Dienstbarkeit - welcher Geschäftswert?

Für alle Fragen rund um Kosten - neues Recht ab 01.08.2013
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Himmelskoerper

#1

25.07.2017, 15:20

Hallo.

Wir haben einen Grundstückskaufvertrag beurkundet, der von der Verkäuferseite komplett vorgegeben wurde und wir haben ihn noch entsprechend angepasst.

In einem Paragraphen heißt es:


Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass die XYZ berechtigt ist, den im Bebauungsplan XYZ „Wohngebiet XYZ“ festgesetzten privaten Grünstreifen direkt an der XYZ Straße als Wall zu errichten. Sämtliche Kosten für die Errichtung des Walls (Anlegung und erstmalige Bepflanzung) werden von der XYZ getragen. Alle weiteren Kosten, insbesondere Instandhaltungs- und Pflegekosten, werden vom Käufer getragen. Der Käufer trägt zudem die Verkehrssicherungspflicht der Wallanlage.

Die Lage des Walls ergibt sich aus dem diesem Vertrag als Anlage beigefügten Plan. Der Wall ist farblich gekennzeichnet. Auf den Plan wird verwiesen. Der Plan wird den Beteiligten zur Durchsicht vorgelegt, von ihnen genehmigt und zum Bestandteil dieser Verhandlung gemacht.

Der Käufer verpflichtet sich, die Errichtung des Walls auf dem Vertragsobjekt entschädigungsfrei zu dulden. Zur Absicherung des Rechts der Stadt XYZ auf Duldung des Walls durch den jeweiligen Eigentümer des Vertragsobjektes wird mit Erklärung der Auflassung die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit von den Erschienenen bewilligt und beantragt. Die beschränkt persönliche Dienstbarkeit soll im Range vor den in dieser Urkunde bestellten Rechten eingetragen werden.

Der Jahreswert der Grunddienstbarkeit wird im Kosteninteresse mit 100,00 Euro angegeben.



Wie ist die Dienstbarkeit geschäftsmäßig zu bewerten. Die Verkäufer meinten zu uns, dass die anderen Notare dann die 100,00 EUR als Geschäftswerterhöhend angesetzt haben. Ist das richtig?

Hier ist doch 52 GNotKG zu berücksichtigen, oder?? Ich bin völlig überfragt (mal wieder :roll: )
Martin Filzek
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Registriert: 30.05.2008, 16:23
Beruf: Fachbuchautor KostenO/GNotKG), freibeuflicher Dozent, früher Notariatsmitarbeiter bzw. -BV

#2

25.07.2017, 20:21

Himmelskoerper hat geschrieben:Hallo.

Wir haben einen Grundstückskaufvertrag beurkundet, der von der Verkäuferseite komplett vorgegeben wurde und wir haben ihn noch entsprechend angepasst.

In einem Paragraphen heißt es:


Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass die XYZ berechtigt ist, den im Bebauungsplan XYZ „Wohngebiet XYZ“ festgesetzten privaten Grünstreifen direkt an der XYZ Straße als Wall zu errichten. Sämtliche Kosten für die Errichtung des Walls (Anlegung und erstmalige Bepflanzung) werden von der XYZ getragen. Alle weiteren Kosten, insbesondere Instandhaltungs- und Pflegekosten, werden vom Käufer getragen. Der Käufer trägt zudem die Verkehrssicherungspflicht der Wallanlage.

Die Lage des Walls ergibt sich aus dem diesem Vertrag als Anlage beigefügten Plan. Der Wall ist farblich gekennzeichnet. Auf den Plan wird verwiesen. Der Plan wird den Beteiligten zur Durchsicht vorgelegt, von ihnen genehmigt und zum Bestandteil dieser Verhandlung gemacht.

Der Käufer verpflichtet sich, die Errichtung des Walls auf dem Vertragsobjekt entschädigungsfrei zu dulden. Zur Absicherung des Rechts der Stadt XYZ auf Duldung des Walls durch den jeweiligen Eigentümer des Vertragsobjektes wird mit Erklärung der Auflassung die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit von den Erschienenen bewilligt und beantragt. Die beschränkt persönliche Dienstbarkeit soll im Range vor den in dieser Urkunde bestellten Rechten eingetragen werden.

Der Jahreswert der Grunddienstbarkeit wird im Kosteninteresse mit 100,00 Euro angegeben.



Wie ist die Dienstbarkeit geschäftsmäßig zu bewerten. Die Verkäufer meinten zu uns, dass die anderen Notare dann die 100,00 EUR als Geschäftswerterhöhend angesetzt haben. Ist das richtig?

