur Aufteilung nach § 8 WEG zu klären.

Diese Entscheidung ist vor dem BGH unter dem Az. V ZB 95/11 noch anhängig. Eine Entscheidung im Beschwerdeverfahren ist wohl noch nicht getroffen.
Unser Grundbuchamt (Bezirk OLG Hamm) verlangt für die reine Teilung die Zustimmung der Gläubiger.
Jupp03/11

#2

16.03.2012, 14:07

Damit ist vorgenannte Entscheidung aufgehoben; auf die Rd-Nrn. 10 und 11 ist hinzuweisen.


Gericht: BGH 5. Zivilsenat
Entscheidungsdatum: 09.02.2012
Aktenzeichen: V ZB 95/11
Dokumenttyp: Beschluss
Quelle:
Normen: § 876 BGB, § 877 BGB, § 10 Abs 1 Nr 2 ZVG


Leitsatz
Auch nach Einführung des Rangklassenprivilegs für Wohngeldansprüche (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG) bedarf die Begründung von Wohnungseigentum nicht der Zustimmung der Gläubiger, deren Grundpfandrechte auf dem ganzen Grundstück lasten.

Fundstellen ...
Verfahrensgang ...
Tenor
Auf die Rechtsmittel des Antragstellers werden der Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 11. April 2011 und die Zwischenverfügungen des Amtsgerichts Bensheim - Grundbuchamt - vom 6. und 27. Dezember 2010 aufgehoben.


Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Vollzug der Teilungserklärung nicht aus den Gründen der Zwischenverfügungen vom 6. und 27. Dezember 2010 zu verweigern.


Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 17.000 €.

Gründe
I.


1
Mit Erklärung vom 24. November 2010 teilte der Antragsteller ein ihm gehörendes, mit Grundpfandrechten belastetes Grundstück nach § 8 WEG in Wohnungseigentum und beantragte die Eintragung der Aufteilung in das Grundbuch.

2
Das Grundbuchamt hat die Zustimmung der Grundpfandgläubiger zu der Aufteilung verlangt. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller den Antrag auf Vollzug der Teilung weiter.

II.

3
Das Beschwerdegericht hält die Zustimmung der Grundpfandgläubiger zur Vollziehung der Teilungserklärung für erforderlich. Da bei einer Vollstreckung in das Grundstück Forderungen wegen rückständigen Wohngelds im Umfang von 5 % des festgesetzten Verkehrswerts Vorrang vor den Grundpfandrechten hätten (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG), führe die Aufteilung in Wohnungseigentum zu einer Änderung des Haftungsobjekts und erfordere deshalb gemäß den §§ 876, 877 BGB die Zustimmung der Grundpfandgläubiger.

III.

4
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Vollzug der Teilungserklärung des Antragstellers ist nicht von der Zustimmung der Grundpfandgläubiger abhängig.

51.
Richtig ist, dass die Eintragung einer Rechtsänderung die Bewilligung der dinglich Berechtigten gemäß § 19 GBO erfordert, welche nach materiellem Recht der Änderung zustimmen müssen (Senat, Beschluss vom 14. Juni 1984 - V ZB 32/82, BGHZ 91, 343, 347). Unzutreffend ist aber die Annahme des Beschwerdegerichts, bei der Begründung von Wohnungseigentum nach § 8 WEG handele es sich um die Inhaltsänderung eines Rechts, die in entsprechender Anwendung der §§ 876, 877 BGB der Zustimmung der Grundpfandgläubiger bedürfe.

6a)
Die Bestimmungen der §§ 876, 877 BGB schützen in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich den Inhaber eines Rechts an einem Grundstück (Zweigrecht), welches ein anderes an diesem Grundstück bestehendes Recht (Hauptrecht) belastet, indem sie die rechtsgeschäftliche Aufhebung und Änderung des Hauptrechts von seiner Zustimmung abhängig machen. Der Grundgedanke der Vorschrift ist einleuchtend: Ein Recht darf nicht ohne Zustimmung seines Inhabers geändert werden, wobei eine solche Änderung schon darin liegt, dass der Gegenstand, auf den sich das Recht bezieht, verändert wird (BGH, Urteil vom 9. Juni 1969 - III ZR 231/65, MDR 1969, 916).

