Abrechnung Erbvertrag mit Entwurf Genehmigungerklärung

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bipe71
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#1

12.02.2018, 10:45

Moin,

ich kapiere das GNotKG nicht wirklich und habe leider auch keine Kolleginnen mehr, die das wissen und können und mein Chef ist gerade nicht greifbar:
Wir haben einen Erbvertrag beurkundet, in dem u.a. die Eltern der Erschienenen auf ihr Pflichtteil verzichten. Diese haben an der Beurkundung nicht teilgenommen und wir haben die entsprechenden Genehmigungserklärungen entworfen und den Eltern zugesandt. Ich muss die Sache jetzt abrechnen. Ich frage mich nur wie? Die Gebühr für den Erbvertrag ist klar.
Was für eine Gebühr bekommen wir aber für den Entwurf der Genehmigungserklärung oder bekommen wir hier keine?
Aus dem GNotKG und den Streifzug werde ich einfach nicht schlau. Ich meine herausgelesen zu haben, dass ich eine Vollzugsgebühr nach Vormerkung 2.2.1.1. Abs. 1 S. 2 Nr. 5 bekomme. Das wäre dann wohl eine 0,5 Gebühr nach 22110, oder? Aber welchen Wert setze ich an? Den Wert des Erbvertrages oder den Wert pro Genehmigungserklärungen (W: 1000,00 €).

Verzweifelte Grüße
Bipe
Martin Filzek
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#2

12.02.2018, 13:16

bipe71 hat geschrieben:Moin,

ich kapiere das GNotKG nicht wirklich und habe leider auch keine Kolleginnen mehr, die das wissen und können und mein Chef ist gerade nicht greifbar:

Hierzu drei Bemerkungen:
1. Keiner oder nur wenige Spezialisten "kapieren" das GNotKG nun vollständig oder in allen Punkten, es ist ein komplexex Gesetz, das vollständig zu erlernen viel Lesezeit und Übung erfordert für normal begabte Menschen.
2. Wo sind die Kolleginnen geblieben? Eingespart?
3. Chef ist gerade nicht greifbar: Soll das heißen, er wüsste wie es geht? Das wäre möglich, ist aber häufig natürlich auch nicht immer der Fall. Und wohl auch unwahrscheinlich, dass er nennenswert helfen könnte, denn so supereilig dass man nicht auf die Rückkehr des Chefs warten könnte, kann eine solche Kostenberechnung doch ernsthaft nicht sein. In vielen Fällen ist die Kostenberechnung kompliziert und erfordert Ruhe und Zeit oder es müssten erst Nachforschungen nach dem richtigen Wert getroffen werden, z. B. durch Anfrage nach einzelnen Werten bei den Beteiligten § 95 oder Ähnliches.


Wir haben einen Erbvertrag beurkundet, in dem u.a. die Eltern der Erschienenen auf ihr Pflichtteil verzichten. Diese haben an der Beurkundung nicht teilgenommen und wir haben die entsprechenden Genehmigungserklärungen entworfen und den Eltern zugesandt. Ich muss die Sache jetzt abrechnen. Ich frage mich nur wie? Die Gebühr für den Erbvertrag ist klar.
Was für eine Gebühr bekommen wir aber für den Entwurf der Genehmigungserklärung oder bekommen wir hier keine?
Aus dem GNotKG und den Streifzug werde ich einfach nicht schlau. Ich meine herausgelesen zu haben, dass ich eine Vollzugsgebühr nach Vormerkung 2.2.1.1. Abs. 1 S. 2 Nr. 5 bekomme. Das wäre dann wohl eine 0,5 Gebühr nach 22110, oder? Aber welchen Wert setze ich an? Den Wert des Erbvertrages oder den Wert pro Genehmigungserklärungen (W: 1000,00 €).

Verzweifelte Grüße
Bipe
Am 09.02.2018 ist in diesem Forum - leicht zu finden, einige wenige Beiträge unten in genau dieser Abteilung - von Mandy0209 ein Thema "Zustmmung der Gläubiger Änderung Teilungserklärung" eröffnet, wo in meiner Antwort die Fragen, die sich auch bei Euch ergeben, m. E. beantwortet sind. § 112 wäre die Wertvorschrift für die Vollzugsgebühr, die hier nach h. M. entsteht aus dem Gesamtwert §§ 35, 86 des gesamten Beurkundungsverfahrens. Zusätzlich entsteht für die U.-Begl. eine Gebühr KV 25100 aus dem Wert nur des Pflichtteilsverzichts (OLG Hamm Beschluss 16.07.2015 Az. 15 WW 152/15).[ Auch andere Lölsungswege sind in diesem Beitrag genannt./i]
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bipe71
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#3

12.02.2018, 16:07

Danke schön für die schnelle Antwort.

