Ausbildung im ersten Lehrjahr - die ersten Monate

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Hühnerhaufen
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#31

09.12.2015, 09:28

ebstar hat geschrieben:Noch mehr herunter fahren ist echt unmöglich. Sie langweilt sich ja jetzt schon und fragt ständig ob ich für sie eine Aufgabe habe (wäre mir übrigens nie in meiner Ausbildung eingefallen zu fragen - ich suchte mir Arbeit). Wir haben hier bereits seit Anbeginn des Bestehens der Kanzlei ausgebildet - bislang stand aber noch kein Azubi unter meiner Anleitung. Meine damalige Ausbilderin die es hier nicht mehr gibt war sehr streng und wahnsinnig hart. Aber es hat geklappt. Kein Azubi hat sich bisher so angestellt wie sie und jeder Azubi musste vom ersten Tag an ans Telefon gehen, die Post allein bearbeiten, Fristen notieren, Termine notieren und hat sich selten getraut die Ausbilderin nach etwas zu fragen, selbst Mahnbescheide waren im ersten Halbjahr ein Muss. Zwangsvollstreckung ebenso. Es war selbstverständlich, dass Azubis schon nach zwei Wochen ab Mittag allein in der Kanzlei waren (inkl. Chef). Ich weiß, dass das nie wirklich richtig schön war - psychisch gesehen war es oft die Hölle. Vieles taten wir ohne zu wissen warum, welche Bedeutung es hat etc. pp. Aber aus uns ist was geworden. Ich wäre nie auf die Idee gekommen auch nur ein Schreiben in der Postmappe übrig zu lassen oder auch nur eine Anweisung meiner Ausbilderin nicht zu befolgen.
"... vom ersten Tag Fristen und Termine notieren...." Auszubildende 1. Lehrjahr!! und wie erklärt ihr ein evtl. Fristversäumnis: "Unsere Auszubildende im ersten Lehrjahr, eine verantwortungsvolle Mitarbeiteirn, die bisher immer zuverlässig unsere Fristen notiert hat ..." Da bin ich doch etwas geschockt.

Und eine Auszubildende die sich in den ersten Wochen selbständig was zu arbeiten sucht, kommt bestimmt vor, aber eher selten. Sie weiß doch noch gar nicht, was sie selbständig machen kann.
Vielleicht sollte man den Arbeits-/Lernablauf auch den schulischen Vorgaben anpassen, also Mahnbescheid oder Vollstreckung, wenn es auch in der Berufsschule rankommt. Das würde ihr bestimmt mehr helfen.

Es kostet halt viel Zeit, für einen Azubi zuständig zu sein. Und Du weißt wie es war, ich hatte fast das gleiche wie Du, nur das mein Chef auch noch ein Choleriker war mit übelsten Beschimpfungen, wenn mal was nicht geklappt hatte. Wie oft bin ich weinend nach Hause gegangen im ersten Lehrjahr. Nachher wurde es besser, weil man sich dann auch getraut hat "zurückzuschlagen" und sich nicht alles mehr zu Herzen genommen hat.

Lass Sie nicht "durch die Hölle" gehen ...

Gruß
Hühnerhaufen
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#32

09.12.2015, 10:04

niva hat geschrieben:
Gibst du ihrer mehrer Aufgaben auf einmal? wenn du sagst, du gibst ihr Kenntnisnahmeschreiben, sind dann dann Schreiben oder ein Schreiben? vielleicht ist das immer noch zu viel? gibt ihr ein Schreiben, lass sie dazu eine Akte raussuchen und dann kommt die nächste Aufgabe, dann lass sie dann ein Kenntnisnahmeschreiben machen. oder bist du schon so weit runtergefahren?
Sie öffnet die Post und sucht die Akten heraus. Sobald die Postmappe zurück ist arbeite ich alles ab und sortiere ein paar Akten auf einen separaten Stapel mit einfachsten Kenntnisnahmebriefen. Ich time alles so, dass sie genau dann mit ihrer Arbeit fertig ist wie ich mit meiner. (Vorher ein bis zwei Akten ablegen zB). Dann gebe ich ihr immer 1-2 Handakten mit den Verfügungen. Sobald sie die erledigt hat folgen die nächsten 1-2 usw.. Ich prüfe genau, dass ihr Platz immer vollständig leer ist, bevor ich ihr ein bis zwei weitere Akten gebe.
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#33

