Mahnbescheid an falsches Gericht - Verjährung

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TinaR

#1

30.01.2018, 09:57

Hallo Ihr Lieben,

unsere Mandantin hat Ende des Jahres selbst einen Mahnbescheid erstellt und an das AG Coburg übersandt. Die Forderung wäre zum 31.12. verjährt. Nun kam Anfang Januar ein Brief des AG Coburg, dass dieses nicht zuständig ist, nachdem die gegnerische Firma ihren Sitz in Luxemburg hat und daher -logischerweise- ein anderes Gericht zuständig wäre. Nun meine Frage: Ist die Sache noch zu retten? Kann eine Verweisung beantragt werden? Oder hat unsere Mandantin Pech gehabt und die Forderung ist verjährt?

Leider haben wir mit dieser Mandantin nun schon öfter Probleme gehabt und sie hat z.B. das falsche streitige Gericht angegeben. Das konnten wir aber immer mit einem Verweisungsantrag "retten". Aber hier sehe ich irgendwie schwarz. Insbesondere ist die Verjährung ja nur gehemmt, wenn der Mahnbescheid demnächst zugestellt wird. Demnächst haut ja nicht mehr hin, nachdem dieser aufgrund der Problematik bis zum heutigen Tag nicht zugestellt wurde.

Ich hab nun schon recherchiert und Gesetze gewälzt und finde einfach keine Antwort. Ich hoffe, hier kann mir jemand weiterhelfen.

LG, Tina
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mücki
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#2

30.01.2018, 10:08

Grundsätzlich muss die Verjährung von der Gegenseite eingewandt werden. Sodass ihr im Prinzip versuchen könntet, die Sache durch einen Verweisungsantrag noch zu retten, wenn euer Mdt. das möchte.

Bei der Zustellung "demnächst" ist schon umstritten, was "demnächst" eigentlich genau heißt. Wir hatten mal einen Fall, da war eine Zustellung nach knapp sechs Wochen noch "demnächst". Bei den Verzögerungen zu unterscheiden:
1. Konnte die Zustellung aus Gründen, die das Gericht zu vertreten hat nicht mehr demnächst erfolgen oder
2. konnte die Zustellung aus Gründen, die der Antragsteller zu verantworten hat nicht mehr demnächst erfolgen oder
3. konnte die Zustellung aus Gründen, für die keiner "etwas kann" nicht mehr demnächst erfolgen.

Bei Punkt 1. und 3. ist der Antragsteller i.d.R. fein raus, weil ihm das nicht zu Lasten gelegt werden kann. In den Fällen die unter Ziff. 2. fallen (wie z.B. der MB-Antrag beim falschen Gericht) sieht das dann anders aus. Da die Zustellung (durch den Fehler des Antragstellers) nicht mehr demnächst erfolgen kann, tritt auch die Wirkung (Hemmung) nicht mir Antragstellung ein. Aber wie gesagt: Verjährung muss von der GS eingewandt werden.
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#3

31.01.2018, 14:06

Tolle Antwort, Mücki. :knutsch

Eine Frage bleibt jedoch offen:
TinaR hat geschrieben: Anfang Januar ein Brief des AG Coburg, dass dieses nicht zuständig ist, nachdem die gegnerische Firma ihren Sitz in Luxemburg hat und daher -logischerweise- ein anderes Gericht zuständig wäre
Richtet sich die Zuständigkeit eines Mahngerichts nicht nach dem Wohn-/Geschäftssitz des Antragstellers? :kopfkratz
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#4

31.01.2018, 22:18

Wäre auch meine Frage, sitzt eure Mandantin nicht in Bayern?

Ah, 703d ZPO
https://www.haufe.de/recht/deutsches-an ... 04038.html
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#5

01.02.2018, 10:53

Klar, Zuständigkeit nach Sitz Antragssteller

Nachdem der Antragsgegner jedoch im Ausland ist, kann das deutsche Mahnverfahren bei einem deutschen Mahngericht nur dort betrieben werden, wenn es einen innerdeutschen Gerichtsstand im Klageverfahren gibt. Und je nachdem wo der ist, also welches Gericht für eine Klage zuständig wäre, danach richtet sich das dann zustände Mahngericht.

Nur mal so als Kurzfassung :-)
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#6

02.02.2018, 09:22

:thx
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TinaR

#7

07.02.2018, 09:40

Ja genau, unsere Mandantin sitzt in Bayern, aber die Gegenseite hat keinen innerdeutschen Gerichtsstand. Nach ausgiebiger Recherche haben wir herausgefunden, dass der Antragsgegner eine eingetragene Niederlassung in München hat. Wir haben daher eine Verweisung vom AG Coburg zum AG München beantragt und sehen jetzt mal, was vom AG Coburg kommt (Regelungen gemäß Art. 63, 4 EuGVVO).

Danke euch allen für die Antworten :)
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