Mein Chef geht am Monatsende in Rente, die Kanzlei wird geschlossen und leider haben meine Notariatskolleginnen bereits das "Weite" gesucht (nach dem Motto, nach mir die Sinnflut). Ich selber komme aus der Advokatur und wurde seit einem knappen halben Jahr im Notariatsbereich "angelernt" (bin zwar gelernte ReNo, aber seit mehr als 23 Jahren habe ich nur Advokatur gemacht). Mit 0815-Sachen habe ich keine Probleme, aber wenn jetzt so Extras kommen, dann weiß ich nicht weiter. Mein Chef ist den ganzen Tag bei Gericht und ich wollte den Vorgang in Ruhe abrechnen.

Wenn ich das jetzt alles so richtig verstanden habe, dann berechne ich eine 0,5 Vollzugsgebühr nach Nr. 22110 KV nach dem Wert des Erbvertrages?

Die Unterschriftsbeglaubigung machen wir hier ja nicht, die Gebühr fällt dann beim Notar vor Ort an, oder?
Martin Filzek
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#4

12.02.2018, 16:56

bipe71 hat geschrieben:Danke schön für die schnelle Antwort.

Mein Chef geht am Monatsende in Rente, die Kanzlei wird geschlossen und leider haben meine Notariatskolleginnen bereits das "Weite" gesucht (nach dem Motto, nach mir die Sinnflut). Ich selber komme aus der Advokatur und wurde seit einem knappen halben Jahr im Notariatsbereich "angelernt" (bin zwar gelernte ReNo, aber seit mehr als 23 Jahren habe ich nur Advokatur gemacht). Mit 0815-Sachen habe ich keine Probleme, aber wenn jetzt so Extras kommen, dann weiß ich nicht weiter. Mein Chef ist den ganzen Tag bei Gericht und ich wollte den Vorgang in Ruhe abrechnen.

Danke für die ausführlichen Erklärungen, die ich so natürlich nicht erwartet habe, ich habe die 3 Bemerkungen nur deshalb gemacht, weil ich neugierig bin und nicht gedacht, dass darauf so ausführlich eingegangen wird, und ich war auch deshalb so indiskret mit den Bemerkungen, weil ich ähnliche Hinweise bei vielen Fragen immer wieder lese. Um weiterhin am Rosenmontag vielleicht unangemessen nachzufragen, sag ich noch "Mein Chef ist den ganzen Tag bei Gericht" bedeutet doch aber, dass er spätestens zur Unterschrift unter der Kostenberechnung mal wieder ins Büro kommt ... Hatte auch schon gesehen, dass du hauptsächlich im Anwaltsbereich arbeitest, und da ist es wirklich bewundernswert, dass du in so kurzer Zeit auch noch im Notariat und Notarkostenrecht so viele Kenntnisse erworben hast ... meist sind heute ja fast alle spezialisiert auf entweder RVG oder GNotKG usw. ...

Wenn ich das jetzt alles so richtig verstanden habe, dann berechne ich eine 0,5 Vollzugsgebühr nach Nr. 22110 KV nach dem Wert des Erbvertrages?

Das wäre nach überwiegender Meinung wohl ganz richtig. Zu beachten ist, dass die Vollzugsgebühr nach § 93 nur ein mal pro Beurkundungsgeschäft entsteht, also nicht separat noch einal berechnet werden könnte, falls sie schon mit 0,5 bereits mal berechnet war mit einer früheren Rechnung z. B. zur Beurkundungsgebühr. Der Wert ist nach § 112 der volle Wert des gesamten Beurkundungsverfahrens, und damit ist es nicht nur der Wert des Erbvertrags, sondern der Gesamtwert von Erbvertrag plus hinzuzurechnende rechtsgeschäftliche Erklärungen, zu denen Erb- und Pflichtteilsverzichte gehören (siehe z. B. Notarkasse München, Streifzug ... 12. Aufl. 2017 Rn. 946 ff.). Das heißt, schon bei der Beurkundungsgebühr KV 21100 hätte man zu dem Wert des Erbvertrags den Wert der Pflichtteilsverzichte nach §§ 35, 86 hinzurechnen müssen bzw. müsste dies noch nachträglich nach berechnen und bei der Vollzugsgebühr, die nach überwiegender Meinung für den Entwurf entsteht, dann wegen § 112 denselben Wert nehmen.
Ob es auch möglich ist - weil dies z. B. für Kostenschuldner im Einzelfall billiger sein könnte - einen Entwurfsauftrag nicht als Vollzugsauftrag auszulegen, sondern als "echten" Entwurfsauftrag anzusehen, ist streitig, siehe dazu die in früherer Äußerung in Bezug genommenen Äußerungen von Schmidt und anderen in der Anm. zur Entscheidung des OLG Nürnberg wie angegeben. Man würde aber im Moment wohl nichts "falsch" machen es nach der überwiegenden Meinung abzurechnen, also mit der Vollzugsgebühr.


Die Unterschriftsbeglaubigung machen wir hier ja nicht, die Gebühr fällt dann beim Notar vor Ort an, oder?


Ja. Und wenn sie doch bei Euch gemacht würde, die U.-Begl., würde diese Gebühr KV 25100 aus Wert nur des Pflichtteilsverzichts bei Euch zusätzlich anfallen.
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#5

13.02.2018, 15:04

:thx :thx
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