09.12.2015, 10:11

Hühnerhaufen hat geschrieben:
"... vom ersten Tag Fristen und Termine notieren...." Auszubildende 1. Lehrjahr!! und wie erklärt ihr ein evtl. Fristversäumnis: "Unsere Auszubildende im ersten Lehrjahr, eine verantwortungsvolle Mitarbeiteirn, die bisher immer zuverlässig unsere Fristen notiert hat ..." Da bin ich doch etwas geschockt.

Und eine Auszubildende die sich in den ersten Wochen selbständig was zu arbeiten sucht, kommt bestimmt vor, aber eher selten. Sie weiß doch noch gar nicht, was sie selbständig machen kann.
Vielleicht sollte man den Arbeits-/Lernablauf auch den schulischen Vorgaben anpassen, also Mahnbescheid oder Vollstreckung, wenn es auch in der Berufsschule rankommt. Das würde ihr bestimmt mehr helfen.

Es kostet halt viel Zeit, für einen Azubi zuständig zu sein. Und Du weißt wie es war, ich hatte fast das gleiche wie Du, nur das mein Chef auch noch ein Choleriker war mit übelsten Beschimpfungen, wenn mal was nicht geklappt hatte. Wie oft bin ich weinend nach Hause gegangen im ersten Lehrjahr. Nachher wurde es besser, weil man sich dann auch getraut hat "zurückzuschlagen" und sich nicht alles mehr zu Herzen genommen hat.

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Gruß
Hühnerhaufen
Nun es gab keine falsch notierten Fristen. Nicht ein mal.

Ich sagte ja nur, wie es bislang in der Kanzlei unter Aufsicht meiner Ausbilderin erfolgte. Diese Dame ist weg, sodass ich hier zur Bürovorsteherin ausgebildet wurde und eben gerade NICHT diese Art der Ausbildung darbieten werde. Es war NUR ein Beispiel, dass die mega strenge Ausbildung etwas brachte und diese am Schulstand orientierte und nun enorm heruntergefahrene Ausbildung zwar ganz okay ist, sie aber dennoch nicht mal schafft die nur noch wenigen Aufgaben zu erfüllen.

Ich lass sie nicht durch die Hölle gehen. Ich suche doch nur nach Tipps, wie ich ihr beibringen kann meine Anweisungen (Kenntnisnahmebriefe schreiben und ihren Aktenstapel des Tages auf meinen Platz legen) zu befolgen und nicht am nächsten Tag zu sagen: Oh das hab ich vergessen.

Sie hat gestern in 1,5 Stunden in denen ich weg war NICHTS gemacht. Und das dulde ich nicht. Da werd auch ich langsam zornig.
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niva
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#34

09.12.2015, 10:14

ebstar hat geschrieben:Dann gebe ich ihr immer 1-2 Handakten mit den Verfügungen. Sobald sie die erledigt hat folgen die nächsten 1-2 usw...
und wie umfangreich sind die Verfügungen? also mehr als eine Aufgabe pro Akte? bzw. siehst du einen Unterschied, wenn du nur eine Akte hinlegst oder wenn es doch zwei sind?

lautet die Anweisung dann direkt? wenn fertig, dann vorlegen? also, dass du dann gleich mit ihr besprechen kannst, ja, nein und warum?

