Ist Übertragung v. Miteigentumsanteilen Austauschleistung?

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Greenhill
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#1

18.09.2017, 18:53

Guten Abend zusammen!

Ich habe folgendes Problemchen und wäre für eine Überprüfung der Berechnung durch euch dankbar...

Frage: Ist die Übertragung der Miteigentumsanteile Austauschleistung, nach § 97 III GNotKG, sodass nur die höherwertige Übertragung berechnet wird? (Siehe nachfolgend unter Ziffer 3.) )


Es geht um folgende Konstellation in der Urkunde:

- Begründung von Wohnungseigentum § 3 WEG
- gegenseitige Vorkaufsrechtseinräumung
- Übertragung des 567/1.000 Miteigentumsanteils auf A
- Übertragung des 433/1.000 Miteigentumsanteils auf B
- Übertragung eines Grundstücks (Flurstück 507) an B
- Vorkaufsrechtsbestellung an dem Grundstück (Flurstück 507) für A (mit Eintragung im Grundbuch)



Meine Wertberechnung sieht wie folgt aus:

1.)
Wert des 567/1.000 Miteigentumsanteils, gem. §§ 97, 42 GNotKG 78.000,00 €

Wert des 433/1.000 Miteigentumsanteils, gem. §§ 97, 42 GNotKG 60.000,00 €



2.)
Einräumung gegenseitiger Vorkaufsrechte, gem. §§ 97 III, 51 I GNotKG 39.000,00 €
(78.000,00 € : 2)


3.)
a)
Leistungen des B:

Übertragung des 567/1.000 Miteigentumsanteils an A, 78.000,00 €
gem. §§ 97, 46 GNotKG


b)
Leistungen der A:

Übertragung des 433/1.000 Miteigentumsanteils an B, 60.000,00 €
gem. §§ 97, 46 GNotKG


Übertragung halber Grundbesitz Flur 15, Flurstück 507 an B, 21.500,00 €
gem. §§ 97, 46 GNotKG 81.500,00 €


Gemäß § 97 III GNotKG ist der höhere Wert (81.500,00 €) maßgebend.


4.)
Vorkaufsrechtsbestellung für A, gem. §§ 97, 51 I 2 GNotKG 10.750,00 €


Ich würde hier eine 2,0-Gebühr aus einem Wert von 269.250,00 € abrechnen. Ist meine Wertberechnung korrekt?


Liebe Grüße

Greenhill :wink2
Martin Filzek
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#2

19.09.2017, 12:38

Greenhill hat geschrieben:Guten Abend zusammen!

Ich habe folgendes Problemchen und wäre für eine Überprüfung der Berechnung durch euch dankbar...

Frage: Ist die Übertragung der Miteigentumsanteile Austauschleistung, nach § 97 III GNotKG, sodass nur die höherwertige Übertragung berechnet wird? (Siehe nachfolgend unter Ziffer 3.) )


Es geht um folgende Konstellation in der Urkunde:

- Begründung von Wohnungseigentum § 3 WEG
- gegenseitige Vorkaufsrechtseinräumung
- Übertragung des 567/1.000 Miteigentumsanteils auf A
- Übertragung des 433/1.000 Miteigentumsanteils auf B
- Übertragung eines Grundstücks (Flurstück 507) an B
- Vorkaufsrechtsbestellung an dem Grundstück (Flurstück 507) für A (mit Eintragung im Grundbuch)



Meine Wertberechnung sieht wie folgt aus:

1.)
Wert des 567/1.000 Miteigentumsanteils, gem. §§ 97, 42 GNotKG 78.000,00 €

Wert des 433/1.000 Miteigentumsanteils, gem. §§ 97, 42 GNotKG 60.000,00 €



2.)
Einräumung gegenseitiger Vorkaufsrechte, gem. §§ 97 III, 51 I GNotKG 39.000,00 €
(78.000,00 € : 2)