7
Ein Recht an einem Grundstück kann allerdings nur ein beschränktes dingliches Recht sein, nicht dagegen das Eigentum selbst (Senat, Beschluss vom 14. Juni 1984 - V ZB 32/82, BGHZ 91, 343, 346). Auf die - reale oder ideelle - Teilung des Eigentums finden die §§ 876, 877 BGB daher keine Anwendung. Auch bedürfen Grundpfandgläubiger in einem solchen Fall keines Schutzes durch ein Zustimmungserfordernis; denn ihr Interesse an der Erhaltung des Gegenstands, auf den sich ihr Recht bezieht, ist dadurch gewährleistet, dass das Grundpfandrecht an den neu entstandenen (realen oder ideellen) Teilen als Gesamtrecht und damit in der Summe an dem gesamten Grundstück fortbesteht (§ 1132 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 1114, § 1192 Abs. 1 BGB).

8b)
Nach zutreffender, allerdings nicht unumstrittener Auffassung ist auch die Aufteilung eines Grundstücks nach § 8 WEG ebenso wie die Begründung von Wohnungseigentum nach § 3 WEG als Teilung des Vollrechts anzusehen, auf welche die Vorschriften über die Änderungen eines belasteten Rechts weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden sind (BayObLGZ 1958, 273, 278 f.; OLG Stuttgart NJW 1954, 682, 683; OLG München, NJW 2011, 3588; Staudinger/Rapp, BGB [2005], § 8 Rn. 3; Briesemeister in Weitnauer, WEG, 9. Aufl., § 3 Rn. 74; Elzer in Riecke/Schmid, WEG, 3. Aufl., § 8 Rn. 23; Krause in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 8 Rn. 1; Bärmann/Pick, WEG, 19. Aufl., § 8 Rn. 10; Timme/Kral, WEG, § 8 Rn. 23; Heinemann, ZfIR 2011, 255, 256). Der Schutz der Grundpfandgläubiger wird auch hier dadurch bewirkt, dass sich ihr Recht kraft Gesetzes in ein Gesamtgrundpfandrecht an den entstehenden Wohnungseigentumseinheiten umwandelt und damit an dem gesamten, in seiner Substanz unveränderten Haftungsobjekt fortbesteht (vgl. Senat, Urteil vom 28. Mai 1976 - V ZR 203/75, NJW 1976, 2340, 2341; BGH, Urteil vom 30. Januar 1992 - IX ZR 64/91, NJW 1992, 1390; für die Unterteilung von Wohnungseigentum: Senat, Beschluss vom 17. Januar 1968 - V ZB 9/67, BGHZ 49, 250).

9
Die Gegenauffassung, die eine entsprechende Anwendung der §§ 876, 877 BGB befürwortet (so insbesondere Staudinger/Gursky, BGB [2007], § 877 Rn. 43; RGRK-BGB/Augustin, 12. Aufl., § 3 WEG Rn. 9; Becker/Schneider, ZfIR 2011, 545, 548; Kesseler, NJW 2010, 2317; ders., ZNotP 2010, 335; vgl. auch BayObLG 1957, 102, 115), vermag nicht zu überzeugen. Für einen Gläubiger, dessen Grundpfandrecht auf dem gesamten Grundstück lastet, wirkt die Begründung von Wohnungseigentum wie eine gemischt reale-ideelle Aufteilung des Vollrechts in Alleineigentum an bestimmten Raumeinheiten und Bruchteilsmiteigentum an dem übrigen Grundstück (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Januar 1968, V ZB 9/67, BGHZ 49, 250, 251 u. 253; siehe auch Weitnauer, DNotZ 1960, 115, 123). Sie lässt die Möglichkeit der Vollstreckung in das gesamte Grundstück - in Gestalt des Zugriffs auf alle Wohnungseigentumsrechte - unberührt. Demgemäß bedürfen, solange ein Recht als Gesamtpfandrecht auf allen Einheiten lastet, auch nachfolgende Änderungen im Verhältnis von Sonder- und Gemeinschaftseigentum nicht der Zustimmung des Pfandgläubigers (vgl. BayObLGZ 1991, 313, 317; BayObLGZ 1993, 166, 168 f.).

