Mehrere Erklärungen in einer Urkunde

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knappenpower
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#1

02.09.2014, 10:12

Hallo,

eigentlich bin ich eher der "stille Leser" und habe bislang auch immer eine Antwort auf meine Fragen gefunden. Nur jetzt nicht --- oder ich habe es überlesen, dann bitte ich um Entschuldigung.

Ich habe ein Problem mit der kostenmäßigen Behandlung mehrerer Erklärungen in einer Urkunde und hoffe, dass ich jetzt keine dumme Frage stelle.

Folgender Fall steht zur Beurkundung an:

Eltern + Sohn bewohnen ein 3-Familienhaus.
WEG ist begründet (3 Eigentumswohnungen).
Die Eltern bewohnen das 1. OG (mit 1 Garage) und der Sohn bewohnt EG + DG.
Es sind Sondernutzungsrechte an Garten (ETW EG + OG) + Stellplatz (ETW OG) gebildet.
Es bestehen Kellerräume sowohl als Sondereigentum als auch als Gemeinschaftseigentum
Alle 3 Grundbücher sind mit einer Grundschuld belastet, und zwar haben sowohl die Eltern (OG) als auch der Sohn (EG + DG) jeweils eine Grundschuld für die gleiche Bank eingetragen.
In Abt. II ist jeweils für die andere Partei ein Vorkaufsrecht eingetragen.

Die Eltern ziehen in das Erdgeschoss und der Sohn in das 1. OG. Das DG bleibt beim Sohn.

Ich habe jetzt einen Tauschvertrag vorbereitet, der folgendes beinhaltet:

1. Sohn überträgt die EG-Wohnung auf die Eltern – Sondernutzungsrecht am Stellplatz wird nicht mitübertragen
2. Eltern übertragen die OG-Wohnung an den Sohn – Sondereigentum an der Garage wird nicht mitübertragen
3. Sohn überträgt aus seinem Sondereigentum einen Kellerraum an die Eltern
4. Auflassung zu 1. bis 3.

5. Überführung eines Kellerraums im Kellergeschoss von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum ohne gleichzeitige Änderung des Miteigentumsanteils
6. Aufhebung Sondernutzungsrecht an den beiden Gartenflächen (Garten ist jetzt Gemeinschaftseigentum)

7. Die Wohnungen im OG + DG werden zu einem Wohnungseigentumsrecht vereinigt.

8. Beauftragung zur Einholung der Zustimmungserklärung der Gläubigerin Abt. III

Der Wert der Wohnungen EG sowie OG + DG wurde jeweils mit 50.000,00 € angegeben.


Ist an den zu beurkundenden Erklärungen jetzt irgendetwas dabei, was nicht unter die Beurkundungsgebühr 2,0 nach Nr. 21100 KV nach Wert 100.000,00 € fällt?
Muss ich irgendetwas gesondert berechnen? Die Vereinigung OG + DG vll.?

Ich bin total verunsichert. Die Umstellung von KostO auf GNotKG ist mir eh nach 30 Jahren KostO immens schwer gefallen bzw. fällt mir immer noch schwer.

Punkt 8 (Zustimmung Gläubiger) löst zusätzlich die Vollzugsgebühr aus, das ist mir klar – hoffe ich zumindest, dass es so ist.
Betreuungsgebühr entfällt in diesem Fall – denke ich – hoffe ich :oops:

Zu Hülf :(
Katzenbaer
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#2

02.09.2014, 15:00

Hallo,

da hast Du aber einen schönen Fall :D

Zunächst kann ich Dir nur beipflichten: Von dem "Durch das GNotKG wird alles einfacher" merke ich auch nichts :cry:

Also: Du kommst auf einen Wert von 100.000,00 €. Bei Tauschverträgen ist es jedoch so, dass der Wert der vertauschten Sachen zu vergleichen ist, gem. § 97 Abs. 3 ist der höhere Wert maßgebend. Die Bewertung der vertauschten Gegenstände richtet sich nach §§ 46 ff. Das Schuldenabzugsverbot des § 38 ist zu beachten. Da beide Wohnungen ca. 50.000,00 € Wert sind, dürfte für den Austausch der Wohnungen lediglich ein Wert von 50.000,00 € angenommen werden.

Unter 1. schreibst Du, dass das SNR nicht mitübertragen wird. Was geschieht denn damit? Wird es aufgehoben?
Der mitübetragene Kellerraum (3.) dürfte noch hinzuzurechnen sein. Wert vielleicht 3.000/5.000 €?

Für die zusammenzulegenden Wohnungen dürfte § 36 Abs. 1 einschlägig sein. Danach ist der Wert nach billigem Ermessen zu bestimmen. Angebracht sind ca. 20%/30% vom Wert der betroffenen Wohnungen. Gebühr hierfür beträgt 0,5 (Nr. 21201 Nr. 4 KV).

Gläubiger Zustimmung nach 2.2.1.1 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 KV ist m.M.n. richtig. Eine Betreuungsgebühr sehe ich auch nicht.

So, habe ich etwas vergessen? Ich hoffe, ich liege mit meiner Einschätzung richtig. Ist nämlich nicht ganz so einfach, diesen Fall aufzudröseln :D

Nachtrag: Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten!
Martin Filzek
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#3

02.09.2014, 16:12

Gegenstandsverschieden (vgl. §§ 35 I, 86 II) müssten wohl auch die in Nrn. 5 und 6 genannten Punkte (Änderungen Teilungserklärung / Gemeinschaftsordnung) sein; Wert entweder nachträglich erfragen oder ggf. selbst schätzen auf ca. 2 - 3.000 Kellerraum Nr. 5 und je 2 x 2.000 - 3.000 Euro für die beiden Gartenflächen Nr. 6?
Würden wohl auch vertragliche Änderungsgebühr (jetzt KV 21100 2,0 ohne frühere Begrenzung des § 42 KostO auf 10/10) auslösen, so dass auch problemlose Zusammenrechnung mit den übrigen Erklärungen für einheitliche 2,0-Gebühr möglich ohne weitere Vergleichsberechnung § 94 I.