3.)
a)
Leistungen des B:

Übertragung des 567/1.000 Miteigentumsanteils an A, 78.000,00 €
gem. §§ 97, 46 GNotKG


b)
Leistungen der A:

Übertragung des 433/1.000 Miteigentumsanteils an B, 60.000,00 €
gem. §§ 97, 46 GNotKG


Übertragung halber Grundbesitz Flur 15, Flurstück 507 an B, 21.500,00 €
gem. §§ 97, 46 GNotKG 81.500,00 €


Gemäß § 97 III GNotKG ist der höhere Wert (81.500,00 €) maßgebend.


4.)
Vorkaufsrechtsbestellung für A, gem. §§ 97, 51 I 2 GNotKG 10.750,00 €


Ich würde hier eine 2,0-Gebühr aus einem Wert von 269.250,00 € abrechnen. Ist meine Wertberechnung korrekt?


Liebe Grüße

Greenhill :wink2
Ne, das führt wohl zu einem viel zu hohen Gesamtwert. Es ist ja so, dass die Zuweisung einzelner Miteigentumsanteile an bestimmten Wohnungen bei vertraglicher Begründung gegenstandsgleich zur Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung und in dem Gesamtwert § 42 enthalten ist. Siehe Notarkasse München, Streifzug durch das GNotKG, 12. Aufl. 2017, Rn. 3570 auf vielen Seiten mit Beispielen. Unter Rn. 3622, 3625 wird dann zu Recht gesagt, dass die Einräumung gegenseitiger Vorkaufsrechte aber schon gegenstandsverschieden ist.
Bei dem oben genannten weiteren Flurstück vermute ich mal, dass das nichts ist, was von der Begründung Wohnungseigentum umfasst ist und also ein weiteres Geschäft darstellt, das dann natürlich auch wieder gegenstandsverschieden wäre.

P.S. nach einigen Stunden hinzugefügt:
Jetzt bin ich mir gar nicht mehr so sicher, denn die Beispiele zur Begründung von Wohnungseigentum nach § 3 WEG in Streifzug gehen ja immer davon aus, dass z. B. vorher Miteigentümer zu je 1/2 da sind, die dann beispielsweise zwei genau gleich große Wohnungen untereinander aufteilen. Hier ist in dem Fragefall aber nichts dazu gesagt, in welchem Verhältnis A und B vorher Mitgeigentümer des Gesamtgrundstücks sind (wahrscheinlich zu je 1/2?) und die Aufteilung kann ja wahrscheinlich nur in die oben genannten relativ unterschiedlich großen Bruchteile von 567 und 433/1.000 erfolgen.
Insofern könnte man mit Diehn in Korintenberg, GNotKG, § 109 Rn. 368, 370 (370: Veränderung des Miteigentumsverhältnisses unter den Miteigentümern eines Anwesens, um zu dem für die WE-begr. erforderlichen Bruchteilsverhältnis zu gelangen, mit anschließender Wohnungseigentumsbegründung) Gegenstandsverschiedenheit insoweit annehmen. Den Wert der Veränderung würde ich dann mit der Differenz zu 500/1.000 annehmen, also wohl 67/1.000 vom Gesamtwert § 42 GNotKG. In anderen Kommentaren habe ich bisher noch nicht nachgesehen, aber wahrscheinlich würde man da evtl. auch Ähnliches finden. Scheint mir jetzt überzeugender zu sein, als zu sagen, bei den unterschiedlich großen Wohnungen "mussten ja geringe Unterschiede bei der Zuweisung an Einzelne zu Alleineigentum anzunehmen und deshalb Gegenstandsgleichheit anzunehmen, ist ja auch nur ein geringer Wert der für die Veränderung der Eigentumsquoten dann hinzu kommt als gegenstandsverschieden.
"Austauschleistungen" in Höhe der ganzen Anteile liegen dann aber m. E. nicht vor.
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Greenhill
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#3

20.09.2017, 11:42

Hallo Martin!