meine einzige Idee ist hier wirklich alles in so kleine Schritt wie möglich aufzusplitten und genau herauszufinden, wo das Problem liegt. wenn du weißt, ob da wirklich eine Überforderung ist, dann kannst du ihr so helfen. wenn sie eine ich-hab-keinen-Bock-und-will-eigentlich-nicht-Einstellung hat, dann wird auch das leider auch nicht helfen.
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#35

09.12.2015, 10:40

Nun ja ich gebe ihr Akten mit jeweils nur einer Verfügung. Entweder Mdt an Erledigung von etwas erinnern (vorgeschriebener Text von mir anbei) oder einfachste Kenntnisnahmebriefe (gibt's ne Vorlage dafür wo man nix mehr machen muss).

Wenn ich hier bin funktioniert alles - sie kommt mit den 1-2 Akten jetzt richtig gut klar.

Meine Anweisungen sind mehr als direkt.

Nur wenn ich eher Feierabend mache wie sie macht sie sobald ich den Rücken kehre nichts mehr. Ich habe sie gerade angerufen und gefragt und sie gab zu, dass sie nur noch gefaxt hat und dann ihr Berichtsheft schrieb und meine Anweisung vergessen hat mir die Akten hinzulegen und die Post auch vergaß.
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Anahid
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#36

09.12.2015, 19:38

Also, ich hab mir jetzt mal weitestgehend alles durchgelesen. Und ja, ich habe auch schon mehrere Auszubildende ausgebildet. Meine letzte war in diesem Jahr fertig, von daher denke ich schon, dass ich da ein wenig mitsprechen kann.

Das Mädel ist 18. Da ist Händchenhalten angesagt. Die tun zwar immer so, als wären sie die Könige, aber wenn es darum geht, in der Arbeitswelt zu bestehen, sind sie alle erst einmal gleich.

Die grundsätzliche Idee, eine Auszubildende von Anfang an alles machen zu lassen, ist nicht verkehrt. Es kommt halt auf das Tempo an und wie viel Zeit Du Dir dann für Sie nimmst. Mit nebenher erklären ist es da nämlich nicht getan. Mir ist auch klar, dass man selbst genug zu tun hat; aber eine gute Ausbildung - und ich habe das Gefühl, dass Du eine solche durchführen möchtest - kostest einfach Zeit, und zwar viel Zeit.

Ich habe meinen Auszubildenden immer eingebläut, dass, wenn ich ihnen etwas erkläre und sie es nicht verstanden haben, sie es mir sagen sollen...auch wenn ich das 5 x dann erklären muss bis sie es verstanden haben. Das einzige, wo ich wirklich auf Rot drehe, ist, wenn mir jemand sagt, er hat es verstanden und macht dann im nächsten Moment denselben Fehler wieder. Und, dass A + O ist fragen. Und sollte ich mal, weil bei mir grad auch Landunter ist, gereizt wirken, dann bloß nicht persönlich nehmen. Es ist dem momentanen Umstand geschuldet und die Auszubildende selbst kann nichts dafür. Mit diesen Worten hab ich meinen Auszubildenden eigentlich immer schon die erste Angst vor Fragen usw. genommen. Wenn ich wirklich mal zu schroff reagiert habe, dann habe ich mich auch entschuldigt, dass es jetzt nicht an ihrer Frage lag, sondern halt daran, dass ich grad extrem im Stress bin. Ich hab dann auch immer wieder darauf hingewiesen, dass es wichtiger ist zu fragen und auf diese Weise Fehler zu vermeiden, bevor das Kind in den Brunnen gefallen und ggf. nicht mehr zu retten ist.

Grundsätzlich beginnt eine Ausbildung natürlich immer erst einmal mit Aktenanlage, -ablage, Post öffnen und suchen sowie auch Wiedervorlagen und Terminsakten usw.

