Übergabevertrag -----> Geschäftswertberechnung

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POSA
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#1

18.06.2017, 17:32

Ich muss einen Übergabevertrag abrechnen, der grob dargestellt folgendes vorsieht:

Eltern (beide über 70 Jahre) sind Eigentümer der unbelasteten Grundbesitzung (Wert: EUR 240.000,00), diese wird an den Sohn übertragen.
Zugunsten der Eltern wird ein Wohnrecht eingetragen (Jahreswert: EUR 6.000,00)
Zugunsten der am Vertrag beteiligten Schwester wird ein Mitbenutzungsrecht an zwei Räumen sowie ein Vorkaufsrecht vereinbart, Vorkaufsrecht wird grundbuchlich gesichert
Der Sohn verpflichtet sich, ohne Zustimmung die Grundbesitzung nicht zu veräußern oder zu belasten.
Der Bruder zahlt ratenweise an seine Schwester einen Ausgleichsbetrag in Höhe von EUR 80.000,00, dieser Anspruch wird durch eine Sicherungshypothek abgesichert.
Pflichtteilsverzicht des Sohnes
gegenständlicher beschränkter Pflichtteilsverzicht der Tochter.

Ich bin mir bei der Geschäftswertberechnung nicht so ganz sicher. Ich würde wie folgt abrechnen:
Wert Grundbesitzung: EUR 240.000,00 gegenüberstellen mit Wert Wohnrecht gem. § 52 Abs. 4 EUR 30.000,00
Wert Vorkaufsrecht gem. 51 EUR 120.000,00
Wert Verfügungsverbot gem. § 50 EUR 24.000,00
evt. Wert Mitbenutzung der 2 Räume



Jetzt zu meinen Problemen:
Wie ist das Mitbenutzungsrecht zu bewerten?
Der Ausgleichsbetrag und der Pflichtteilsverzicht der Tochter sind gem. § 97 Abs. 3 zu bewerten,
daher ist der Ausgleichsbetrag von EUR 80.000,00 dem Pflichtteilsverzicht (1/8 von EUR 240.000,00) EUR 30.000,00 gegenüberzustellen, der höhere Wert ist maßgeblich, also EUR 80.000,00. Dieser Betrag ist gesondert anzusetzen????
Da der Wert der Grundbesitzung höher liegt als der Wert der übernommen Gegenleistungen, liegt der Geschäftswert bei EUR 240.00,00????
Martin Filzek
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#2

19.06.2017, 10:30

Die bisherigen Überlegungen zur Lösung übersehen auf jeden Fall (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)
- dass die Ausgleichszahlung von 80.000 Euro vom Sohn an die Tochter bzw. seine Schwester mit zu den Gegenleistungen i.S.v. § 97 III im Rahmen des Übergabevertrags des Sohns mit den Eltern zählt,
- dass ein Pflichtteilsverzicht weichender Erben, wie hier der Tochter, als gegenstandsverschieden zum Übergabevertrag zu werten ist, so dass es zwar richtig ist, für den Pflichtteilsverzicht einen Wertvergleich zwischen den 80.000 Euro Abfindungsbetrag (und wahrscheinlich doch auch der nicht als Bargeldwert erhaltenen Leistungen wie Vorkaufsrecht, dessen Wert evtl. nach billigem Ermessen geringer als mit 50 % anzusetzen ist - siehe § 51 III -, und Wert des Mitbenutzungsrechts usw.) gegenüber dem Pflichtteil zu machen, aber was immer dann dabei rauskommt ist nach §§ 35, 86 dann als gegenstandsverschieden hinzu zu rechnen zum Wert des Übergabevertrags zwischen Eltern und Sohn.

Der Gesamtbeurkundungsverfahrenswert kann deshalb nicht nur 240.000 Euro (bzw. höherer Wert der Austauschleistungen, zu denen m. E. auch die an Dritte zu gebenden Leistungen des Sohns zählen)sein, sondern müsste wesentlich höher liegen.
Bestimmte Beträge, wie z. B. die 80.000 Euro Abfrindungszahlung (und die weiteren an die Schwester erbrachten Leistungen wohl auch) fließen im Endergebnis dann "doppelt" in den Gesamtgeschäftswert ein, einmal als Teil der Gegenleistungen im Verhältnis Übergabevertrag Eltern / Sohn, einmal beim Wert des Pflichtteilverzichts als höherer Wert der für den Verzicht erhaltenen Gegenleistungen.

Siehe auch Notarkasse München, Streifzug durch das GNotKG, 12. Aufl. 2017, Rn. 2955 ff., 3041 ff.

Empfehle auch mein dreitägiges Intensivseminar zur Notarkostenberechnung, 16. bis 18.11.2017, in 25774 Lehe (Dithmarschen), oder eines der Halbtagsseminare "Die optimale Notarkostenberechnung" am 24.10. in Frankfurt a. M., 26.10. in Karlsruhe, 30.10. in Hannover, 10.11. in Berlin, 13.11. in Hamburg, 22.11.2017 in Essen und 24.11. in Bremen.
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
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