GS-Übernahme im Übertragungsvertrag mit Scheidungsfolgenve.

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Greenhill
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#1

23.08.2016, 19:24

Guten Abend, alle zusammen!

Wir haben hier einen Übertragungsvertrag mit Scheidungsfolgenvereinbarung. Der Mann überträgt auf seine geschiedene Ehefrau seinen 1/2 Grundbesitzanteil. Im Gegenzug übernimmt die Ehefrau die Grundschuld mit den Darlehensverbindlichkeiten.

Es ist doch korrekt, dass bei der Wertberechnung die GS-Übernahme nicht bewertet wird, oder?

Hierzu habe ich folgenden Satz im Streifzug, 10. Auflage, Rd.-Nr. 499, gefunden:

Erfolgt im Rahmen einer Vermögensübertragung eine Schuld- und/oder Erfüllungsübernahme, ist diese Teil des Übertragungsvertrages, da Austauschleistung.

Gruß Greenhill
Martin Filzek
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#2

24.08.2016, 09:52

Der Satz aus Streifzug besagt, dass die Grundschuldübernahme als Gegenleistung für die Übertragung gegenstandsgleich zu dem Übertragungsvertrag ist.

Damit ist aber nicht gesagt, dass die Grundschuld in jedem Fall unbewertet bleibt. Der halbe Betrag der Darlehensvaluta (vorher gesamtschuldnerische Haftung vorausgesetzt) wird nach § 97 III dem Verkehrswert § 46 des übertrageben Grundstücks gegenübergestellt und der höhere Austauschwert ist dann der Beurkundungsverfahrenswert. Dies kann entwewder die halbe Darlehensvaluta (plus evtl. weitere Gegenleistungen, z. B. Unterhaltsverzicht o. Ä.) oder der Verkehrswert des Übertragungsgegenstands sein.

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Greenhill
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#3

24.08.2016, 11:46

Hallo Martin,

unser Übertragungsvertrag mit Scheidungsfolgenvereinbarung hat folgende Werte:

1.) Wert des übertragenen Grundbesitzanteils: 36.500,00 €
2.) alleinige Übernahme der Darlehen: 33.000,00 €
(Valutierungsbetrag: 66.000,00 € : 2)
3.) Scheidungsunterhaltsverzicht: 21.840,00 €
(fiktiver Unterhaltsbetrag: 364,00 € x 12 Monate x 5 Jahre)
4.) Erklärungen zum Hausrat
(ohne eigenen Wert, da nur deklaratorisch)


Meine Berechnung sieht nun wie folgt aus:

1.) Wert des übertragenen Grundbesitzanteils: 36.500,00 €
2.) Scheidungsunterhaltsverzicht: 65.520,00 € (gem. § 52 I, III, IV)
(fiktiver Unterhaltsbetrag: 364,00 € x 12 Monate x 15 Jahre(<-- korrekt?) [Mann: 36 Jahre alt, Frau: 29 Jahre alt]
3.) Erklärungen zum Hausrat:
(ohne eigenen Wert, da nur deklaratorisch)


Ist die Abrechnung so in Ordnung?


Ich habe hier keine Bewertung der GS-Übernahme vorgenommen, da im Faßbender (siehe nachstehender Text) steht, dass die Regelungen bzgl. der Verbindlichkeiten der Grundstücksübertragung (hier: Geringfügigere Gegenleistung der GS-Übernahme zum Grundbesitzanteil) zuzuordnen sind.


Faßbender, 18. Auflage, Rd.-Nr. 851:

Sind die Verbindlichkeiten durch Grundpfandrechte auf dem gemeinsamen Grundbesitz der Ehegatten gesichert und soll der Grundbesitz im Rahmen der Scheidungsfolgenvereinbarung auf einen der Ehegatten übertragen werden, so werden die Regelungen über die Zuordnung dieser Verbindlichkeiten in den Abschnitt über die Grundstücksübertragung aufgenommen.



