Wert der Rechtswahl

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Greenhill
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#1

03.07.2014, 11:11

Hallo zusammen! Kurze Frage zum Wert der Rechtswahl:


Hier ein Auszug aus der güterrechtlichen Vereinbarung im Kaufvertrag:

"[...]
Aus diesem Grund vereinbaren wir hiermit, dass für die güterrechtlichen Wirkungen unserer Ehe hinsichtlich des unbeweglichen Vermögens das Recht des Lageortes gelten soll.

Der Wert dieser Vereinbarung wird mit ca. 10.000,00 € (in Worten: zehntausend EURO) angegeben."



Setze ich hier nun gemäß § 104 I GNotKG als Wert 30 % von 10.000,00 € an?


Liebe Grüße

Greenhill
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#2

07.07.2014, 20:16

Ich hätte nicht gedacht, dass diese Frage anscheinend doch etwas schwerer zu beantworten zu sein scheint...


@Martin Filzek: Warum du dich bei der Beantwortung vermutlich zurückhälst, habe ich nun gerade herausgefunden: :wink:
Zitat MF aus Thread "beschränkt persönliche Dienstbarkeit (Leitungsrecht)" vom 16.05.2014:

Wer sagt das (ich meine den letzten, von mir persönlich gehassten Satz "Der Wert der Urkunde beträgt .... Euro", vgl. zur teilweisen Wertlosigkeit solcher Angaben Filzek, KostO, Vor § 18 KostO, Rn. 17 ff. )? Ist dieser Satz so in der Urkunde als Angabe der - möglicherweise interessegeleiteten (niedrige Urkundenwert-Angabe wird bestimmt auch zu niedrigen Gebühren führen, könnte der Entwurf-Schreiber denken) Beteiligten / des Mandanten als dessen Erklärung enthalten? Dann wäre zu fragen, woher wusste der Mandant denn, was beim Notar der Wert einer Urkunde ist, und kannte er das maßgebliche Gesetz GNotKG mit den einschlägigen Kostenbestimmungen. [...]


Die oben aufgeführte Formulierung verwendet mein Chef bei Urkunden mit Rechtswahl immer. Deshalb bin ich verunsichert, ob nun die vollen 10.000,00 € anzusetzen sind, da dies schließlich "der Wert der Urkunde ist", oder doch eher nur 30 % hieraus.

Vielleicht hat ja hier doch noch jemand eine Vermutung oder eine Tendenz in eine der beiden Richtungen, sodass ich einen neuen Ansatzpunkt zur Lösungsfindung bekomme... :roll:

Liebe Grüße

Greenhill
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#3

08.07.2014, 19:47

Greenhill hat geschrieben: Die oben aufgeführte Formulierung verwendet mein Chef bei Urkunden mit Rechtswahl immer. Deshalb bin ich verunsichert, ob nun die vollen 10.000,00 € anzusetzen sind, da dies schließlich "der Wert der Urkunde ist", oder doch eher nur 30 % hieraus.
Dann sollte der Notar doch auch wissen und Auskunft geben können, was er da für Angaben bei den Beteiligten abfragt. Vermuten würde ich, dass der Wert des betroffenen unbeweglichen Vermögens abgefragt wurde. Die Parteien als Laien geben ja nicht von sich aus nach dem GNotKG eigenständig ermittelte Werte bekannt, so dass das als Annahme nur in Betracht kommt, wenn der Notar schon entsprechend fragt bzw. herunterrechnet und bereits den kostenrechtlich maßgeblichen anteiligen Wert in die Urkunde schreibt.

Zudem steht die Regelung ja ohnehin in einem Kaufvertrag, so dass sich konkrete Anhaltspunkte aus dem Kaufpreis ergeben dürften. Was wurde denn gekauft, für 10.000 kriegt man ja wohl nur eine bessere Garage...
Greenhill
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#4

10.07.2014, 09:54

Hallo Notariatsmann,

zunächst einmal danke für deine Rückmeldung! :smile:

Es handelt sich um einen Hausgrundstückskaufvertrag. Kaufpreis: 150.000,00 €. Mein Chef sagt, er hätte das gemeinschaftliche Vermögen erfragt.