Die ersten paar Tage habe ich mit meinen Auszubildenden immer die Post gemeinsam geöffnet, gescannt und die Fristen notiert. Ihnen gezeigt, worauf sie achten müssen und wo die Fristen gerne versteckt werden. Zusätzlich haben sie von mir einen Fristenzettel erhalten, auf dem genau stand, welches Schriftstück welche Frist mit welcher Bezeichnung auslöst (z.B. Urteil: Tabestandsberichtigungsantrag: 2 Wochen; Berufung: 1 Monat; Berufungsbegründung: 2 Monate) usw.
Nach kurzer Zeit haben sie dann die Post selbst geöffnet und die Fristen notiert. ABER: Während der gesamten Ausbildungszeit wurde mir die Post nach dem stempeln und notieren der Fristen mit den Akten vorgelegt, damit ich kontrollieren konnte. War die Akte grad nicht greifbar, wurde der Posteingang ohne Akte vorgelegt.

Meine Auszubildenden haben auch nach ein paar Monaten bereits Mahnbescheide erstellt usw. Aber auch hier hab ich erstmal ausführlichst erklärt, wer wer ist, wie was heißt usw. Dann haben meine Auszubildenden ein paar Mal neben mir gesessen, ein paar Mal ich dann neben ihnen und erst dann durften sie Mahnbescheide selbst erstellen, die dann von mir kontrolliert wurden.

Und selbstverständlich haben sie von Anfang an mit Bänder geschrieben und ich habe das Geschriebene kontrolliert.

Wenn es wirklich mal eine Zeit gab, wo meine Auszubildenden nichts zu tun hatten, dann haben sie auch gefragt, ob ich grad etwas hätte. Ganz ehrlich: was erwartest Du denn, dass sie sich selbst suchen soll...gerade am Anfang der Ausbildung?

Oft haben sie sich dann auch einfach neben mich gesetzt und ich habe ihnen erklärt, was ich gerade mache. Wenn ich grad z.B. in der Zwangsvollstreckung etwas gemacht habe, dann habe ich das halt genau erklärt usw. ZV haben die bei mir allerdings tatsächlich erst im dritten Lehrjahr gelernt, als es auch in der Schule dran kam. Ich fand die obigen Arbeiten eigentlich schon fürs erste Lehrjahr ausreichend und vielseitig. Gab es tatsächlich mal eine Zeit, wo sie nichts zu tun hatte und ich mich grad auch nicht um sie kümmern konnte, hatte sie die Erlaubnis ihr Berichtsheft zu bearbeiten oder für die Schule zu lernen.

Was ich damit sagen will: Du musst erklären, erklären und nochmals erklären und zwar nicht hopplahopp, sondern ausführlich. Du musst Dich mit ihr zusammensetzen und Arbeiten mit ihr gemeinsam machen und ihr nicht die Sachen nebenher erklären und hoffen, dass das dann klappt. Frag sie auch ruhig mal ab, wenn Du ihr vor ein paar Tagen etwas erklärt hast. Wie z.B. wie hoch ist die Verzugspauschale? (Natürlich nur, wenn Du ihr das bereits erklärt hast).

Ich frage mich natürlich auch, warum Deine Auszubildende länger arbeitet als Du? So wie ich das Ganze bisher lese, seid Ihr beiden alleine? Kann man das dann nicht irgendwie ändern? Wenn das nicht geht, dann musst Du eine Lösung finden, wie Du sie beschäftigen willst, und zwar mit Arbeiten, die erst am nächsten Tag kontrolliert werden können. Wenn Du dann natürlich schreibst, dass sie nichts mehr macht, sobald Du das Büro verlässt trotz gegebener Anweisungen, dann ist das harter Tobac. Dann rede nochmals mit ihr. Ändert sich nichts, dann würde ich ihr eine Arbeitsanweisung für die Zeit bis zum Feierabend hinlegen, die sie dann, wenn sie das erledigt hat, abzeichnen soll. Das würde ich ihr aber in dem Gespräch auch bereits androhen und ihr klar machen, dass so eine Arbeitsweise wohl von Euch beiden nicht gewünscht wird.