Diehn / Volpert, Rd.-Nr. 1793:

XI: Freistellung von gemeinsamen Verbindlichkeiten / Schuldübernahme:

Es erfolgt keine gesonderte Bewertung einer Schuldübernahme in einer Scheidungsfolgenvereinbarung, wenn die Übernahme von Verbindlichkeiten Folge einer vollständigen Vermögensauseinandersetzung (Zugewinnausgleich/Gütertrennung) ist, die Freistellung somit der Beendigung des Güterstandes dient. Die Vermögensauseinandersetzung aufgrund ehevertraglicher Vereinbarungen ist aber gesondert zu bewerten, § 111 Nr. 2. Wird einer der Ehegatten von gesamtschuldnerischen Verpflichtungen der Ehegatten durch Schuldübernahme des anderen Ehegatten freigestellt, ist Geschäftswert die Hälfte des tatsächlichen Schuldbetrags, wenn beide Ehegatten im Innenverhältnis zu gleichen Anteilen verpflichtet sind.



Gruß
Greenhill
Martin Filzek
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#4

24.08.2016, 14:20

W'as heißt "fiktiver" Unterhaltsbetrag, der erst mit 5, dann mit 15 Jahresbeträgen angesetzt ist?

Wenn im Moment keine Unterhaltsforderungen bestehen, könnte die Wahrscheinlichkeit gut sein, dass dies auch in den nächsten Jahren so sein wird, und evtl. wäre nur ein Schätzwert des "fiktiven" Höchstbetrages nach der Wahrscheinlickeit, dass Ansprüche entstehen würden, angemessener?

Kann man alles aber nur anhand des genauen Wortlauts der Urkunde und der Einzelfallumstände sagen, und nicht aufgrund auszugsweise gemeinter Inhalts- und Wertangaben.

Beim Hausrat wäre je nach Formulierung auch ein Wert nach dem Feststellungsinteresse, vielleicht 500 - 3.000 Euro, vertretbar, anstelle gänzlicher Nichtbewertung als deklaratorische Erklärung. Wird aber selten einen wesentlichen Gebührenunterschied bewirken.
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#5

24.08.2016, 18:11

Mein Chef hat in der Urkunde einen fiktiven Unterhaltsbetrag errechnet und den Faktor 5 gewählt. Ich vermute, wegen der zu KostO-Zeiten geltenden Regelung bei Verwandtschaftsverhältnissen.

Im Kersten / Bühling (bin gerade zuhause und habe das Buch nicht vorliegen. Rd.-Nr. könnte nachgereicht werden.) steht, dass man den Unterhaltsverzicht nach § 52 I, III, IV GNotKG berechnet, sprich nach Absatz III der 10-fache Jahreswert zu wählen ist, wenn nicht Absatz IV in Betracht kommt. Nach Absatz IV ergäbe sich aufgrund des Alters der Parteien der Faktor 15. Ist dies falsch?

Es bestehen weder momentan, noch zukünftig Unterhaltsforderungen. Somit ist eventuell der angesetzte Betrag zu hoch. Soll ich eher auf den pauschalierten Wert in Höhe von 5.000,00 € nach § 36 III übergehen?
Martin Filzek
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#6

24.08.2016, 23:24

Greenhill hat geschrieben:Mein Chef hat in der Urkunde einen fiktiven Unterhaltsbetrag errechnet und den Faktor 5 gewählt. Ich vermute, wegen der zu KostO-Zeiten geltenden Regelung bei Verwandtschaftsverhältnissen.

Wie in früheren Beiträgen zum Punkt "Wertangaben der Beteiligten und Wertangaben allgemein in Urkunden" bin ich der in KostO, 4. Aufl. 2009, Vor § 18 KostO Rn. 18 ff. näher dargelegten Auffassung, dass sowohl Wertangaben von Beteiligten als auch allemeine Wertangaben in Urkunden nicht überzubewerten sind und oft durch zutreffendere Werte zu ersetzen sind.

