Stromschulden außen vor bei Insolvenz??

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Bini Pi
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#1

12.04.2018, 09:49

Liebe Mitstreiter,

meine Chefin ist der Meinung (wir vertreten einen Energieversorger), dass titulierte Stromschulden von der Insolvenz ausgenommen wären?

Die zugrundeliegende Rechnung des Energieversorgers stammt aus März 2014, Insolvenzeröffnung war im November 2014, der Titel (VB) datiert vom 19.12.2017.

Ist die Titulierung denn rechtmäßig erfolgt und würde ggfs. nicht von dem Insolvenzverfahren und einer etwaigen Restschuldbefreiung umfasst; sprich: welche Rolle spielt es, dass die Rechnung/Forderung von Insolvenz entstanden ist und der Titel danach?

Über Denkanstöße/Tipps/Fundstellen bedanke ich mich!

PS: Um Mahnbescheid etc. kümmert sich das Inkassounternehmen des Energieunternehmens immer selbst, wir kommen erst ins Spiel, wenn Widerspruch gegen den VB eingelegt wurde)
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mücki
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#2

12.04.2018, 11:18

Guten Morgen,

warum sollten titulierte Stromschulden keine Insolvenzforderungen sein?

Entscheidend ist grundsätzlich nicht das Datum des Titels, sondern das der "Ursprungsforderung". Da die Rechnungen vor Insolvenzeröffnung fällig geworden sind, handelt es sich um ganz normale Forderungen nach § 38 InsO, die demnach auch normal zur Tabelle anzumelden sind.

Wenn der Schuldner eine natürliche Person ist, würde die Forderung selbst dann am Insolvenzverfahren "teilnehmen" wenn es sich um eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung handelt, was dann auch so zur Insolvenztabelle angemeldet werden muss. Allerdings ist diese Forderung - im Gegensatz zu den anderen - nicht restschuldbefreiungsfähig, sodass ihr nach Abschluss des Verfahrens weiter vollstrecken könntet. Ich sehe aber nicht, dass dies bei euch so ist.

Normalerweise hätte der VB gar nicht mehr ergehen dürfen (vgl. § 240 ZPO). Da dieser aber nun in der Welt ist und offensichtlich kein Rechtsmittel eingelegt wurde, dürfte er auch Bestand haben. Das ändert allerdings nichts an den obigen Ausführungen.
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#3

12.04.2018, 21:34

Da hat das Inkassounternehmen wohl gepennt. Läuft das InsV denn noch? 2014 ist ja nicht mehr taufrisch
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Bini Pi
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#4

13.04.2018, 09:28

Das Inkassounternehmen schreibt, von der Insolvenz war dort nichts bekannt und ob der Schuldner nicht bei Eröffnung des Verfahrens alle Forderungen hätte angeben müssen?

Das Gericht hat uns jetzt erstmals darüber in Kenntnis gesetzt und möchte wissen, ob die Forderungen bereits zur Insolvenztabelle angemeldet wurden...siehe oben mangels Wissen vom Inkassobüro noch nicht.

Anscheinend läuft das Insolvenzverfahren ja noch, was aber bislang noch nicht geprüft ist.

Für uns Kanzlei heißt das ja dann wohl, Rücknahme des Kostenfestsetzungsantrages und das Inkassounternehmen müsste Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden richtig?
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mücki
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#5

13.04.2018, 11:49

Bini Pi hat geschrieben:Das Inkassounternehmen schreibt, von der Insolvenz war dort nichts bekannt und ob der Schuldner nicht bei Eröffnung des Verfahrens alle Forderungen hätte angeben müssen?

Klar sollten die Schuldner das machen. Aber in der Realität machen das viele nicht. Eventuell kann sowas zu einer Versagung der Restschuldbefreiung führen aber jeder Gläubiger ist grundsätzlich auch selbst verpflichtet, sich darüber auf dem Laufenden zu halten. Genau aus diesem Grunde werden die entsprechenden Beschlüsse im Internet veröffentlicht.

Das Gericht hat uns jetzt erstmals darüber in Kenntnis gesetzt und möchte wissen, ob die Forderungen bereits zur Insolvenztabelle angemeldet wurden...siehe oben mangels Wissen vom Inkassobüro noch nicht.

Anscheinend läuft das Insolvenzverfahren ja noch, was aber bislang noch nicht geprüft ist.

Für uns Kanzlei heißt das ja dann wohl, Rücknahme des Kostenfestsetzungsantrages und das Inkassounternehmen müsste Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden richtig?
Ich würde erstmal über http://www.insolvenzbekanntmachungen.de checken, ob das Verfahren überhaupt noch läuft. Wenn dies der Fall ist, würde ich im nächsten Schritt beim Insolvenzverwalter nachfragen (am besten telefonisch), ob überhaupt eine Quote zu erwarten ist. Ihr bzw. euer Mdt. zahlt nämlich für den nachträglichen Prüfungstermin 20,00 € Gerichtskosten und die kann man sich sparen, wenn die Quote nicht deutlich drüber liegt. Weiter fallen ja auch noch Kosten für die Anmeldung beim Inkassounternehmen an oder rechnen die das nicht extra ab? Falls ja, sollten diese durch eine Quote ebenfalls gedeckt sein. Wenn alle Kosten durch die voraussichtliche Quote abgedeckt sind und dann noch Geld für die Forderung euerer Mdt. bleibt, lohnt sich die Anmeldung noch, sonst eher nicht.
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