Zustimmungsbeschluss zum Gewinnabführungsvertrag

Für alle Fragen rund um Kosten - neues Recht ab 01.08.2013
Antworten
Rubin
Foren-Azubi(ene)
Beiträge: 60
Registriert: 18.10.2013, 05:14
Beruf: Notar-Fachangestellte
Software: RA-Micro

#1

13.11.2017, 13:13

Hallo,

wir haben einen Zustimmungsbeschluss der beherrschten Gesellschaft zu einem Gewinnabführungsvertrag beurkundet. Der Gewinnabführungsvertrag wurde auch durch uns entworfen und der privatschriftliche Zustimmungsbeschluss der herrschenden Gesellschaft auch. Müsste ich jetzt jede Urkunde besonders abrechnen und oder kann ich auch alle Werte zusammen addieren und eine Gebühr nehmen (wegen falscher Sachbehandlung evtl.)? Weiterhin stelle ich mir die Frage, ob der Beschluss der herrschenden Gesellschaft (wenn dieser mit dem Beschluss der beherrschten Gesellschaft zusammen beurkundet worden wäre) gegenstandsgleich ist. In den Büchern wird zwar geschrieben, dass dies nicht der Fall ist, aber vielleicht gibt es ja mittlerweile schon irgendein Urteil woraus sich ergibt, dass diese Beschlüsse gegenstandsgleich sind.
Martin Filzek
Foreno-Inventar
Beiträge: 2199
Registriert: 30.05.2008, 16:23
Beruf: Fachbuchautor KostenO/GNotKG), freibeuflicher Dozent, früher Notariatsmitarbeiter bzw. -BV

#2

17.11.2017, 19:27

Rubin hat geschrieben:Hallo,

wir haben einen Zustimmungsbeschluss der beherrschten Gesellschaft zu einem Gewinnabführungsvertrag beurkundet. Der Gewinnabführungsvertrag wurde auch durch uns entworfen und der privatschriftliche Zustimmungsbeschluss der herrschenden Gesellschaft auch. Müsste ich jetzt jede Urkunde besonders abrechnen und oder kann ich auch alle Werte zusammen addieren und eine Gebühr nehmen (wegen falscher Sachbehandlung evtl.)?

Das ist eine sehr schwierig zu beurteilende Frage, die man nur unter genauer Kenntnis der einzelnen Umstände des Einzelfalls, die aus der Sachverhaltsschilderung nicht hervorgehen, entscheiden könnte. Die Kommentare zu § 21 GNotKG werden hier unter den Stichworten "Mehrkosten durch Aufteilung in verschiedene Urkunden / Hinweispflicht auf vermeidbare Mehrkosten bei Zusammenbeurkundung" Hinweise geben, und nach meiner Erinnerung wird man allgemein wohl sagen, dass die getrennte Beurkundung natürlich dann gerechtfertigt sein kann und keine unrichtige Sachbehandlung vorliegt, wenn sachliche Rechtfertigungsgründe für die getrennte Beurkundung bestehen, also im Idealfall z. B. die Beteiligten von sich aus Beurkundungen bzw. Entwürfe in getrennten Urkunden gewünscht haben und der Notar, soweit erheblich höhere Kosten gegenüber der Zusammenbeurkundung dabei entstehen, auf diese Mehrkosten und deren Vermeidbarkeit durch Zusammenbeurkundung hingewiesen hat und die Beteiligten dennoch auf getrennter Beurkundung bestanden haben bzw. dies nach den Umständen des Einzelfalls (z. B. Gesellschafterversammlung der am Gewinnabführungsvertrag beteiligten Unternehmen sitzen an ganz verschiedenen Orten oder wollten "exklusiv" bei der Beschlussfassung unter sich bleiben ohne zugleich das andere Unternehmen "dabei" zu haben, oder wegen einer Vielzahl von stimmberechtigten Leuten, die je einen Beschluss fassen mussten, oder durch ähnliche sachliche Rechtfertigungsgründe war die getrennte Beurkundung bzw. Entwurfsfassung gerechtfertigt. Auch die Frage, wie hoch die einsparbar gewesenen Mehrkosten gewesen wären, wird man in diese Gesamtbetrachtung dann einbeziehen. Z. B. wäre dann, wenn allein ein Beschluss schon den Höchstwert § 108 Abs. 5 von 5 Millionen Euro erreicht, die Mitbeurkundung des Beschlusses der anderen Gesellschaft quasi "kostenfrei" da bei nur einer Urkunde der Höchstwert für sämtliche darin enthaltenen Beschlüsse gilt.