Was das Telefon angeht, so gibt es tatsächlich Leute, die in der Beziehung etwas gehemmt sind. Sitzt sie Dir direkt gegenüber oder hat sie ihr eigenes Zimmer? Wenn sie Dir gegenüber sitzt, dann hat sie vielleicht auch einfach Angst, sich Dir gegenüber zu blamieren. Wenn sie in ihrem eigenen Zimmer sitzt, ist sie vielleicht auch einfach mit der Situation überfordert. Du kannst Deinen Mandantenstamm besser einschätzen, wie schwierig die Leute sind. Meine Auszubildenden haben die erste Zeit mir beim Telefonieren zugehört. Später, als sie dann das Telefon annehmen sollten, haben sie von mir immer die Anweisung bekommen: Versuchen, mit dem Chef zu verbinden, geht das nicht, weil er nicht da ist, einen Termin hat oder gerade selbst telefoniert, dann fragen, ob ein Rückruf gewünscht wird....Name und Nummer aufschreiben..fertig. Fängt der Mandant dann an, irgendwelche Fragen zu stellen oder sogar sich zu beschweren, dann höflich darauf hinweisen, dass man lediglich eine Auszubildende ist und ihm leider nicht behilflich sein kann. Dann halt fragen, ob sie mit Dir verbinden soll (solltest Du telefonieren, ob sie einen Rückruf von Dir organisieren soll) oder, wenn der Mandant dies nicht wünscht, ihn höflich bitten sein Anliegen dem Anwalt gegenüber vorzubringen.

Und selbstverständlich habe ich meinen Auszubildenden immer klar gemacht, dass sie stets höflich am Telefon bleiben sollen. Fluchen ist erst nach Auflegen des Hörers und Vergewissern, dass dieser wirklich richtig aufgelegt ist erlaubt. :mrgreen: Und natürlich darf man das Gemotze von Mandanten nie persönlich nehmen, da sie letztendlich nur ihren Frust über einen nicht erfolgten Rückruf des Anwalts oder aber eine Nichtbearbeitung herauslassen wollen und das nunmal immer die Angestellten, die ans Telefon gehen, trifft, da der Anwalt ja in diesem Moment nicht greifbar ist.

So......das war jetzt um einiges mehr als ich schreiben wollte, aber ich hoffe, Du kannst damit ein bißchen was anfangen und wenn alle Stricke reissen und keine Zusammenarbeit möglich ist, dann hoffe ich, dass die Probezeit noch nicht um ist und ihr Euch noch problemlos trennen könnt.

Und wem das zu viel zum Lesen ist, der soll es lassen. :P
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#37

10.12.2015, 10:15

@Anahid: Super geschrieben. Ich seh es im Übrigen genau wie Du und handhabe es auch im großen und ganzen so. Super!
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#38

11.12.2015, 09:10

Wow vielen Dank für die Ausführlichkeit.

Ich habe mir jetzt schon sehr viel angenommen und werde nun sehen, was die Zeit bringt. Im Übrigen ist die Probezeit vorbei.

Was die Arbeitszeitenverteilung angeht, so bekomme ich keine andere Lösung hin, ich arbeite wegen meiner Tochter in Gleitzeit und habe nicht immer die Möglichkeit bis abends im Büro zu sein. Und wie bereits richtig festgestellt wird, ist es sehr harter Tobak wenn nicht eine der erteilten Aufgaben erledigt wird und man zuvor aber mindestens drei Mal mit ihr die Aufgaben durchgegangen ist. Und dies waren nicht viele Aufgaben und erst recht nicht solche, die sie nicht kann. Sie gab zu trotz Aufgaben sich erst einmal um ihr privates gekümmert und sich somit in der Zeit verzettelt zu haben. Meine Worte dazu hat sie hoffentlich verstanden. Nun haben wir einen schriftlichen Arbeitsplan gefertigt in dem sie während meiner Abwesenheit ihre Aufgaben noch einmal schriftlich vor sich liegen hat (Stichpunktartig, da sie diese Aufgaben längst beherrscht, wenn sie konzentriert bei der Sache ist und nicht permanent am Handy tippt (was jetzt übrigens nicht mehr vorkommen wird, da ich ein Handyverbot ausgesprochen habe)). In dem Arbeitsplan hat sie ihre Felder, wo sie einträgt, was sie konkret gemacht hat und wie viel Zeit sie dafür in Anspruch genommen hat nebst Kontrollfeld, ob die Akte nach Bearbeitung auch tatsächlich bei mir auf dem Platz gelandet ist.