Ja, sie waren vorher je zu einem halben Anteil Eigentümer.
Insofern könnte man mit Diehn in Korintenberg, GNotKG, § 109 Rn. 368, 370 (370: Veränderung des Miteigentumsverhältnisses unter den Miteigentümern eines Anwesens, um zu dem für die WE-begr. erforderlichen Bruchteilsverhältnis zu gelangen, mit anschließender Wohnungseigentumsbegründung) Gegenstandsverschiedenheit insoweit annehmen. Den Wert der Veränderung würde ich dann mit der Differenz zu 500/1.000 annehmen, also wohl 67/1.000 vom Gesamtwert § 42 GNotKG.


Irgendwie verstehe ich es nicht so ganz. Könntest du mir dein obiges Geschriebenes evtl. etwas genauer erläutern?
Wie kommst du auf die 67/1.000?

Gruß
Greenhill
Martin Filzek
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#4

20.09.2017, 12:03

Das ist doch die Quote bzw. der Anteil, um den sich die Eigentumsverhältnisse nach der Begründung von WE und Zuweisung einzelner Wohnungen "verschoben" haben, vorher waren A und B ja zu 500/1000 Miteigentümer und nach der Urkunde zu 567/1000 und 433/1000.
Und diese Veränderung der Miteigentumsquote könnte man als gegenstandsverschieden zur Begründung von Wohnungseigentum zusätzlich bewerten. Oder anders ausgedrückt: Derjenige, der hinterher nur 433/1000 hat, hat 67/1000 an den anderen "abgegeben" und das ist dann die Austauschleistung, nicht der volle Wert einer Wohnung.
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Greenhill
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#5

20.09.2017, 12:47

Ahh, jetzt habe ich es verstanden!

Meine Wertberechnung sieht dann nun wie folgt aus. So in Ordnung?

Wertberechnung:

1.)
Wert des 567/1.000 Miteigentumsanteils, gem. §§ 97, 42 GNotKG 78.000,00 €

Wert des 433/1.000 Miteigentumsanteils, gem. §§ 97, 42 GNotKG 60.000,00 €
138.000,00 €


2.)
Einräumung gegenseitiger Vorkaufsrechte, gem. §§ 97 III, 51 I GNotKG 39.000,00 €
(78.000,00 € : 2)


3.)
Anteil, um den sich die Eigentumsverhältnisse nach der Begründung 9.246,00 €
von WE und Zuweisung einzelner Wohnungen verschoben haben
(vorher: A und B: Miteigentümer zu je 500/1.000 Anteilen;
nachher: A: 567/1.000 Anteil und B: 433/1.000 Anteil;
--> Austauschleistung (Differenz): 67/1.000 Anteil aus Gesamtwert,
gem. § 42 GNotKG (138.000,00 €)


4.)
Übertragung halber Grundbesitz Flur 15, Flurstück 507 an B, 21.500,00 €
gem. §§ 97, 46 GNotKG


5.)
Vorkaufsrechtsbestellung für A, gem. §§ 97, 51 I 2 GNotKG 10.750,00 €


Summe: 218.496,00 €
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#6

20.09.2017, 13:05

Zu den Nummern 1 - 3 würde ich es nach den Informationen zum Sachverhalt jetzt ebenso machen. Zu den Nrn. 4 und 5 müsste man wohl noch prüfen, ob die Einräumung des Vorkaufsrechts für B Gegenleistung i.S.v. § 97 III zu der Übertragung des halben (? oben war nur Übertragung Flurstück gesagt, unten aber 1/2 Anteil) Flurstücks ist. Bei unentgeltlicher Übertragung und nur Einräumung des Vorkaufsrechts wäre dies ja dann die geringerwertige Gegenleistung, die man weglassen müsste gegenüber dem Verkehrswert des (halben) übertragenen Flurstücks.
Zu etwaigen Vollzugs- und Betreuungsgebühren siehe Vertragsinhalt, §§ 112, 113 Abs. 1 GNotKG und entspr. Ausführungen wie oben genannt dazu in Streifzug.
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#7