Weiterhin stelle ich mir die Frage, ob der Beschluss der herrschenden Gesellschaft (wenn dieser mit dem Beschluss der beherrschten Gesellschaft zusammen beurkundet worden wäre) gegenstandsgleich ist. In den Büchern wird zwar geschrieben, dass dies nicht der Fall ist, aber vielleicht gibt es ja mittlerweile schon irgendein Urteil woraus sich ergibt, dass diese Beschlüsse gegenstandsgleich sind.
Das ist eine sehr kluge vorausschauende Überlegung von Notaren bzw. Notarfachangestellten mit hervorragenden Kostenrechtskenntnissen. Tatsächlich ist es so, dass in zumindest einigen Büchern, siehe etwa Diehn, Notarkostenberechnungen, 4. Aufl. 2016 und ebenso 5. Aufl. 2017 Rn. 1349 sowie in Notarkasse München, 11. Aufl. 2015, Rn. 1418 sowie in 12. Aufl. 2017, Rn. 1962 (anders als noch in 10. Aufl. 2013 Rn.1415 am Ende, wo von Gegenstandsgeichheit ausgegangen wird) die Gegenstandsverschiedenheit vertreten wird mit der Begründung, ein Fall von § 109 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 g (Zustimmung zu Umwandlungsbeschlüssen gegenstandsgleich) liege ja nicht vor und die Vorschrift sei aufgrund ihres Ausnahmecharakters auch nicht analog anzuwenden (weitere ausführliche Begründung siehe letzte Streifzug-Auflage a.a.O. Rn. 1962), hier auszugsweise zitiert: "... Derselbe Beurkundungsgegenstand kann somit nur noch im Rahmen des § 109 Abs. 1 vorliegen. Es erscheint jedoch fraglich, ob zwischen beiden Beschlüssen ein in derartigen Fällen vom Gesetzgeber gefordertes Abhängigkeitsverhältnis besteht. Allein die Feststellung, dass mehrere Erklärungen in einem inneren Zuammenhang stehen, genügt für die Annahme der Gegenstandsgleichheit nicht, da sich ein Hauptgeschäft herausheben muss (§ 109 Abs. 1 S. 5), zu dem das andere von untergeordneter Bedeutung ist (Hinweis auf Korintenberg/Diehn § 109 Rn. 17 in Fußnote). Das ist hier nicht der Fall, da allenfalls der Gewinnabführungsvertrag das Hauptgeschäft sein könnte, das aber nach § 110 Nr. 1 zum verschiedenen Gegenstand erklärt wird. Nach hier vertretener Auffassung liegen damit verschiedene Beurkundungsgegenstände vor. Zu beachten ist aber die Höchstwertvorschrift des § 108 Abs. 5, wonach auch bei Zusammenbeurkundung mehrerer Beschlüsse in einem Beurkundungsverfahren der Wert auch dann höchstens 5 Mio. Euro beträgt, auch wenn - wie hier- die Beschlüsse von verschiedenen Beschlussorganen gefasst werden." (Ende Zitat aus Notarkasse Rn. 1962).

Nach meiner Meinung verkennt diese Sichtweise aber, dass § 109 Abs. 1 und 2 keine abschließende Aufzählung enthalten und die Subsumtion unter die gegenstandsgleichen Beurkundungsgegenstände i. S. von § 109 Abs. 1 S. 1 - 2 ist hier dennoch möglich, denn die Zustimmung beider Beschlussorgane zu dem gleichen Gewinnabführungs- oder Beherrschungsvertrag begründet dann für die Beschlüsse untereinander "gleichen" Gegenstand, wenn dies in einer Urkunde geschieht. Zumindest erscheint es mir gut vorstellbar, dass im Fall von Notarkostenprüfungsverfahren Gerichtsentscheidungen es so sehen könnten.

Bisher sind mir insoweit aber keinerlei Gerichtsentscheidungen bekannt, und so ist es in das Ermessen eines jeden Notars gestellt, welche Überzeugung er in dieser Frage hat und ob er der wohl als überwiegend vertretenen Meinung der Literatur in dieser Frage folgen will oder ihn die andere Sichtweise, die Notarkasse München auch noch in der 10. Aufl. von 2013 hatte, doch für überzeugender hält angesichts des Sinn und Zweck von § 109 Abs. 1.