10c)
Anders verhält es sich nur, wenn selbständig belastete Miteigentumsanteile nach § 3 WEG umgewandelt werden. Hier hat die Begründung von Wohnungseigentum zur Folge, dass sich das Belastungsobjekt von einem Miteigentumsanteil im Sinne von § 1008 BGB in einen Anteil am Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an einer bestimmten Raumeinheit wandelt, welcher durch das zugunsten der übrigen Miteigentümer begründete Sondereigentum beschränkt ist. Demgemäß entspricht es allgemeiner Auffassung, dass bei einer selbständigen Belastung eines Miteigentumsanteils die Begründung von Wohnungseigentum in entsprechender Anwendung der §§ 876, 877 BGB der Zustimmung des Grundpfandgläubigers bedarf (vgl. BayOblGZ 1958, 273, 279; MünchKomm-BGB/Commichau, 5. Aufl., § 3 WEG Rn. 9; Armbrüster in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 2 Rn. 26).

11d)
Aus demselben Grund sind die genannten Vorschriften entsprechend anzuwenden, wenn der Gegenstand oder der Inhalt von selbständig belastetem Wohnungseigentum verändert wird. Hierzu zählen die Begründung von Sondernutzungsrechten (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juni 1984 - V ZB 32/82, BGHZ 91, 343 sowie Beschluss vom 24. November 1978 - V ZB 11/77, BGHZ 73, 145), die Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum oder umgekehrt (vgl. BayObLGZ 1991, 313) und die Änderung der mit dem Sondereigentum verbundenen Miteigentumsanteile (vgl. BayObLGZ 1993, 166, 168).

122.
Daran, dass die Begründung von Wohnungseigentum nicht der Zustimmung der Grundpfandgläubiger bedarf, deren Rechte auf dem gesamten Grundstück lasten, hat sich durch die Einführung des Rangklassenprivilegs für rückständiges Wohngeld in § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG durch das Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26. März 2007 (BGBl I S. 370) nichts geändert (im Ergebnis ebenso: KG, ZfIR 2011, 254; OLG Oldenburg, Rpfleger 2011, 318; OLG München, NJW 2011, 3588; Schneider, ZNotP 2010, 299; Heinemann, ZfIR 2011, 255, 256; aA Kesseler in Timme, WEG, § 3 Rn. 30; ders., NJW 2010, 2317; wohl auch Palandt/Bassenge, BGB, 71. Aufl., § 8 WEG Rn. 1). Zwar führt dieses Privileg zu einer Verschlechterung der Rechtsstellung der Grundpfandgläubiger, weil sie nach der Aufteilung des Grundstücks im Fall der Zwangsvollstreckung mit vorrangigen Ansprüchen aus der Rangklasse des § 10 Abs.1 Nr. 2 ZVG rechnen müssen. Einer entsprechenden Anwendung der §§ 876, 877 BGB steht aber das Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke entgegen (zu deren Notwendigkeit: Senat, Beschluss vom 14. Juni 2007 - V ZB 102/06, NJW 2007, 3124 Rn. 11 m.w.N.). Das Vorrecht für Wohngeldansprüche betrifft nach dem Willen des Gesetzgebers auch Grundpfandrechte, die vor der Gesetzesänderung begründet worden sind (vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 44). Es wirkt somit - da es vor der Gesetzesänderung einhelliger Auffassung entsprach, dass ein Grundstückseigentümer zur Teilung seines Grundstücks gemäß § 8 WEG nach materiellem Recht nicht der Zustimmung der Grundpfandgläubiger bedurfte (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2007], § 877 Rn. 62; Armbrüster in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 2 Rn. 23 jeweils mwN) - auch zu Lasten von Gläubigern, die der Umwandlung des ursprünglich ungeteilten Haftungsobjekts in Wohnungseigentum nicht zugestimmt haben. Das lässt den Schluss zu, dass der Gesetzgeber das Recht des Eigentümers, sein Grundstück ohne Zustimmung der dinglichen Gläubiger in Wohnungseigentum aufzuteilen (vgl. BayObLGZ 1958, 273, 278 f.), nicht beschränken wollte. Andernfalls stünden die Grundpfandgläubiger eines erst nach Inkrafttreten des Rangklassenprivilegs geteilten Grundstücks besser als die von einer früheren Aufteilung betroffenen, ohne dass sich hierfür ein sachlicher Grund fände (so zutreffend OLG München, NJW 2011, 3588, 3589).

IV.

13Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Der nach § 131 Abs. 4, § 30 Abs. 2 KostO festgesetzte Gegenstandswert bemisst sich nach dem Wert des Vorrechts gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG (5 % von 340.000 €).


Krüger Stresemann Czub

Brückner Weinland
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