Im Kersten / Bühling (bin gerade zuhause und habe das Buch nicht vorliegen. Rd.-Nr. könnte nachgereicht werden.) steht, dass man den Unterhaltsverzicht nach § 52 I, III, IV GNotKG berechnet, sprich nach Absatz III der 10-fache Jahreswert zu wählen ist, wenn nicht Absatz IV in Betracht kommt. Nach Absatz IV ergäbe sich aufgrund des Alters der Parteien der Faktor 15. Ist dies falsch?

Es ist ja kein einer Person auf Lebenszeit eingeräumtes Recht, sondern nur ein bedingtes, das davon abhängi, ob Unterhaltsansprüche nach Gesetz entstehen, was ja nach neuerem Scheidungsrecht immer weniger der Fall ist als früher, insofern wäre schon die Orientierung am höchstens 10faqchen Wert für unbestimmte Dauer überzeugender als die am 15fachen Wert, der sich nach dem jungen Lebensalter der Verzichtenden ergäbe.

Es bestehen weder momentan, noch zukünftig Unterhaltsforderungen. Somit ist eventuell der angesetzte Betrag zu hoch. Soll ich eher auf den pauschalierten Wert in Höhe von 5.000,00 € nach § 36 III übergehen?
Denke ich auch, dass angesichts der momentan nicht bestehenden Ansprüche und der hohen Wahrscheinlichkeit, dass dies auch weiterhin so bleibt, eine solche Wertschätzung mangels konkreterer Schätzungsmöglichkeiten (ich vermute, der fiktive Unterhaltsbetrag ist so etwas nach Düsseldorfer Tabelle, was ja aber nur dann gilt, wenn Ansprüche bestehen) die zutreffendere Schätzung ist. Hatte aber noch keine Zeit, in Literatur / Kommentaren usw. nach dem Thema nachzuforschen, glaube mich aber zu erinnern, dass man wenn man danach sucht wenig Konkretes findet und Schätzungen vom Auffanghilfswert § 36 III ausgehend sowohl bei Verzicht auf Versorgungsausgleich als auch bei Verzichten auf Unterhalt häufig und unbeanstandet vorkommen. Bin mir mit obigen Antworten aber nur zu 90 % sicher und wäre anderen Usern für andere Meinungen und Nachweise auch dankbar.
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#7

25.08.2016, 20:33

Andere User haben anscheinend keine Antwort parat.

Ganz ganz herzlichen Dank für deine schnelle Hilfe, Martin! Somit konnte ich die Kostennote entsprechend anpassen. Vielen Dank auch für die Erläuterungen zum Unterhaltsverzicht! In deinem Beitrag gab es einige Informationen, die mir neu waren. Nun weiß ich für die nächste Scheidungsfolgenvereinbarungsabrechnung Bescheid.

Ein schönes Wochenende wünscht

Greenhill :wink2
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#8

15.08.2018, 12:14

Hallo zusammen! :wink2

Ich komme zurück auf meinen Beitrag von vor zwei Jahren.

Wir haben hier erneut einen Übertragungsvertrag mit Scheidungsfolgenvereinbarung. Der Mann überträgt auf seine Ehefrau seinen 1/2 Grundbesitzanteil. Im Gegenzug übernimmt die Ehefrau die Grundschuld mit den Darlehensverbindlichkeiten.

Nun sind wir wieder auf den nachstehenden Absatz gestoßen. Meinem Chef und mir ist nicht verständlich, wann denn der rot markierte Satz zum Zuge kommt. Könnte uns dies vielleicht einmal jemand erläutern?