Auf diese Fragen wie auch die Feststellung des Geschäftswertes für solche Verträge und Zustimmungsbeschlüsse wird auch in den Notarkosten-Seminaren, soweit im Gesamtprogramm dafür Zeit bleibt und Interesse besteht, eingegangen, z. B. am kommenden Dienstag, 21.11. in Münster, 22.11. in Essen und 24.11. in Bremen - im Skript zu dem Seminar Bd. 2 finden sich ansonsten entsprechende Ausführungen auf S. 88 f.
Die Seminartermine sind hier im Forum bei der Rubrik Fort- und Weiterbildung, Eintrag von ca. August 2017, enthalten, sowie auf http://www.filzek.de unter Seminare, Anmeldungen überall noch möglich und willkommen. ;) Schwierige Bewertungsfragen zu konkreten Fällen können auch im Rahmen des angebotenen Notarkosten-Dienstes (siehe http://www.filzek.de) entgeltlich zur Entlastung von Notar und Mitarbeitern von mir bearbeitet werden, wobei ich im konkreten Fall natürlich die überwiegende notarfreundliche Literatur in den Bewertungsvorschlag einbeziehe und nur auf künftige mögliche anderslautende Wertungen in solchen schwierigen Zweifelsfragen hinweise.

Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
larifari
Kennt alle Akten auswendig
Beiträge: 562
Registriert: 17.12.2014, 10:52
Beruf: Notarfachwirtin
Software: RA-Micro

#3

26.11.2017, 06:48

Vielleicht hilft auch diese BGH-Entscheidung weiter: Beschluss vom 26. September 2017 - II ZB 27/16 -.
Martin Filzek
Foreno-Inventar
Beiträge: 2199
Registriert: 30.05.2008, 16:23
Beruf: Fachbuchautor KostenO/GNotKG), freibeuflicher Dozent, früher Notariatsmitarbeiter bzw. -BV

#4

28.11.2017, 18:48

Danke, larifari, für den Hinweis auf diese neue BGH-Entscheidung, die ich mir gleich auf der BGH-Seite heruntergeladen und ausgedruckt und durchgelesen habe. Wie hast du eigentlich so schnell davon gehört? (Bei Eingabe von "Notarkosten" auf der Rubrik Entscheidungen vom BGH kam sie noch nicht, das mache ich immer, um die neuesten Notarkosten betreffenden Entscheidungen zu finden, aber bei Eingabe des Aktenzeichens und Datums konnte man sie dann doch schon finden).

Die Entscheidung betrifft vor allem § 93 Abs. 2 GNotKG und hilft für die hier angesprochenen Fragen in diesem Thread m. E. nicht viel weiter, denn die Besonderheit war hier, dass identische Gesellschafter von zwei verschiedenen Tochtergesellschaften in einer Urkunde mit zwei gesonderten Beschlüssen zwei v e r s c h i e d e n e n Gewinnabführungs- oder Beherrschungsverträgen dieser beiden verschiedenen Gesellschaften mit wohl einem gemeinsamen herrschenden Unternehmen zugestimmt haben, wofür der Notar und die Vorinstanzen zu Recht einen Fall von § 93 Abs. 2 angenommen haben und zwei gesonderte Gebühren nach dem jeweiligen Höchstwert als richtig angesehen haben. Im Fragefall hier geht es aber um die Zustimmung sowohl des beherrschten als auch die Zustimmung des herrschenden Unternehmens zu demselben Gewinnabführungs- bzw. Beherrschungsvertrag, wozu aus der genannten Entscheidung nichts entnommen werden kann. Aber auf jeden Fall ist die Entscheidung hochinteressant wegen der Klärung eines anderen Falls zu § 93 Abs. 2 GNotKG.
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
larifari
Kennt alle Akten auswendig
Beiträge: 562
Registriert: 17.12.2014, 10:52
Beruf: Notarfachwirtin
Software: RA-Micro

#5

29.11.2017, 08:37

Den Hinweis hatte ich aus dem Rechtsfachwirteforum, der dort gepostet war :mrgreen:
Hatte (leider) nur die Leitsätze gelesen (und die ganz offensichtlich noch nicht mal gründlich :sad: ), sonst wäre mir sicherlich auch aufgefallen, dass die Entscheidung hier nicht so richtig passt :pfeif
Antworten