Habt ihr vielleicht eine Idee, wie man einer Person beibringen kann, dass die Aktensuche nicht bei den Aktenschränken beginnt und aufhört, sondern dass da noch das Zimmer vom Chef ist? Sie soll die Akten zur Post beispielsweise heraus suchen und sucht und sucht und unterm Strich liegen nur 70 % hier. Sie setzt sich hin und fragt nach einer nächsten Aufgabe für sie. Da frage ich (das Spiel wiederholt sich jeden Tag..) ob sie denn alle Akten zur Post heraus gesucht hat und sie sagt "Nein, da fehlt noch einiges.". Daraufhin erkläre ich ihr geduldig, dass ihre Arbeit aber erst erledigt ist, wenn sie 'die Akten zur Post heraus gesucht hat' und frage sie, ob sie schon beim Chef war. Da dies nie der Fall ist schicke ich sie da rein (morgens ist er übrigens nie da sodass sie da immer ungestört ist). Da sie mich spätestens nach 10 min. erneut nach einer neuen Aufgabe fragt wiederholt sich das Spiel meines Nachfragens und es wird festgestellt, dass noch immer Akten fehlen usw.. Ich versuche wirklich alles ihr die Angst zu nehmen, helfe ihr, rede und erkläre und rede und erkläre, doch wie ich sehe erreiche ich damit nichts. Aus irgendeinem Grund macht sie das was sie denkt machen zu müssen und wenn ihr etwas nicht vor die Füße geschmissen wird meint sie ihre Arbeit ist damit erledigt. Wobei aber die Aufgabenstellung doch klar war.

Ich bin deswegen so ratlos, da es in der Kanzlei schon unheimlich viele Ausbildungen abgeschlossen wurden und ich das Phänomen meiner Auszubildenden 2015 noch nicht erlebt habe.

Und meine Idee, dass sie sich Aufgaben suchen könnte kommt ja auch nicht von irgendwo her - bislang gab es nie den Fall, dass man aller 10 min. dem Azubi sagen musste was zu tun ist. Bisher war es so, dass der Azubi dann los lief und aufgewaschen hat, selbst auf die Idee kam die Post zu holen, die Wiedervorlagen für den nächsten Tag bereits raus suchte, im Kalender schaute was die nächsten Tage ansteht, sich um die Pflanzen kümmerte, dicke Handakten in Ordner packte etc.. Und vor allem war bisher nie ein Azubi auf die Idee gekommen nach neuer Arbeit zu fragen, wenn die alte nicht erledigt war. Sie kamen dann und fragten zB ob ich helfen könnte eine Akte zu suchen.

Ich bin gespannt was die Zeit bringt.
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#39

11.12.2015, 09:22

Im Zweifel wird Dein Chef sich da mal mit einschalten müssen. Wenn er morgens nicht da ist, dann kann sie selbstverständlich ohne Probleme fehlende Akten bei ihm suchen. Wenn das nach mehrmaligem Erklären und Bitten immer noch nicht klappt und Du einfach nicht zu ihr durchdringst, dann hilft nichts, als den Chef darum zu bitten, ein Gespräch mit Euch beiden (Du solltest unbedingt dran teilnehmen) zu führen.