Diehn / Volpert, Rd.-Nr. 1793:

XI: Freistellung von gemeinsamen Verbindlichkeiten / Schuldübernahme:

Es erfolgt keine gesonderte Bewertung einer Schuldübernahme in einer Scheidungsfolgenvereinbarung, wenn die Übernahme von Verbindlichkeiten Folge einer vollständigen Vermögensauseinandersetzung (Zugewinnausgleich/Gütertrennung) ist, die Freistellung somit der Beendigung des Güterstandes dient. Die Vermögensauseinandersetzung aufgrund ehevertraglicher Vereinbarungen ist aber gesondert zu bewerten, § 111 Nr. 2. Wird einer der Ehegatten von gesamtschuldnerischen Verpflichtungen der Ehegatten durch Schuldübernahme des anderen Ehegatten freigestellt, ist Geschäftswert die Hälfte des tatsächlichen Schuldbetrags, wenn beide Ehegatten im Innenverhältnis zu gleichen Anteilen verpflichtet sind.



Liebe Grüße

Greenhill
Martin Filzek
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#9

15.08.2018, 15:02

Siehe oben #1 vorletzte Zeile und #2 erste Zeile. Wenn die Schuldübernahme Gegenleistung zur Übertragung des Grundstücksanteils ist wird sie als Gegenleistung § 97 III bewertet und ist mit dem wahrscheinlich höheren Verkehrswert des Übertragungsobjekts zu vergleichen und nur der höhere Wert geht in die Kostenberechnung ein.

Die Ausführungen in Diehn / Volpert dürften sich auf das dazu in der Überschrift Genannte beziehen.

Aus dem letzten neuen Sachverhalt geht hervor, dass es um eine Scheidungsfolgenvereinbarung mit Übertragung von Grundstücken gegen Gegenleistung geht. Soweit keine ehevertragliche Regelung i.S.v. § 111 Nr. 2 (Gütertrennung wird jetzt noch vereinbart für Rest der Ehe z. B.) enthalten ist, wäre dann nur die Übertragung (gem. § 97 III: Wertvergleich § 46 Grundstücksverkehrswert mit Gegenleistung, halber Darlehensvalutabetrag, davon dann höherer Betrag) zu bewerten plus sonstige Bestandteile der Scheidungsfolgenvereinbarung (Unterhaltsregelungen u. Ä. soweit enthalten, vgl. Hinweise z. B. in Notarkasse München, Streifzug ... 12. Aufl. 2017 oder anderen Anleitungs- und Erläuterungswerken wie Diehn / Volpert u. a.).

Ist ein Ehevertrag zusätzlich enthalten, ist dieser immer zusätzlich zu bewerten, auch neben Grundstücksübertragungen u. Ä. wegen § 111 Nr. 2.

Siehe auch Hinweise zu neuen Notarkosten-Seminaren im 2. Halbjahr in sechs Großstädten, Halbtagsseminare am Nachmittag, z. B. in Essen am 28. Nov. 2018, und 2 1/2-tägiger Intensivkurs Notarkosten vom 18. - 20. Okt. 2018 in 25774 Lehe oben bei Rubrik Fortbildung und Weiterbildung. :wink2
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#10

17.08.2018, 09:24

Hallo Martin! :wink2

Ah okay, nun habe ich es verstanden. Danke dir!

Zu dem zweiten rot markierten Satz hätte ich auch nochmal eine Verständnisfrage: Sind folgende Aussagen korrekt?

1.) Wird in der Scheidungsfolgenvereinbarung (egal ob mit Gütertrennung oder ohne) eine Vermögensübertragung (sprich die Übertragung von Grundstücken) vorgenommen, dann erfolgt keine gesonderte Bewertung der Schuldübernahme.

2.) Ist in der Scheidungsfolgenvereinbarung (mit oder ohne Gütertrennung) keine Vermögensübertragung enthalten, kann eine gesonderte Bewertung der Schuldübernahme stattfinden.

(Streifzug, 12. Auflage, Rd.-Nr. 655 ff.)


LG Greenhill
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