Im Streifzug, 10. Auflage, Rd.-Nr. 509 ff. steht folgendes:
Bei einer sog. gegenständlich beschränkten Rechtswahl, wie häufig in Kaufverträgen vereinbart, ist Bezugswert gem. § 100 Abs. 2 der Wert des entsprechenden Grundbesitzes, höchstens jedoch das modifizierte Reinvermögen, gem. § 100 Abs. 1.
Dann folgt eine Beispielrechnung:
Kaufvertrag mit Rechtswahl: Kaufpreis 220.000,00 €, modifiziertes Reinvermögen: 100.000,00 €. Wert der Rechtswahl laut Streifzug: 30 % von 100.000,00 €.
Aufgrund dieses Beispiels im Streifzug frage ich mich, ob ich nicht auch lediglich 30 % ansetzen darf.
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#5

10.07.2014, 22:33

Ich würde mindestens 30 % von € 75.000 = € 22.500 ansetzen. Geht man davon aus, dass die abgefragte Angabe von € 10.000 bedeuten soll, dass das als Eigenkapital bzw. anderweitiges Vermögen vorhanden ist, könnte es den € 75.000 aus meiner Sicht noch hälftig hinzugerechnet werden.
Greenhill
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#6

11.07.2014, 17:03

Wieso würdest du 30 % von 75.000,00 € nehmen und nicht von den 150.000,00 €?

Aber im Streifzug steht doch, dass man den Grundstückswert, höchstens jedoch das Reinvermögen ansetzen darf. Da in meinem Fall das Reinvermögen geringer ist, müsste ich doch von den 10.000,00 € ausgehen, oder? Bei den 10.000,00 € handelt es sich um das vollständige Vermögen der Käufer. Sie besitzen noch keinen anderweitigen Grundbesitz.


Gibt es noch andere Meinungen von versierten GNotKG-Verstehern hier im Forum? 8)
Zuletzt geändert von Greenhill am 14.07.2014, 11:56, insgesamt 1-mal geändert.
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#7

11.07.2014, 19:44

Die € 150.000 können nicht als voller Bezugswert nach § 100 II genommen werden, weil dieser Wert auf denjenigen nach § 100 I (modifiziertes Reinvermögen) als Höchsbetrag begrenzt ist.

Ich gehe davon aus, dass zum Vermögen der Eheleute der Anspruch auf Eigentumsübertragung an dem Grundstück gehört, der einen Wert von € 150.000 hat. Dazu kommen jetzt offenbar € 10.000 Eigenkapital, Summe also € 160.000, minus halber Verbindlichkeitenabzug = € 80.000 als Bezugsgröße für die 30 % aus meiner Sicht.
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#8

14.07.2014, 17:36

Ach du meine Güte. Das entwickelt sich ja in eine ganz andere Richtung als die Berechnung, die ich angefertigt hätte! :shock:

Ich habe ja schließlich zu 30 % von den 10.000,00 € tendiert. Dass ich nun anscheinend 30 % von sogar 80.000,00 € ansetzen darf, ist ja nun eine gravierende gebührenmäßige Verbesserung gegenüber meinen läppischen 3.000,00 € für die Rechtswahl!

Auf deine Rechnung wäre ich selbst nie im Leben gekommen. Du rechnest das Hausgrundstück, das ja nun jetzt erst übertragen wird, bereits zu dem gemeinschaftlichen Vermögen der Käufer (abzgl. der Verbindlichkeiten) hinzu. Du begründest die Hinzurechnung mit dem "Anspruch auf Eigentumsübertragung". Habe ich das so richtig verstanden?


Mich würde ja nun doch mal brennend interessieren, was die Spezialisten Revisor, Jupp, Thomas Diehn, (Martin Filzek vielleicht doch?) und weitere, die sich angesprochen fühlen, dazu sagen. Ist es korrekt, dass man den Grundbesitz, den die Käufer gerade erst erwerben, zu dem gemeinschaftlichen Vermögen der Käufer addiert und man von diesem Betrag ausgehend 30 % für den Wert der Rechtswahl ansetzt??

@Notariatsmann: Vielen Dank schon einmal für deine Sicht der Dinge und deine Mühe. Du hast mich auf einen ganz neuen "Wertepfad" geführt. :wink: Ganz herzlichen Dank für deine Meinung zu meinem Problem! :thx


Liebe Grüße

Greenhill
Jupp03/11

#9

14.07.2014, 17:45

Streifzug Rn 510 und 511
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#10

15.07.2014, 10:14

Das Beispiel im Streifzug finde ich nicht sehr gelungen, da nicht dargestellt wird, wie das mod. Reinvermögen berechnet wurde.

Dass Vermögenswerte eine Rolle spielen, auch wenn sie noch nicht im Eigentum des Erwerbers stehen, ergibt sich im übrigen auch unmittelbar aus § 100 III GNotKG, wonach sogar künftige Vermögenswerte (also solche, deren Erwerb erst erwartet wird) hinzuzurechnen sind, in derartigen Fällen allerdings nur mit 30 %.
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