Eine andere Frage: Darf Dich Deine Auszubildende duzen und wenn ja, wie alt bist Du? Kannst mir auch gerne per PN antworten, wenn Du das nicht ins Forum schreiben willst.
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#40

11.12.2015, 10:35

Also dieses Gespräch zu Dritt gab es schon mittlerweile vier Mal seit August. Mein Chef ist sehr genügsam und fühlt sich schrecklich, wenn sie ein jedes Mal in Tränen zusammen bricht sobald er ihr - extrem liebevoll, fast schön väterlich - sagt, dass dies und jenes nicht so funktioniert und sie sich an meine Anweisungen halten muss. Es folgen liebevolle Erklärungen, aber auch konkrete Aussagen seinerseits. Doch es ändert nichts. Sie fängt an zu weinen und wir stehen da und können es nicht nachvollziehen, da wie so etwas noch nie erlebt haben.

Gerade kam mir eine Akte unter die Hände, die sie am Dienstag angelegt hat und mein Chef nach dem Gerichtstermin frug. Ich wusste von nix obschon sie die klare Anweisung hat jede Akte nach Bearbeitung zu sammeln und am Ende des Tages zu mir zur Kontrolle vorzulegen. In dem Fall hat sie die Akte angelegt und einfach die Verfügung auf dem Aktenanlagebogen ignoriert. Da stand fett und groß GT notieren als zusätzliche Verfügung. Das muss sie ja nicht machen, aber mir dies sagen bzw. zumindest mir diese dämliche Akte am Ende des Tages hin legen.

Wenn nicht mal das funktioniert, die einfachste Anweisung mir ihre Akten hinzulegen, wo kann ich dann kontrollieren?? Selbst wenn ich von ihr nicht verlangen darf (was ich immer noch als hirnrissig finde, weil es bis dato jeder hier als Azubi bereits seit der ersten Woche hin bekam), dass sie die Verfügung sieht und mir sagt "du, da ist ein GT zu notieren.", doch wenigstens dass sie mir ihre paar Akten des Tages zur Kontrolle hin legt. Aber nein. Hinter jeder Zeile einer Verfügung findet sich ein Kästchen "ein Kontrollkästchen für die Angestellten". Erst wenn da ein Häkchen ist, ist das Ding durch. Aber nein, mein Azubi sieht eine Verfügung, ignoriert diese und heftet den Aktenanlagebogen ab. Im Übrigen steht im Kontrollfeld für die Angestellten sogar nochmal drunter "Erledigt durch, Signum, Stempel". Also bisher gab es bei mir keinen "stempelgeilen" Azubi - jeder freute sich Stempeln zu dürfen - das war sozusagen was großartiges. Sie stempelt nix. Nicht mal wenn ich ne Post an sie weiter reiche wo ein einfaches Kenntnisnahmeschreiben zu fertigen ist. Gibt keine Stempel. Obschon ich es ihr jeden Tag vorbete, dass sie ihre Arbeiten abstempeln muss. Und wenn mir jetzt jmd. sagt, dass DAS zu viel verlangt ist fress ich nen Besen.

Ich dreh hier bald durch. Komme kaum noch zum Arbeiten weil ich mir die Waffel zerbreche, wie ich ihre einfachsten Anweisungen noch einfacher machen kann. Aber das geht nicht bei "Lege mir all deine bearbeiteten Akten zum Feierabend auf meinen Platz." Das ist so primitiv. Das ist das Mindeste.

In unserer Kanzlei wird seit je her geduzt und das vom ersten Tag an. Natürlich ausgeschlossen Angestellte ggü. Anwalt. Ich bin 32 und fühl mich eher wie ihre Mama, sie gibt mir das Gefühl, dass sie mich sehr schätzt und bäckt für mich Kekse, überrascht mich ständig mit Pfannkuchen o. ä..
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