Vorbehaltlich Irrtum - ist ja wirklich kein Alltagsfall und natürlich kann auch ich noch etwas übersehen, oder die gut formulierte Frage mit den einzelnen Teilen kann vielleicht auch schon etwas Gebührenrelevantes, was in der Urkunde auch noch enthalten ist, übersehen haben.

Evtl. auch überprüfen, ob die Wertangaben der Beteiligten mit nur je 50.000 Euro je Wohnung auch realistisch sind, oder nur "Wunschwertvorstellungen" wiedergeben, maßgeblich dann Verkehrswerte § 46.
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
knappenpower
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#4

03.09.2014, 11:03

Vielen Dank für die Antworten.

Das ich übersehen habe, dass ich den Wert nur 1 X ansetzen kann, schockt mich gerade :shock:
Da bohre ich dann lieber nochmal nach, ob der Wert tatsächlich so niedrig ist und schau in die alte Teilungserklärung, was damals für Werte angegeben wurden oder nerve den Gutachterausschuss. Ganz so billig will ich die viele Arbeit ja nicht machen :mrgreen:

Anderseits beruhigt es mich, dass ich doch mehr als "nur" 2,0 bekomme *g*

:thx
Katzenbaer hat geschrieben:Unter 1. schreibst Du, dass das SNR nicht mitübertragen wird. Was geschieht denn damit? Wird es aufgehoben?
Teilweise verbleiben die Sondernutzungsrechte (Keller + 1 Stellplatz) bei den alten Eigentümern, werden also nicht mitgetauscht. D.h., der Sohn behält den Stellplatz und die Eltern die Garage.
Ein heilloses Durcheinander also :roll:
Sanne

#5

03.09.2014, 12:55

knappenpower hat geschrieben:Vielen Dank für die Antworten.

Das ich übersehen habe, dass ich den Wert nur 1 X ansetzen kann, schockt mich gerade :shock:
Da bohre ich dann lieber nochmal nach, ob der Wert tatsächlich so niedrig ist und schau in die alte Teilungserklärung, was damals für Werte angegeben wurden oder nerve den Gutachterausschuss. Ganz so billig will ich die viele Arbeit ja nicht machen :mrgreen:

Anderseits beruhigt es mich, dass ich doch mehr als "nur" 2,0 bekomme *g*

:thx
Katzenbaer hat geschrieben:Unter 1. schreibst Du, dass das SNR nicht mitübertragen wird. Was geschieht denn damit? Wird es aufgehoben?
Teilweise verbleiben die Sondernutzungsrechte (Keller + 1 Stellplatz) bei den alten Eigentümern, werden also nicht mitgetauscht. D.h., der Sohn behält den Stellplatz und die Eltern die Garage.
Ein heilloses Durcheinander also :roll:
Die Sondernutzungsrechte sind doch jeweils im Grundbuch des Wohnungseigentums verzeichnet. Müsste da nicht die Teilungserklärung auch in dieser Hinsicht geändert werden? :kopfkratz Oder sind Garage und Stellplatz in Teileigentumsgrundbüchern verzeichnet?

Wie sind die Beträge übernommenenen Grundpfandrechte? Vielleicht ergibt sich hier ein weiterer Anhaltspunkt für den Wert?
Katzenbaer
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#6

03.09.2014, 13:13

"Sohn überträgt die EG-Wohnung auf die Eltern – Sondernutzungsrecht am Stellplatz wird nicht mitübertragen"

Ich verstehe dies so, dass das SNR an der Wohnung abgetrennt und der Wohnung, die dem Sohn übertragen wird, nunmehr angefügt wird. Nur so kann er das SNR "behalten". Hierfür sind die formlose Vereinbarung zwischen betroffenem und begünstigtem Wohnungseigentümer, die Zustimmung dinglich Berechtigter am abgebenden Wohnungseigentum und die Eintragung in die Blätter der beteiligten Wohnungsgrundbücher erforderlich. Entbehrlich ist die Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer und der dinglich Berechtigten an deren Einheiten (BGH NJW 1979, 548; BayObLG DNotZ 1999, 672).

VG
Katzenbaer
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#7

04.09.2014, 09:28

@ Sanne
Entschuldige bitte, dass ich nicht sofort geantwortet habe. Aber ich bin nur bis 12.00 Uhr im Büro und in den 4 Stunden tobt in der Regel der Bär. Deine Antwort habe ich komplett übersehen, obwohl ich extra die E-Mail-Benachrichtigung bei neuen Antworten eingestellt habe (aber dazu muss man auch die Mails abfragen :oops: )

Ja, es ist so, wie Katzenbaer geschrieben hat. Den Tipp hatte ich von einem befreundeten Rechtspfleger bekommen. GsD, sonst wäre das alles noch viel komplizierter geworden als es eh schon ist.

Bezüglich der Werte warte ich noch auf einen Rückruf der Bank. Es findet wohl eine Umfinanzierung statt und da hat die Bank ja mit Sicherheit die Wohnungen geschätzt. Gut für mich :mrgreen:


Edit: Ich hab mal in die alte Teilungserklärung (2005) geschaut. Schon damals wurde der Gesamtwert mit 270.000,00 € angegeben. Ich bin wohl zu vertrauensseelig *seufz*
Sanne

#8

04.09.2014, 16:17

Wieder was gelernt! :thx
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