21.09.2017, 20:18

So, das ist dann nun die (hoffentlich) endgültige Fassung:

Wertberechnung:

1.)
Begründung Wohnungseigentum 9.246,00 €
(vorher: A und B: Miteigentümer zu je 500/1.000 Anteilen;
nachher: A: 567/1.000 Anteil und B: 433/1.000 Anteil;
--> Austauschleistung (Differenz): 67/1.000 Anteil aus Gesamtwert,
gem. §§ 97, 42 GNotKG (138.000,00 €)


2.)
Einräumung gegenseitiger Vorkaufsrechte, gem. §§ 97 III, 51 I GNotKG 4.623,00 €
(9.246,00 € : 2)


3.)
Anteil, um den sich die Eigentumsverhältnisse nach der Begründung 9.246,00 €
von WE und Zuweisung einzelner Wohnungen verschoben haben
(vorher: A und B: Miteigentümer zu je 500/1.000 Anteilen;
nachher: A: 567/1.000 Anteil und B: 433/1.000 Anteil;
--> Austauschleistung (Differenz): 67/1.000 Anteil aus Gesamtwert,
gem. § 42 GNotKG (138.000,00 €)


4.)
Leistungen des A:

Übertragung halber Grundbesitz Flur 15, Flurstück 507 an B, 21.500,00 €
gem. §§ 97, 46 GNotKG

Leistungen des B:

Vorkaufsrechtsbestellung für A, gem. §§ 97, 51 I 2 GNotKG 10.750,00 €


Gemäß § 97 III GNotKG ist der höhere Wert (21.500,00 €) maßgebend.

Summe: 44.615,00 €



Puhh, das war schwer! Ja, du hast Recht. Ich habe es oben zu ungenau ausgedrückt. Es handelt sich um das halbe Flurstück 507.

Seit Bestehen des GNotKG gab es bei uns noch nie eine Begründung von Wohnungseigentum nach § 3 WEG! Da sieht man mal, was wir für eine kleine Dorfkanzlei sind... :roll:

Deshalb vielen vielen Dank für deine Unterstützung, Martin! Das hätte ich ohne dich nie im Leben so hinbekommen!! Ganz herzlichen Dank für deine Zeit, die mehrfachen Korrekturen und das Nachschlagen in der Literatur!

Jetzt muss ich den geringen Geschäftswert nur noch irgendwie meinem Chef beibringen... Denn der sieht nur die dicke Akte. ;)


Liebe Grüße

Greenhill
Martin Filzek
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#8

21.09.2017, 23:55

Also, die Werte 1. und 2. müssten doch so bleiben wie sie in Beitrag #5 von dir aufgeführt wurden, denn sonst wird ja gar nicht die Begründung Wohnungseigentum, die ja nach § 42 GNotKG einen Gesamtwert von 138.000 Euro hat, bewertet.
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#9

22.09.2017, 10:18

OK, mache ich. Alles klar. Danke!
Greenhill
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#10

25.09.2017, 10:31

Es ist noch ein weiteres Problem aufgetaucht:

Mein Chef hat die Gemeinschaftsordnung gesondert beurkundet...
Enthalten ist die Verwalterbestellung.
Es ist ja so, dass die Zuweisung einzelner Miteigentumsanteile an bestimmten Wohnungen bei vertraglicher Begründung gegenstandsgleich zur Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung und in dem Gesamtwert § 42 enthalten ist.
Frage: Ist die Gemeinschaftsordnung somit bereits in dem abgerechneten § 42 enthalten, sodass ich hier nur noch die Verwalterbestellung, gem. KV-Nr. 21100 aus 5.000,00 €, gem. § 36 III GNotKG abrechnen kann?
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