Hier ist doch 52 GNotKG zu berücksichtigen, oder?? Ich bin völlig überfragt (mal wieder :roll: )
Also auf jeden Fall hast du mit der Anwendung von § 52 GNotKG Recht, so dass der "im Kosteninteresse" angegebene Jahreswert mal zwanzig zu nehmen ist und dann 2.000 Euro als Wert heraus käme.

Dass der Verkäufer meint, andere Notare hätten in vergleichbaren Fällen nur den einmaligen Betrag von 100 Euro als geschäftswerterhöhend angesetzt, wird man als Missverständnis oder aber als tatsächlich vielleicht anderswo praktizierte fehlerhafte Berechnung bezeichnen können, die für dich und die Notarin oder den Notar, die jetzt die Kostenberechnung nach den vorgegebenen gesetzlichen für alle Notare (§ 125 Verbot der Gebührenvereinbarung) vorzunehmen haben, als unbeachtlich darstellen können, wobei man zur Beruhigung des Verkäufers auch hinzufügen darf, dass die Frage, ob der hinzuzurechnende Wert nun 100 oder 2.000 Euro beträgt höchstwahrscheinlich keinen Einfluss auf die Gebührenhöhe haben dürfte, da ja die Wertstufen, bei denen sich eine Gebühr erhöht, viel größer bemessen sind und sich durch etwaige fehlerhafte Geschäftswertberechnung bei anderen Notaren in 99,9 % der Fälle ohnehin keine Unterschiede bei den tatsächlichen Gebühren ergeben dürften, so dass also eine Weiterführung dieser Streitfrage obsolet ist.
Zudem würde bei anderen Notaren, soweit sie den zu niedrigen Wert tatsächlich zugrunde gelegt haben, auch eine regelmäßig stattfindende Notarkostenprüfung evtl. zu einer Nachforderung führen (soweit sich, was unwahrscheinlich ist, durch den Unterschied tatsächlich ein höherer Kostenbetrag ergeben sollte, und dieser nicht auch noch so gering wäre, dass die in § 48 Abs. 1 der bundeseinheitlich geltenden Kostenverfügung genannte Grenze von 25 Euro Gebührenunterschied nicht überschritten wird, wegen der dann auf eine Nachforderung verzichtet werden könnte).

Die Wertangabe im Kosteninteresse mit nur 100 Euro jährlich wird hier einmal als richtig unterstellt nach dem oben Geschilderten. Allerdings ist es häufig so, dass große Gesellschaften in vorbereiteten Erklärungen für Stromleitungsrechte u. Ä. oft irrational niedrige Wertangaben für solche Werte "im Kosteninteresse" machen, an welche der Notar soweit sie unwahrscheinlich niedrig sind nicht gebunden wäre und selbst versuchen müsste, annähernd realistische Werte zu ermitteln, andernfalls könnte bei leichtfertiger Übernahme ganz niedriger Werte indirekt § 125 GNotKG tangiert werden.

Ein solcher Fall ist das mit dem Wall hier aber sicher nicht, auch wenn ein vielleicht etwas höherer Wert oder der Hilfswert aus § 36 für nicht genau feststellbare Werte von 5.000 Euro hier ebenfalls angemessen sein könnte.

Nicht ganz geht aus deiner Sachverhaltsschilderung hervor, ob der Berechtigte der Verkäufer ist oder die Stadt, und dann ist in der Bewilligung von einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit die Rede und danach von einer Grunddienstbarkeit. Das alles müsste man etwas genauer zu wissen, um zu entscheiden, ob mit dem bewilligten Recht eine vom Käufer zugunsten des Verkäufers übernommene weitere Leistung neben dem Kaufpreis, die schon nach § 47 S. 2 GNotKG dem Kaufpreis hinzuzurechnen wäre für den Geschäftswert des Kaufvertrags selbst, und zudem wegen der Bestimmung in § 110 Nr. 2 b GNotKG zusätzlich dann noch mal als Bewilligung einer Grunddienstbarkeit (vgl. Kommentarliteratur dazu und z. B. Notarkasse München, Streifzug durch das GNotKG, 12. Auf. 2017, Rn. 2011 ff.) als dazu gegenstandsverschiedene Bewilligung einer Grunddienstbarkeit hinzu zu rechnen wäre (also insgesamt 2 x 2.000 Euro Erhöhung). Auch dies würde höchstwahrscheinlich bei der Gebührenberechnung, die im Fall verschiedener Gebührensätze mit § 94 Abs. 1 passieren müsste, meist zu keiner Änderung bei der Gebühr führen.
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
Himmelskoerper

#3

26.07.2017, 09:09

Hallo und guten morgen!

Erstmal Danke für die schnelle und ausführliche Antwort. Das hilft mir schon mal weiter und ich habe eine Basis worauf ich aufbauen kann.
Also lag ich ja nicht ganz so falsch :pfeif

Ganz lieben Dank :-D
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